Juni 2010 |
100607 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das schwedische Parlament stimmte am 17. Juni mit der knappen Mehrheit von 174 gegen 172 Stimmen für ein Gesetz, das Ersatzbauten für bestehende Kernkraftwerke erlaubt. Zusätzliche Reaktoren soll es aber weiterhin nicht gegeben. Die Vorlage der konservativen Regierung unter Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt wurde von der Opposition aus Sozialdemokraten, Grünen und Linken geschlossen abgelehnt. Auch aus den Reihen der Regierungskoalition erhielt sie nicht sämtliche Stimmen. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2011 in Kraft treten. Da im September der Reichstag neu gewählt wird, besteht somit die Möglichkeit, daß es noch gekippt wird. Die rot-grüne Opposition hat dies bereits angekündigt, falls sie die Regierungsmehrheit erlangen sollten. Die Kernkraft wird somit zu einem Wahlkampfthema.
In einer Volksabstimmung hatte 1980 die Mehrheit der Schweden für den Ausstieg aus der Kernenergie votiert. In Zuge der seitdem verfolgten und 1988 verschärften Ausstiegspolitik wurden bisher die beiden Siedewasser-Reaktoren des Kernkraftwerks Barsebaeck endgültig stillgelegt. Zur Zeit befinden sich an den Standorten Forsmark, Oskarshamn und Ringhals noch sieben Siedewasser- und drei Druckwasserreaktoren in Betrieb (050606). In Forsmark war es im Juli 2006 zu einem vielbeachteten Störfall gekommen (060807), der auch den Ausstiegsgegnern in Deutschland neuen Auftrieb gab (060808). Die drei Reaktoren in Oskarshamn gehören seit der Übernahme von Sydkraft der E.ON Sverige, die anderen dem Vattenfall-Konzern. Wenn das jetzt verabschiedete Gesetz Bestand hat, will Vattenfall die Standorte Ringhals und Forsmark mit neuen Reaktoren ausstatten.
In Finnland will die Regierung zwei neue Kernkraftwerke bauen lassen. Den Auftrag dafür soll das Gemeinschaftsunternehmen Fennovoima erhalten, an dem neben 63 finnischen Energieunternehmen der E.ON-Konzern mit einem Drittel beteiligt ist. Eine endgültige Entscheidung über den Bau der beiden neuen Anlagen trifft voraussichtlich im Herbst das finnische Parlament. Die Regierung begründet das Vorhaben mit wachsendem Energiebedarf und Klimaschutz. Kritiker halten das für vorgeschobene Gründe. In Wirklichkeit verfolgten die Energiekonzerne mit Hilfe der Regierung das Ziel, in Finnland erzeugten Strom in die baltischen Staaten oder bis nach Deutschland zu exportieren. In diesem Zusammenhang sind auch die Pläne zu sehen, die bestehende HGÜ-Verbindung zwischen Finnland und Estland mit einer Kapazität von 350 MW durch ein zweites Seekabel mit einer Kapazität von 700 MW zu ergänzen (100102).
Zur Zeit sind in Finnland vier Kernkraftwerke in Betrieb. Ein fünftes befindet sich am Standort Olkiluoto seit 2004 in Bau. Der von Areva gelieferte "Europäische Druckwasserreaktor" (EPR) sollte eigentlich schon 2009 in Betrieb gehen (031205). Beim Bau traten aber zahlreiche Probleme und Verzögerungen auf (061007, 090909, 091105), weshalb inzwischen erst für 2013 mit der Inbetriebnahme gerechnet wird. Die Baukosten, die ursprünglich drei Milliarden Euro betragen sollte, liegen schon jetzt um 2,7 Milliarden Euro höher.