September 2002 |
020903 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes kann erst in der Legislaturperiode des neuen Bundestags erfolgen, der am 22. September gewählt wurde. Damit kommt es vorerst auch nicht zur Verrechtlichung der Verbändevereinbarung, die Bestandteil dieser Novellierung ist.
Die Energierechtsnovelle war im Mai vom Bundestag beschlossen worden (020502). Sie stieß im Bundesrat aber auf den Widerstand der unionsregierten Länder, die im Juli den Gesetzentwurf ablehnten. Die rot-grüne Koalition wollte den Widerspruch des Bundesrats in der letzten Sitzung des Parlaments vor den Bundestagswahlen am 12. September überstimmen. Dann kamen ihr jedoch Bedenken, ob eine ausreichende Anzahl von Abgeordneten anwesend sein würde. Sie setzte deshalb diesen Punkt erst gar nicht auf die Tagesordnung.
Wie aus Brüssel verlautete, plant die EU-Kommission nunmehr eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg, weil die Bundesregierung die am 10. August 2001 in Kraft getretene EU-Richtlinie zur Öffnung der Gasmärkte (971202) noch immer nicht in nationales Recht umgesetzt hat. Ein entsprechendes Vertragsverletzungsverfahren war im Oktober 2000 eingeleitet worden ( 000814).
Die Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes soll vor allem die EU-Richtlinie umsetzen und so im Gasbereich einen transparenten und diskriminierungsfreien Netzzugang für Dritte ermöglichen. Auf Betreiben der Verbände der Strom- und Gaswirtschaft wurde in die Novelle zusätzlich ein Passus aufgenommen, wonach die jeweiligen Verbändevereinbarungen zur Netznutzung als "gute fachliche Praxis" anzusehen sind (020207). Diese Vermutungsregelung würde den Verbändevereinbarungen zu größerer rechtlicher Verbindlichkeit verhelfen.
Die Electrabel Deutschland AG hat am 20. September ihre Mitgliedschaft im Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) gekündigt. Sie begründete dies mit der vom VDEW unterstützten rechtlichen Verankerung der Verbändevereinbarung im Energiewirtschaftsgesetz sowie mit allgemeiner Unzufriedenheit über die Politik des Verbands, der vor allem die Positionen der etablierten Verbundunternehmen vertrete. Die Verbändevereinbarung benachteilige die neuen Energieanbieter, kritisierte der Electrabel-Vorsitzende Gerd Gies. Besonders mit der neugefaßten Kalkulationsrichtlinie sei sein Unternehmen "in keiner Weise einverstanden".
Die hundertprozentige Tochter des belgischen Stromkonzerns Electrabel wurde 1998 als Ableger für den deutschen Markt gegründet. Sie will hier über Beteiligungen an Stadtwerken und Weiterverteilern sowie durch Ausbau des Vertriebsgeschäfts langfristig einen Marktanteil von 6 Prozent am Strommarkt und von 3 Prozent am Gasmarkt erreichen. Bisher verfügt sie über Beteiligungen an den Stadtwerken Saarbrücken und Gera (011216).