Dezember 2008 |
081204 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Kartellbehörden haben in den anhängigen Mißbrauchsverfahren gegen Gasversorger weitere Zugeständnisse erreicht. Wie das Bundeskartellamt am 1. Dezember mitteilte, haben sich insgesamt 29 Unternehmen verpflichtet, von den bisher kassierten Gaspreisen insgesamt 127 Millionen Euro den Kunden wieder zukommen zu lassen. Davon entfalle etwa die Hälfte auf Bonuszahlungen und Gutschriften in der nächsten Jahresabrechnung oder Schlußrechnung der Kunden. Der übrige Betrag werde durch Verschiebung von Preiserhöhungen oder Preissenkungen an die Kunden weitergeleitet.
Schon Anfang Oktober hatten sich sechs Regionalversorger des E.ON-Konzerns zu finanziellen Zugeständnissen im Umfang von 55 Millionen Euro bereiterklären müssen (081001). Bei dem Betrag, der auf die neu hinzugekommenen 23 Unternehmen entfällt, handelt es sich demnach um 72 Millionen Euro. Das Bundeskartellamt stützt sich bei seinem Vorgehen auf den neu eingeführten § 29 GWB, der die Energieversorger verpflichtet, die Angemessenheit ihrer Preise gegenüber den Kartellbehörden nachzuweisen (071104). Der untersuchte Erlös- bzw. Preisbestandteil macht rund 55 Prozent des Rechnungspreises aus, da Netzentgelte (ca. 16 Prozent vom Bruttopreis) sowie Steuern und Konzessionsabgaben (ca. 29 Prozent vom Bruttopreis) vorher abgezogen werden.
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) begrüßte "die konsequente und erfolgreiche Anwendung des neuen Kartellrechts durch das Bundeskartellamt". Der Deutsche Mieterbund (DMB) bezeichnete es dagegen als "nicht nachvollziehbar", daß die betroffenen Gasversorger 55 Prozent des Gutschriftenvolumens mit Preissenkungen oder einer Verschiebung von Preiserhöhungen verrechen dürfen. DMB-Direktor Lukas Siebenkotten forderte außerdem das Bundeskartellamt auf, die Namen sämtlicher Unternehmen zu nennen, die in den letzten Jahren zu Unrecht abkassiert haben, damit die an die Hauseigentümer geleisteten Rückzahlungen auch zuverlässig bei den Mietern ankommen, die 2007 und 2008 überhöhten Gaspreise gezahlt haben.
Von den rund 770 Gasversorgern in Deutschland fallen nur etwa 30 originär
in die Zuständigkeit des Bundeskartellamtes. Für die übrigen sind die
Wirtschaftsministerien der Länder als Landeskartellbehörden zuständig,
sofern sie diese Zuständigkeit nicht an das Bundeskartellamt abgeben. Zum Beispiel
hat die baden-württembergische Landeskartellbehörde insgesamt neun Verfahren
gegen Gasversorger in ihrem Zuständigkeitsbereich eingeleitet. Als erster wurde
am 28. November die Mannheimer MVV Energie AG zu einer Senkung ihrer Gaspreise rückwirkend
zum 1. Oktober verpflichtet. Die MVV hatte noch versucht, eine solche Verfügung
abzuwenden, indem sie zwei Wochen zuvor eine Senkung der Arbeitspreise ab 1. Januar
2009 um 0,36 Cent/kWh ankündigte. Die Landeskartellbehörde hielt indessen
die MVV-Tarife für derart überhöht, daß eine Senkung um 0,9 bzw.
0,65 Cent/kWh angemessen sei. Die MVV reagierte zunächst mit der Ankündigung
gerichtlicher Schritte, nahm dann aber Verhandlungen mit dem Wirtschaftsministerium
auf und erzielte eine Milderung der verhängten Auflagen: Anstelle einer rückwirkenden
Senkung der Gaspreise wird sie ihren Kunden nun eine einmalige Rückzahlung gewähren,
die im Durchschnitt bei rund 50 Euro liegt. Außerdem wird sie die Brutto-Gaspreise
zum 1. Januar 2009 nicht um um 5 Prozent senken, wie dies angekündigt war, sondern
um 7,5 Prozent. Bestandteil der Einigung ist ferner, daß sie die Rückzahlung
als "Treuebonus" deklarieren darf.