Februar 2007 |
070214 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die russische Generalstaatsanwaltschaft erhob am 5. Februar neue Vorwürfe gegen den früheren Ölmagnaten Michail Chodorkowskij und dessen Geschäftspartner Platon Lebedew. Beide waren im Juni 2005 wegen Betrugs, Steuerhinterziehung und Bildung einer kriminellen Vereinigung zu jeweils neun Jahren Haft verurteilt worden (050610), die im Berufungsverfahren auf acht Jahre ermäßigt wurde (050914). In Wirklichkeit ging es bei dem Schauprozeß darum, einen politischen Gegner auszuschalten und die anderen "Oligarchen" auf die Unterstützung von Kremlchef Putin zu verpflichten. Zugleich diente der Prozeß der Zerschlagung des von Chodorkowskij aufgebauten privaten Yukos-Konzerns.
Die neuen Vorwürfe wegen "Geldwäsche" sind ähnlich konstruiert. Nach Meinung von Chodorkowskij und Lebedew verfolgt der Kreml damit das Ziel, sie während der 2008 anstehenden Präsidentenwahl in Haft zu behalten. Nach russischem Recht ist die Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Strafe möglich. Da beide bereits seit 2003 einsitzen, könnten sie somit noch in diesem Jahr die Freiheit wiedererlangen. (FAZ, 6.2.; SZ, 6.2.)
Das wichtigste Produktionsunternehmen des Yukos-Konzerns war im Dezember 2004 vom staatlichen Ökonzern Rosneft übernommen worden (041210). Zeitweilig sah es so aus, als würde Rosneft seinerseits dem staatlichen Energiekonzern Gazprom einverleibt. Bisher existieren aber beide Konzerne nebeneinander und rivalisieren weiterhin um Reste des Yukos-Konzerns. Rosneft hat im Juli 2006 rund 15 Prozent seines Kapitals an ausländische Investoren verkauft (060706).
Der Staatskonzern Gazprom übernimmt die Mehrheit an einem noch zu gründenden
Gemeinschaftsunternehmen mit der russischen Kohle- und Kraftwerksgesellschaft Suek,
in das er seinen Anteil von 11,6 Prozent am größten russischen Stromerzeuger
EES Rossii einbringt. Wie Gazprom am 8. Februar mitteilte, haben beide Seiten eine
entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Der Suek-Konzern gehört bisher
einer auf Zypern eingetragenen Firma, hinter der die beiden "Oligarchen"
Andrej Melnitschenko und Sergej Popow stehen. Neben 77 Kohlebergwerken, die dreißig
Prozent des russischen Inlandsbedarfs und zwanzig Prozent des Exports an Steinkohle
decken, verfügt er über hohe Beteiligungen an 27 regionalen Stromerzeugern.
Der bislang private Konzern wird damit der staatlich dirigierten Energiewirtschaft
eingegliedert, ohne daß die beiden Besitzer wesentliche Abstriche an ihrem Reichtum
hinnehmen müssen, obwohl sie ihn wie alle anderen "Oligarchen" unter
höchst dubiosen Umständen erworben haben. Anscheinend verfolgt der Kreml
mit der Übernahme von Suek durch Gazprom zugleich das Ziel, einen Teil der bisher
mit Gas betriebenen Kraftwerke auf Kohle umzustellen, um mehr Gas exportieren zu können.
(SZ, 10.7.)