Januar 2008

080105

ENERGIE-CHRONIK


Gabriel fordert Energiekonzerne zur Einführung von Sozialtarifen auf

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat am 17. Januar im Bundestag die Einführung von Sozialtarifen für Geringverdiener vorgeschlagen, die von den Preiserhöhungen für Strom und Gas besonders betroffen sind. In dieselbe Richtung zielte ein Antrag, den die Fraktion der Partei "Die Linke" am selben Tag im Parlament stellte. Im Unterschied zu Gabriel wollte sich die Linke allerdings nicht auf einen "Energiepakt" mit den Unternehmen verlassen, sondern solche Sozialtarife gesetzlich vorschreiben. Darüber hinaus erneuerte sie ihre bereits im September 2006 erhobene Forderung nach einer Wiedereinführung der Tarifaufsicht und verlangte die Berücksichtigung der Kosten für Heizung und Warmwasser im Wohngeldgesetz.

"Für einen dreiköpfigen Haushalt hat sich die Energierechnung von 1300 auf 2200 Euro erhöht"

In seiner Regierungserklärung zum Klimagipfel verwies Gabriel auf den neuerlichen Strompreisanstieg bei 454 Grundversorgern (080101). Seit dem Jahr 2000 sei der Strompreis für Privathaushalte um 46 Prozent, der Gaspreis sogar um 100 Prozent und der Preis für Heizöl um 70 Prozent gestiegen. Dadurch habe sich die jährliche Energierechnung eines dreiköpfigen Haushaltes von etwa 1300 auf 2200 Euro erhöht. Das durchschnittliche Nettoeinkommen einer Krankenschwester liege aber nur bei 1440 Euro, und ein Arbeiter im Straßenbau verdiene nur 1200 Euro netto. "Da ist es, weiß Gott, nicht egal, ob man im Monat 75 Euro mehr für Energie zahlen muß oder für die Kinder und die Rente sparen kann", meinte Gabriel. "Ich halte den Preisanstieg angesichts dieser Zahlen für ein ernstes Problem, insbesondere für die unteren Einkommensgruppen."

"Alle Energieversorger sollten dauerhaft einen Sozialtarif in der Grundversorgung anbieten"

Ganz entscheidend sehe er bei der Lösung dieses Problems die Energieversorgungsunternehmen in der Pflicht. Diese hätten mit den gestiegenen Energiepreisen und vor allen Dingen mit der Einpreisung kostenlos zugeteilter Zertifikate im Emissionshandel Milliarden verdient. "In unserer Verfassung heißt es nicht 'Eigentum verpflichtet zu möglichst hohen Börsenkursen', sondern 'Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen", fuhr Gabriel unter dem Beifall der SPD sowie von Abgeordneten der CDU/CSU und der Linken fort, um dann den Vorschlag des neuen RWE-Chefs Jürgen Großmann für einen Energiepakt (071201) unter "gute Ideen und Ansätze" zu verbuchen. In einem solchen Energiepakt müßten auch die Energiepreise für einkommensschwache Haushalte geregelt werden. Die Regionalgesellschaften von E.ON hätten dazu einen ersten Schritt getan, indem sie Sozialtarife anböten, die aber leider zeitlich und vom Kontingent her sehr begrenzt seien. "Wenn das mehr als PR sein soll, dann müssen weitere Schritte folgen", sagte Gabriel. "Alle Energieversorger sollten dauerhaft einen solchen Sozialtarif in der Grundversorgung anbieten, wie dies die Europäische Energiecharta vorsieht und die EU-Energiedienstleistungsrichtlinie ermöglicht."

Grüne werfen der Linkspartei Erhaltung struktureller Fehlentwicklungen vor

Der Antrag der Linke-Fraktion zur gesetzlichen Einführung von Sozialtarifen und zur Änderung des Wohngeldgesetzes sowie ein weiterer Antrag zur sozialen Abfederung des Benzinpreisanstiegs wurden an die Ausschüsse überwiesen. In der halbstündigen Debatte mochte keine der anderen Fraktionen die Forderungen der Linkspartei unterstützen, die deren energiepolitischer Sprecher Hans-Kurt Hill vortrug. Für die CDU/CSU erklärte Joachim Pfeiffer: "Der beste Verbraucherschutz und das Beste für den Verbraucher ist ein funktionierender Wettbewerb. Lassen Sie uns in diesem Sinne weiterarbeiten und nicht mit Planwirtschaft und Sozialismus den Weg ins Gestern antreten." Ähnliche äußerte sich für die SPD Rolf Hempelmann: "Sie rufen wie immer nach mehr Staat. Genau diesen Weg wollen wir nicht gehen." Nicole Maisch von den Grünen kritisierte dagegen den Antrag, weil er im Grunde nichts an den strukturellen Fehlentwicklungen ändere: "Die Linke möchte einen nicht funktionierenden Energiemarkt, der schlimme Regulierungsdefizite aufweist, nicht strukturell verändern, so wie wir es wollen, sondern mehr Geld in ein System pumpen, das so nicht funktioniert. Erlauben Sie mir die Bemerkung, daß ich von einer Linken, die sich gerne als sehr revolutionär geriert, ein bißchen mehr Mut bei den Forderungen erwartet hätte. Sie möchten einen nicht funktionierenden Energiemarkt in der Struktur erhalten und die Abzocke der Energieversorger alimentieren."