November 2007

071112

ENERGIE-CHRONIK


Siemens-Technik für russische Kernkraftwerke

Der Siemens-Konzern und die russische Atomenergiebehörde Rosatom wollen im Energiebereich und speziell bei der Nukleartechnik zusammenarbeiten. Wie Rosatom am 13. November mitteilte, haben an diesem Tag Rudi Lamprecht vom Zentralvorstand der Siemens AG und Rosatom-Chef Sergej Kirijenko eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Die Entwicklung der Nukleartechnik in Rußland eröffne ausgezeichnete Gelegenheiten für die Zusammenarbeit mit Siemens. Rosatom werde Siemens-Technologien beim Bau von Atomkraftwerken in Russland und anderen Staaten sowie bei der Modernisierung von Reaktorblöcken einsetzen.

Siemens veröffentlichte ebenfalls eine diesbezügliche Mitteilung, aber nur auf seinen Internet-Seiten für Rußland und nur in russischer Sprache. Auf Nachfrage von "Dow Jones News" wollte ein Konzernsprecher lediglich bestätigen, daß die Lieferung konventioneller Anlagen wie Dampfturbinen, Leittechnik und Generatoren vorgesehen sei. Damit setze Siemens die bereits bestehende Kooperation bei Kraftwerksprojekten fort. Die Vereinbarung gehe derzeit nicht über eine allgemeine Absichtserklärung hinaus und könne insofern noch nicht detailliert werden.

Anscheinend soll die jetzt getroffene Vereinbarung den Siemens-Konzern dafür entschädigen, daß ihm der Kreml die mehrheitliche Übernahme des Kraftwerksausrüsters OAO Silovye Mashiny (Power Machines) verwehrt hat. Siemens hält 25 Prozent an den Unternehmen und verfügte außerdem über ein Vorkaufsrecht für weitere 30,4 Prozent der Anteile. Im September wurde jedoch ein Siemens-Antrag auf Erwerb der Mehrheit von der russischen Kartellbehörde FAS abgelehnt. Nach dem erzwungenen Rückzug des deutschen Konzerns sicherte sich der russische Oligarch Alexej Mordaschow den zum Verkauf stehenden 30,4 Prozent-Anteil über eine auf Zypern eingetragene Firma. (SZ, 25.9.)

Siemens will Beteiligung an Areva NP behalten und sogar aufstocken

Die bedrohte Beteiligung am französischen Nukleargeschäft (070912) will Siemens nicht nur behalten, sondern sogar ausbauen. "Wir sind zu einer Erhöhung unseres Kapitals an Areva NP bereit", erklärte der Chef von Siemens France, Philippe Carli, in einem Interview mit der Wirtschaftszeitung "Les Echos" (24.11.) "Gegebenenfalls wären wir bereit, dafür einige Milliarden Euro aufzuwenden." Siemens sei aber nur an einer direkten Beteiligung an dem französischen Nuklearkonzern interessiert. Ein ersatzweiser Einstieg bei der Areva-Holding komme nicht in Frage.

Beistand erhielt Siemens von der Chefin des Staatskonzerns Areva, Anne Lauvergeon, die sich am 26. November in einem Interview mit dem Fernsehkanal "France 24" für die Beibehaltung der nuklearen Partnerschaft mit Siemens und gegen die von Präsident Sarkozy erwogene Zusammenlegung des Siemens-Konkurrenten Alstom mit Areva NP (070703) aussprach. "Ich habe nichts gegen Fusionen", sagte sie, "aber sie müssen positive Synergien erzeugen und nicht allzu negative Synergien nach sich ziehen". Eine Trennung von Siemens werde für Areva zu schwerwiegenden geschäftlichen Einbußen führen. Außerdem müsse eine Fusion mit Alstom in jedem Falle erst von der EU-Kommission genehmigt werden.

Areva erhält zwei weitere Aufträge für den EPR aus China

Ende November vereinbarte der französische Staatspräsident Sarkozy bei einem Besuch in China die Lieferung von zwei Kernkraftwerken des Typs EPR. Einschließlich der dafür benötigten nuklearen Brennstoffe beläuft sich der Auftrag auf acht Milliarden Euro. Die Reaktoren sollen in Taishan in der Provinz Guangdong errichtet werden und bis Ende 2015 in Betrieb gehen. Ferner wurde bei Sarkozys Besuch in China über den Bau einer Wiederaufarbeitungsanlage nach dem Muster von La Hague gesprochen.

China verfügt derzeit über elf Reaktoren an sechs Standorten. Jeweils acht weitere Reaktoren sind im Bau und in Planung. Dennoch hat Kernenergie bisher nur einen Anteil von zwei Prozent an der Stromerzeugung. Vier Fünftel des Stroms werden in konventionellen Wärmekraftwerken mit Kohle, Öl oder Gas erzeugt. Allein durch die beiden EPR-Reaktoren würde sich die in China installierte Kernkraft-Leistung verdoppeln.
  
Da China insgesamt 30 Kernkraftwerke plant, darf der französische Nuklearkonzern Areva – und mit ihm auch Siemens – auf weitere Aufträge hoffen. Allerdings muß er weiter mit dem Konkurrenten Toshiba/Westinghouse rechnen, dem die Chinesen im Dezember 2006 den Auftrag über vier Kernkraftwerke zukommen ließen (061219). Bislang konnte Areva den EPR viermal verkaufen. Neben den beiden Aufträgen aus China handelt es sich um die Projekte in Finnland (031205) und am französischen Standort Flamanville (041006). Der Wirtschaftszeitung "Les Echos" (28.11.) zufolge könnte Areva bis zum Jahr 2012 mehr als 20 Kernkraftwerke in alle Welt verkaufen. Für das folgende Jahr erhoffe sich Areva den Zuschlag für Kernkraftwerksbauten in Südafrika und Brasilien. Auf längere Sicht setze man auf eine Renaissance der Kernkraft in Großbritannien und den USA.

Frankreich will außerdem Marokko und Ägypten beim Bau von Kernkraftwerken helfen. Ende Oktober kam es zu einem entsprechenden Abkommen mit Marokko. Anfang November folgte die Hilfezusage für Ägypten, das sein KKW-Programm vor rund zwanzig Jahren eingestellt hat, nun aber wieder den Bau von mehreren Kernkraftwerken plant. Bereits im Juli hatte der französische Staatspräsident Sarkozy mit dem lybischen Diktator Gaddafi die Errichtung eines Kernkraftwerks bei Tripolis vereinbart (070702). Er weckte damit Befürchtungen, daß Lybien die nukleare Technologie verwenden könnte, um in den Besitz eigener Atomwaffen zu gelangen. Einzelheiten des Projekts wurden nicht bekannt. Vermutlich handelt es sich aber auch hier um einen EPR, der von Areva geliefert würde.

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