Mai 2001 |
010519 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Bielefelder Epidemiologin Maria Blettner, die vor zwei Jahren den Vorsitz der Strahlenschutzkommission (SSK) übernommen hatte (990519), gab am 15. Mai ihren Rücktritt von diesem Amt bekannt. In einem Brief an Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) warf sie diesem parteipolitisch motivierte Personalpolitik vor. In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (17.5.) bezeichnete Blettner die Berufung des Marburger Nuklearmediziners Horst Kuni in den Strahlenrisiko-Ausschuß der SSK als den "Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte". Kuni gilt unter Kernkraftgegnern als "kritischer Wissenschaftler". Seine Berufung in die SSK war deshalb bereits im Gespräch, als Trittin im Frühjahr 1999 sowohl die SSK als auch die Reaktorsicherheitskommission (RSK) zum Teil mit Kernkraft-Kritikern besetzte (990303). Unter Fachkollegen gilt Kuni dagegen eher als Außenseiter, dessen Thesen wissenschaftlichen Kriterien nicht genügen. So hatte er die Strahlendosis, die Polizisten bei der Begleitung eines Castor-Transports abbekommen, 300mal höher veranschlagt als allgemein angenommen (950813). Wie Blettner erklärte, hatte sie dem Umweltministerium schon Anfang des Jahres ihren Rücktritt angekündigt, falls Kuni in die SSK berufen werden sollte. Ihre Vorbehalte würden von der Mehrheit der SSK-Mitglieder geteilt.
Blettner hatte bereits der alten Strahlenschutzkommission angehört. Sie sieht sich selbst als "Integrationsfigur, die sich weder dem atomkritischen noch dem atomfreundlichen Lager zugehörig fühlt".