November 2012 |
121119 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Stadtwerke-Verbund Südweststrom verzichtet auf den seit drei Jahren geplanten Kauf von 70 Prozent der Anteile am Offshore-Windparks "Bard 1". Wie er am 20. November mitteilte, werden die zu diesem Zweck gegründeten beiden Beteiligungs- und Projektgesellschaften zum Jahresende aufgelöst. Grund für den Beschluß der Gesellschafterversammlung seien "Verzögerungen bei der Fertigstellung des Windparks und die veränderte Risikoeinschätzung von Offshore-Windparks."
Der Windpark "Bard Offshore 1" wird derzeit rund 90 Kilometer nordwestlich der Insel Borkum von der Firma Bard Engineering GmbH aus Emden errichtet, die auch den Betrieb übernehmen wird. Im Endausbau umfaßt er 80 Windkraftanlagen des Typs "Bard 5" mit einer Nennleistung von jeweils 5 MW. Der erzeugte Strom wird von der Konverterstation "BorWin 1" des Netzbetreibers TenneT über ein rund 120 Kilometer langes Gleichstrom-Seekabel zum Festland transportiert. Es handelt sich um die erste und einzige HGÜ-Verbindung, die TenneT bisher in der deutschen Nordsee fertiggestellt hat (120206). Die Verzögerungen beim Bau sind also nicht auf verspätete Netzanbindung zurückzuführen.
Der Windpark sollte zunächst Mitte 2011 in Betrieb gehen. Inzwischen wird Ende 2013 als frühester Termin genannt. Wie Bard am 16. November mitteilte, ist derzeit eine Nennleistung von rund 100 MW installiert, was einem Viertel der geplanten Kapazität entspricht. Grund der Verzögerung sind anscheinend technische Probleme mit der von Bard entwickelten Offshore-Technologie. Sowohl die Windkraftanlagen als auch deren Verankerung auf dem Meeresgrund sind Eigenkonstruktionen des Unternehmens. Die anfangs mit 1,5 Milliarden Euro bezifferten Baukosten dürften inzwischen entsprechend gestiegen sein.
Die Vorfinanzierung von "Bard 1" übernimmt die italienische Unicredit-Gruppe. Im August 2009 hatte sich die Südweststrom 70 Prozent der Rechte an dem Offshore-Windpark gesichert. Die restlichen 30 Prozent sollte die WV Energie AG übernehmen, eine Gründung der kommunalen Versorgungswirtschaft zur Initiierung von Gemeinschaftsprojekten. Wie die WV Energie AG am 21. November mitteilte, sehen auch die von ihr vertretenen Interessenten "die Verzögerungen beim Bau zunehmend kritisch". Die Auswirkungen des Rückzugs von Südweststrom erörtere man derzeit mit den Partnerunternehmen. Diese seien aber nicht durch eine Beteiligungsgesellschaft finanziell an das Projekt gebunden, was ihnen hohe Aufwendungen und Risiken erspare. Deshalb sehe man sich nicht zu einer schnellen Entscheidung gezwungen. Das Projekt sei "bei der finanzierenden HVB/UniCredit und dem Entwickler Bard weiterhin in guten Händen".
Mit dem Ausstieg bei "Bard 1" beerdigt die Südweststrom ihr zweites Großprojekt: Schon im Juli hatten die Gesellschafter beschlossen, den Bau eines großen Steinkohlekraftwerks in Brunsbüttel mit 1800 MW nicht weiter zu verfolgen (120704). Am Einstieg in die Windenergie wird aber festgehalten: Anfang November gab Südweststrom den Kauf eines Onshore-Windparks bekannt, der derzeit im mecklenburgischen Suckow (Landkreis Ludwigslust-Parchim) errichtet wird. Er umfaßt 13 Nordex-Anlagen mit einer Nennleistung von jeweils 2,5 MW. Der neu gegründeten Beteiligungsgesellschaft SüdWestStrom Windpark Suckow GmbH & Co. KG sind 13 Stadtwerke, eine Bürgergenossenschaft und sechs private Investoren beigetreten.