Dezember 2008 |
081203 |
ENERGIE-CHRONIK |
Am 1. Januar 2009 treten drei Gesetze des sogenannten Klimapakets in Kraft, das der Bundestag am 6. Juni verabschiedete (080601). Es handelt sich um das völlig neugefaßte "Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG)", die Novellierung des "Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz)" und das neugeschaffene "Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG)". (Siehe Links)
Das komplett überarbeitete EEG und die Novellierung des KWK-Gesetzes sind der jeweilige Hauptbestandteil von Artikelgesetzen, die außerdem noch Änderungen am Energiewirtschaftsgesetz und anderen Gesetzen vornehmen. Im einen Fall handelt es sich um das "Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und im anderen um das "Gesetz zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung". Beide Artikelgesetze wurden mit Datum vom 25. Oktober 2008 ausgefertigt und am 31. Oktober im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl I Nr. 49 vom 31.10.2008, S. 2074 bzw. 2101). Das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) ist mit dem 7. August 2008 datiert und wurde am 18. August veröffentlicht (BGBL I Nr. 36 vom 18.8.2008, S. 1658).
Der vierte Bestandteil des Klimapakets, das "Gesetz zur Öffnung des Messwesens bei Strom und Gas für Wettbewerb" vom 29. August 2008, trat bereits am 9. September in Kraft (BGBl I Nr. 40 vom 8.9.2008, S. 1790). Durch dieses Gesetz wird das Energiewirtschaftsgesetz in verschiedenen Punkten der beabsichtigten Neuregelung angepaßt. Darauf aufbauend erließ die Bundesregierung eine "Verordnung zum Erlass von Regelungen über Messeinrichtungen im Strom- und Gasbereich", die am 23. Oktober in Kraft trat (BGBl I Nr. 47 vom 22.10.2008, S. 2006). Kernpunkt dieser Verordnung ist der Artikel 1 mit der "Verordnung über Rahmenbedingungen für den Messstellenbetrieb und die Messung im Bereich der leitungsgebundenen Elektrizitäts- und Gasversorgung (Messzugangsverordnung – MessZV. In Artikel 2 werden damit zusammenhängende Änderungen an Stromnetzzugangsverordnung, Stromnetzentgeltverordnung, Gasnetzzugangsverordnung, Gasnetzentgeltverordnung, Niederdruckanschlußverordnung, Anreizregulierungsverordnung und Stromgrundversorgungsverordnung vorgenommen. (Siehe Links)
Das "Stromeinspeisungsgesetz" von 1991 kam noch mit knapp 5000 Buchstaben und 5 Paragraphen aus. Das jetzt in Kraft tretende EEG enthält 66 Paragraphen mit rund 83.000 Buchstaben. |
Der Umfang der Gesetze und Verordnungen im Energiebereich hat damit wieder mal
zugenommen. Neben den völlig neuen Sektoren des Meßwesens und des EEWärmeG
tragen dazu auch die Neufassungen des EEG und des KWKG bei, die noch unübersichtlicher
geworden sind, als sie es bereits waren. So hat sich der Umfang des EEG gegenüber
der ersten Fassung aus dem Jahre 2000 inzwischen fast vervierfacht. Im Vergleich mit
dem Stromeinspeisungsgesetz aus dem Jahre 1991 ist der heutige Text sogar siebzehnmal
so lang und enthält dreizehnmal soviel Paragraphen (siehe Grafik).
Generell läßt sich - nicht nur im Energiebereich - eine fast schon kafkaesk
anmutende Aufblähung der Gesetzgebung beobachten, die der gebotenen Transparenz
und Verständlichkeit des gesetzgeberischen Willens zuwiderläuft. Zugleich
werden die Gesetze handwerklich schlechter. Unter anderem dürfte dies auf die
Berücksichtigung und Austarierung der zahllosen Lobby-Interessen zurückzuführen
sein. Im Extremfall führt diese Aufblähung dazu, daß sich nur noch
die einschlägigen Lobbyisten und andere Spezialisten im Paragraphen-Dschungel
zurechtfinden (und selbst diese kennen sich dann wahrscheinlich nur noch in ihrer
jeweiligen Nische aus).
Zusätzlich werden die Gesetzestexte neuerdings mit der Hexenjagd auf das "generische Maskulinum" befrachtet. Zum Beispiel ist im EEG nicht mehr vom "Letztverbraucher" die Rede, sondern von "Letztverbraucherin oder Letztverbraucher". In derselben Weise werden Wirtschaftsprüfer, Umweltgutachter, Buchprüfer und Sachverständige geschlechtlich verdoppelt. Auch den "Anlagenbetreiber" darf es nur noch als "Anlagenbetreiberin oder Anlagenbetreiber" geben. Nur beim "Netzbetreiber" und beim "Übertragungsnetzbetreiber" hat man es aus unerfindlichen Gründen versäumt, die weibliche Form hinzuzufügen und voranzustellen.
Bei dieser kabarettreifen Variante der "political correctness" handelt es sich um eine Auswirkung des Ende 2001 erlassenen "Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesverwaltung und in den Gerichten des Bundes (Bundesgleichstellungsgesetz - BGleiG)". In § 1 Abs. 2 schreibt dieses Gesetz vor: "Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Bundes sollen die Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck bringen." Die amtlichen Vollstrecker haben es dabei vor allem auf das generische Maskulinum abgesehen, das wie das generische Femininum und Neutrum zwar jeweils beide Geschlechter umfaßt, aber gerade deshalb von "fortschrittlichen" Kleingeistern verdächtigt wird, das weibliche Geschlecht auf hinterlistige Weise zu diskriminieren. Seitdem wird in allen Bereichen, die dem Bund unterstehen, das generische Maskulinum durch genauso umständliche wie dümmliche Doppel-Konstruktionen ersetzt. Allerdings mit Ausnahmen. So hat man bisher noch davon abgesehen, das generische Maskulinum auch im Grundgesetz zu tilgen, wo dann etwa der Artikel 1 konsequenterweise lauten müßte: "Die Würde der Menschin oder des Menschen ist unantastbar."
Kritiker sehen im Ausrottungsfeldzug gegen das generische Maskulinum keinen Beitrag zur endgültigen Gleichstellung des weiblichen Geschlechts, sondern eine zeitgeistige Blähung und Vergewaltigung der deutschen Sprache, die kein gutes Licht auf den Gesetzgeber wirft. Zu dieser Verhunzung der deutschen Sprache paßt, wie in Verwaltungsakte und sogar in die Gesetzgebung zunehmend englische Wörter einfließen, als ob Englisch hierzulande Amtssprache wäre. Wenn beispielsweise die Bundesregierung über die "Implementierung von Gender Mainstreaming" berichtet, dürfte kaum noch jemand dieses Kauderwelsch verstehen. Berüchtigte Wortschöpfungen im Energiebereich sind die "Task Force Netzzugang" oder die "Best-Practice-Empfehlungen", die schon vor Jahren vom Bundeswirtschaftsministerium in Umlauf gesetzt wurden. Im neuen EEG wurde der Paragraph 57 erneut mit "Clearingstelle" betitelt (in der alten Fassung war es § 19), als ob man zur Klärung von Streitigkeiten und Anwendungsfragen nicht ebenso und besser eine "Schiedsstelle" bzw. "Klärungsstelle" einrichten könnte. Im Energiewirtschaftsgesetz handeln die Paragraphen 35 und 51 vom "Monitoring" bzw. "Monitoring der Versorgungssicherheit", als ob es nicht die deutschen Wörter "Beobachtung", "Überwachung" oder "Kontrolle" gäbe.