September 2009 |
090914 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Bundeskartellamt hat eine Untersuchung des Fernwärmesektors in Deutschland eingeleitet und umfangreiche Auskunftsbeschlüsse an 30 Fernwärmeversorger verschickt (siehe Liste). Wie die Behörde am 14. September betonte, ist die Sektoruntersuchung ein ergebnisoffenes Verfahren und geht ausdrücklich nicht einem konkreten Verdacht gegen die nun befragten Unternehmen nach. Anlaß ist jedoch, daß Fernwärmeunternehmen innerhalb ihres Leitungsnetzes als Anbieter über eine Alleinstellung verfügen, die häufig rechtlich durch einen Anschluß- und Benutzungszwang abgesichert ist. Diese Situation eröffnet Spielräume für die Preisfestsetzung, die bei bestehendem Wettbewerb nicht gegeben wären. Aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen haben Fernwärmekunden ganz überwiegend keine Möglichkeit, den Anbieter zu wechseln oder auf ein anderes Heizsystem umzustellen. Sie sind in aller Regel "gefangen" und daher besonders schutzwürdig.
Von der Untersuchung verspricht sich das Bundeskartellamt mehr Transparenz auf den Fernwärmemärkten im Hinblick auf Preise und Strukturen. So soll im Rahmen einer Vergleichsanalyse festgestellt werden, welche Unternehmen in den Jahren 2007 und 2008 besonders teuer bzw. besonders günstig waren. Dabei wird das Bundeskartellamt auch die Leitungsnetze und die Art der Energieerzeugung berücksichtigen. Sollte sich aus der vergleichenden Betrachtung von Unternehmen der Anfangsverdacht eines Verstoßes gegen das Kartellrecht ergeben, ist die Einleitung von Verfahren durch die Kartellbehörden des Bundes oder der Länder möglich.
Die Auswahl der Unternehmen erfolgte im Hinblick auf deren Gesellschafterstruktur, Größe und Kundenzahl. Außerdem waren geographische und gebietsstrukturelle Kriterien ausschlaggebend. Die Preishöhe war mangels Transparenz der Preise kein Auswahlkriterium. Im einzelnen handelt es sich um
Vor allem im Osten Deutschlands werden viele Wohnungen mit Fernwärme beheizt. In der Regel handelt es sich um Neubauviertel, die zu DDR-Zeiten errichtet wurden. |
Der thüringische Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz (CDU) hat die Fernwärme-Versorger
in Thüringen aufgefordert, zum Beginn der neuen Heizperiode ihre Preise zu senken.
Die Preise einiger Anbieter in Thüringen lägen deutlich über dem Durchschnitt,
sagte er am 14. September. Das habe eine Untersuchung im Juni 2009 ergeben, bei der
sein Ministerium als zuständige Energiekartellbehörde die Preise der 44
Fernwärme-Anbieter in Thüringen für vier verschiedene Abnahmefälle
abfragte. Der Durchschnittspreis für eine Megawattstunde habe bei 84 Euro gelegen,
was bei einer Drei-Zimmer-Wohnung mit 70 Quadratmetern Wohnfläche jährlichen
Heizungskosten von 588 Euro entspricht. Der Bundesdurchschnitt für die Fernwärmekosten
liege demgegenüber bei 82 Euro pro Megawattstunde. Reinholz kündigte eine
neue Überprüfung zum Beginn der Heizperiode am 1. Oktober an. "Im Falle
weiterhin überhöhter Fernwärme-Preise werden wir unverzüglich
kartellrechtliche Schritte einleiten", sagte er.
In Thüringen werden derzeit rund 200.000 Haushalte mit Fernwärme versorgt.
Mit einem Anteil von 20 Prozent an allen Heizungsarten rangiert diese Heizungsart
auf dem zweiten Platz hinter Erdgas (50 Prozent) und gleichauf mit Heizöl.