September 2013

130909

ENERGIE-CHRONIK


Windreich beantragt Insolvenz in Eigenverwaltung

Deutschlands größter Windpark-Projektierer kann seine finanzielle Schieflage nicht länger verheimlichen oder mit markigem Zweckoptimismus verharmlosen: Am 5. September hat die Windreich GmbH beim Amtsgericht Esslingen ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Ein solches Verfahren, das dem alten Management die unternehmerische Handlungsfreiheit beläßt, kann vom Gericht dann genehmigt werden, wenn das Unternehmen nicht offensichtlich überschuldet und eine Sanierung nicht von vornherein aussichtslos ist.

Windreich gewinnt damit eine Frist von drei Monaten, um sich ohne Einsetzung eines Insolvenzverwalters mit den Gläubigern über eine Sanierungskonzept zu einigen. Kurz nach Beantragung der Insolvenz gab der bisherige Unternehmenschef und Alleineigentümer Willi Balz am 9. September seinen sofortigen Rückzug von der Geschäftsleitung bekannt, um eine solche Einigung zu erleichtern. Neuer Geschäftsführer wurde Werner Heer, der bisher als Berater der Gesellschaft fungierte. Er will in den kommenden Wochen mit dem bisherigen Management einen Insolvenzplan erarbeiten, den er dem vom Gericht bestellten "vorläufigen Sachwalter" zur Prüfung vorgelegt, um anschließend auch Gläubiger und Investoren von der Tragfähigkeit des Sanierungskonzepts zu überzeugen. Wenn ihm das nicht gelingt, wäre ein normales Insolvenzverfahren unausweichlich.

Staatsanwaltschaft hat den Chef des Unternehmens schon seit Monaten im Visier

Offenbar hatte schon Ende August einer der Windreich-Gläubiger die Einleitung eines Insolvenzverfahrens beantragt. Er war aber vom Amtsgericht Esslingen abgewiesen worden, weil Balz glaubhaft machen konnte, daß seine finanziellen Probleme nur vorübergehender Natur seien. Immerhin erhöhte sich dadurch der Druck auf Balz, selber den Gang zum Gericht anzutreten. Schon seit März verdächtigt ihn die Staatsanwaltschaft Stuttgart nicht nur des Kapitalanlagebetrugs, der Marktpreismanipulation und des Kreditbetrugs, sondern auch der Insolvenzverschleppung (130314).

Am 13. September stellte auch die Windkraft Union GmbH (WKU) Insolvenzantrag, die als Projektentwicklungsgesellschaft die wichtigste Windreich-Tochter ist. "Dieser Schritt wurde notwendig, da die WKU signifikante Forderungen gegenüber der Windreich GmbH hält, die gegenwärtig nicht befriedigt werden können", hieß es dazu in einer Pressemitteilung.

Bei Fuhrländer war das reguläre Insolvenzverfahren nicht mehr abzuwenden

Der neue Windreich-Geschäftsführer Heer amtierte zuvor als Vorstandsvorsitzender des Windkraftanlagenherstellers Fuhrländer, der vor einem Jahr Pleite machte und an dem auch Willi Balz mit 17 Prozent beteiligt war (120911). Er hat dort ebenfalls ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung versucht, aber im Februar 2013 die Umwandlung in ein Regelverfahren beantragt. Vom einstigen Pionier der Windkraft in Deutschland ist heute nur noch ein kleines Unternehmen übrig, das die Wartung, Reparatur und Ersatzteilbeschaffung für die bestehenden Fuhrländer-Anlagen besorgt. Diese FWT Trade GmbH hat von den zuletzt noch rund 200 Fuhrländer-Beschäftigten ungefähr ein Viertel übernommen.

Ob Heer nun bei Windreich die Abwendung des regulären Insolvenzverfahrens gelingt, wird entscheidend davon abhängen, ob er einen potenten Käufer für das Offshore-Projekt MEG 1 findet, das in der Nähe des Testfelds "alpha ventus" entstehen soll. Dieser Windpark umfaßt 80 Anlagen der 5-MW-Klasse, die von Areva geliefert werden, und ist seit 2009 genehmigt. Die dazugehörige Konverterplattform DolWin alpha ist seit kurzem fertiggestellt. Die komplette Netzanbindung über eine 165 Kilometer lange Gleichstromleitung soll bis spätestens 2014 verfügbar sein.

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