Juni 2014 |
140610 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Bundesregierung will "grundsätzlich" keine neuen Kredithilfen für die Errichtung von Kernkraftwerken im Ausland mehr gewähren. Die Exporteure von Nukleartechnik und die beteiligten Banken können die sogenannten Hermes-Bürgschaften nur noch in Ausnahmefällen in Anspruch nehmen. Wie das Bundeswirtschaftsministerium am 12. Juni mitteilte, gehören dazu solche "Lieferungen und Leistungen, die die Sicherheit bestehender Nuklearanlagen erhöhen oder der Stillegung, dem Rückbau sowie der Entsorgung von Nuklearanlagen dienen". Zulässig bleiben ferner staatliche Exportkreditgarantien für Forschungsreaktoren oder nuklearmedizinische Anlagen.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) begründete die von ihm angestoßene Entscheidung mit den nicht beherrschbaren Risiken der Kernenergie, die Deutschland veranlaßt hätten, sich von ihr zu verabschieden: "Diese Risiken bestehen im Ausland gleichermaßen. Deshalb ist es folgerichtig, daß wir Kernkraftwerke im Ausland künftig nicht mehr durch Hermesdeckungen fördern."
Bisher sahen – trotz des im Inland beschlossenen Atomausstiegs – alle Bundesregierungen dies anders. Zuletzt hatte die schwarz-gelbe Koalition im März vorigen Jahres im Bundestag zwei Anträge zurückgewiesen, in denen Abgeordnete der SPD sowie Abgeordnete der Linken und der Grünen die Beendigung der Kredithilfen für das brasilianische Kernkraftwerk Angra 3 verlangt hatten (120510). Die Union begründete ihre Ablehnung damit, daß die Hermesbürgschaften kein politisches Lenkungsinstrument seien, sondern in erster Linie der Unterstützung des deutschen Exports zu dienen hätten. Die FDP argumentierte außerdem, daß Deutschland anderen Ländern bei der Nutzung der Kernenergie nicht die eigene Sichtweise "aufzwingen" dürfe.
Im Februar dieses Jahres hatten Abgeordnete der Grünen auch der neuen Bundesregierung aus Union und SPD die Frage gestellt, wie sie es mit dem deutsch-brasilianischen Atomabkommen und der staatlichen Förderung vom Atomexporten halte. In seiner Antwort kündigte das Bundeswirtschaftsministerium eine Überprüfung der Hermeskredite im Nuklearbereich an. Die Forderung nach einer Kündigung des deutsch-brasilianischen Atomabkommens wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, daß es so möglich sei, "einen Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit von kerntechnischen Anlagen in Brasilien zu leisten". Die Bundesregierung habe keinen Anlaß, am ausschließlich friedlichen Charakter des brasilianischen Atomprogramms zu zweifeln. Mit Ausnahme des Irans, dem die Zusammenarbeit im Jahr 2007 gekündigt wurde, gelte dies auch für die zahlreichen anderen Abkommen mit Staaten über die Kooperation bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Die umstrittene Kredithilfe für das erdbebengefährdete brasilianische Kernkraftwerk Angra 3 – die von der jetzigen Regierungspartei SPD kritisiert wurde, als sie noch in der Opposition war – habe sich inzwischen dadurch erledigt, daß der Antragsteller (Areva NP) den Antrag zurückgezogen habe.