April 2009 |
090404 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die deutschen Gasversorger nutzen die Bindung der Gas- an die Ölpreise zu Lasten der Verbraucher aus, indem sie mögliche Preissenkungen tunlichst in die verbrauchsarme Jahreszeit verlegen und auch dann nur teilweise weitergeben. Zu diesem Schluß gelangt ein Gutachten, das der Gashandels-Experte Gunnar Harms im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen erstellte. So hätten die Unternehmen zwar für das zweite Quartal 2009 im Durchschnitt Preissenkungen in Höhe von 12 Prozent gegenüber dem 4. Quartal 2008 angekündigt. Tatsächlich müßten sie aber die Preise um 24 Prozent ermäßigen, um den finanziellen Spielraum auszuschöpfen, der sich aus dem Rückgang der Ölpreise und den dadurch verminderten Kosten der Gasbeschaffung ergibt. Die Gasversorger würden so allein im ersten Halbjahr 2009 ungerechtfertigte Mehrerlöse von mehreren Hundert Millionen Euro erzielen.
Bei fünf regional bedeutsamen Gasversorgern hat Harms die Preisentwicklung näher untersucht. Es handelt sich um EWE , Rheinenergie, E.ON Avacon, Gasag und Erdgas Südbayern. Keines der fünf Unternehmen habe für das zweite Quartal 2009 eine Preissenkung vorgenommen, die als angemessen gelten könne. Nach Ansicht des Gashandels-Experten müßte der durchschnittliche Gaspreis für Endverbraucher spätestens zum Beginn des 3. Quartals 2009 wieder das Niveau von rund 4 Cent aus den Jahren 2003/2004 erreichen. Momentan liege er noch bei ca. 6,5 Cent/kWh. Falls die Versorger im gesamten Jahresverlauf die Preissenkungen aus der Gasbeschaffung nur zur Hälfte weitergeben sollten, ergäbe sich daraus für sie ein Mehrerlös von ca. 1,6 Milliarden Euro. Umgekehrt müßten die Kunden ungerechtfertige Mehrkosten tragen. Beispielsweise würde sich für sie bei einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh die Gasrechnung um 150 Euro verteuern, wozu noch die Mehrwertsteuer kommt.
Im letzten Teil der Studie schlägt der Energieexperte Uwe Leprich von der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes als Ko-Autor eine Reihe von Maßnahmen vor, um dem offensichtlich nicht funktionierenden Wettbewerb auf dem Gasmarkt etwas aufzuhelfen. Dazu gehören die Verauktionierung von Gasmengen durch überregionale Ferngasunternehmen, die Reduzierung der Bedarfsdeckungsquoten in Langfristverträgen, die Regulierung des Speicherzugangs durch eine entsprechende Novellierung des EnWG, die Einführung von Day-Ahead-Auktionen fester Transportkapazitäten, die Schaffung einer bundesweit einheitlichen Marktgebiete-Kooperationsplattform und eine beschleunigte Minimierung der Anzahl der Marktgebiete.
Das Gutachten betrachte nur den Zeitraum bis April 2009, hieß es dazu in einer Stellungnahme des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) vom 15. April. Entscheidend für die Kunden sei aber, was sie im Gesamtjahr bezahlen müssten. Die Studie unterstelle, daß es in diesem Jahr keine weiteren Preissenkungen geben werde. Der BDEW gehe jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon aus, daß es weitere Preissenkungen geben könne.