August 2016 |
160812 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Stadtwerke Hameln konnten jetzt einen seit 2011 andauernden Streit um die Übernahme des Stromnetzes in den benachbarten Orten Coppenbrügge, Emmerthal, Salzhemmendorf und Aerzen für sich entscheiden. Am 4. August bestätigte das Landgericht Hannover, daß die vier Kommunen ein korrektes Ausschreibungsverfahren durchgeführt haben und die Vergabe diskriminierungsfrei erfolgt ist. Die vier Anträge des bisherigen Netzbetreibers Westfalen Weser Netz GmbH gegen die Konzessionsvergabe an die Stadtwerke Hameln wurden abgewiesen. Das Landgericht folgte damit einem Urteil des Oberlandesgerichts Celle, das im März in einem ähnlichen Fall ebenfalls zugunsten der Kommune entschieden hat.
Der Streit ist insofern bemerkenswert, als er bewußt mit Blick auf jenes Urteil geführt wurde, mit dem der Bundesgerichtshof im Dezember 2013 sehr enge Grenzen für die Konzessionsvergabe durch Kommunen gezogen hat (131208). Auffallend ist außerdem, daß es sich bei den beiden Kontrahenten um Kommunen bzw. um einen hundertprozentig kommunalen Netzbetreiber handelt. Der Streit zeigt so ein weiteres Mal, daß auch die kommunale Energiewirtschaft keine Insel der Seligen ist, sondern Größenunterschiede und Rivalitäten aufweist, die denen im privaten Sektor kaum nachstehen (160321).
Als die vier Kommunen 2011 die Stromnetzkonzessionen neu vergaben, gehörte das Netz noch der E.ON Westfalen Westfalen Weser AG, die eine von sieben Regionaltöchtern der E.ON Energie war (081008) und 2003 aus der Fusion der E.ON-Töchter Wesertal, Pesag und EMR hervorging (030708). Die kommunalen Minderheitsgesellschafter des Regionalversorgers trugen sich aber bereits mit dem Gedanken, die E.ON-Mehrheitsbeteiligung zu übernehmen (120104). Sie beschränkten sich dabei auf die Übernahme des Netzes und der Eigenerzeugung, während E.ON den Vertrieb und andere Vermögenswerte behielt. Im Juni 2013 kam für 360 Millionen Euro ein entsprechender Kaufvertrag zustande (130609).
Die so entstandene Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG war ein hundertprozentig kommunales Unternehmen. Dasselbe galt für ihre Netztochter Westfalen Weser Netz GmbH. Das änderte aber nichts daran, daß nun auch der kommunale Netzbetreiber die Herausgabe der vier Ortsnetze an die Stadtwerke Hameln verweigerte, weil die Konzessionsvergabe angeblich nicht diskriminierungsfrei erfolgt war. Bestärkt fühlte er sich dabei durch die erwähnte restriktive Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (131208), die es Kommunen nur in sehr engen Grenzen ermöglicht, die anstehende Neuvergabe von Konzessionen für Strom- oder Gasnetze zur Rekommunalisierung ihrer Energieversorgung zu nutzen und damit die vom Bundeskartellamt durchgesetzten Grundsätze zur Konzessionsvergabe bestätigt (141215, 160412).
Auf der anderen Seite sahen die vier Gemeinden, die ihre Stromkonzessionen an die Stadtwerke Hameln vergeben hatten, ihre Rechtsposition durch dieses Urteil und die damit abgesegnete Praxis des Bundeskartellamts geschwächt. Vorsichtshalber machten sie deshalb die Vergabeentscheidung rückgängig und wiederholten das Verfahren unter Berücksichtung aller möglichen Fallstricke. Aber auch jetzt wollte die Westfalen Weser Netz GmbH die Entscheidung für die Stadtwerke Hameln nicht akzeptieren. Anfang April beantragte sie die vier einstweiligen Verfügungen gegen die Konzessionsvergabe, die jetzt vom Landgericht Hannover zurückgewiesen wurden.
Die Konzessionsverträge mit den vier Umlandsgemeinden wurden unmittelbar nach Verkündung des Urteils unterzeichnet. Die Stadtwerke Hameln wollen jetzt mit der Westfalen Weser Netz über die Netzübernahme verhandeln. "Ob es zu einer Einigung oder weiteren gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt, bleibt abzuwarten", hieß es in ihrer Pressemitteilung.