Juli 2000

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ENERGIE-CHRONIK


Bundeskanzler eröffnet Forschungsgebäude für Stellarator-Projekt "Wendelstein 7-X"

Bundeskanzler Gerhard Schröder eröffnete am 7.7. in Greifswald offiziell das neue Gebäude des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik, in dem bis 2005 das Projekt "Wendelstein 7-X" zur Erprobung der Kernfusion nach dem Stellarator-Prinzip verwirklicht werden soll. Er würdigte dabei das Projekt als bedeutendste Experimentier-Einrichtung des europäischen Fusionsprogramms. Die Entscheidung für das ITER-Projekt als erster Schritt zu einem Kernfusions-Kraftwerk müsse jedoch noch sorgfältig abgewogen werden: "Wir dürfen hier die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen", erklärte Schröder. "Es gibt leider schon zu viele Beispiele anfangs bejubelter Spitzentechniken, die vom Bund mit großem Aufwand unterstützt wurden, deren Anwendung dann aber scheiterte, weil das Augenmerk zu sehr auf die technisch-wissenschaftliche Herausforderung gerichtet war."

Stellarator als Alternative zum Tokamak

"Wendelstein 7-X" soll die Tauglichkeit des Stellarators für den Bau von Fusionskraftwerken belegen. Wie beim konkurrierenden Prinzip des "Tokamak" wird dabei ein Plasma aus Deuterium und Tritium von einem immens starken Magnetfeld in der Schwebe gehalten. Der Stellarator erzeugt das Magnetfeld aber ausschließlich extern, während es beim Tokamak teilweise durch Stromfluß im Plasma entsteht. Die Konstruktion des Magnetfeldkäfigs gestaltet sich beim Stellarator deshalb wesentlich komplizierter. Die dafür notwendigen Berechnungen konnten aber neuerdings mit Hilfe von Computern optimiert werden. Falls "Wendelstein 7-X" die Praxistauglichkeit dieser Berechnungen beweist, könnte der Demonstrationsreaktor, der auf den geplanten Tokamak-Reaktor ITER folgen soll, auch ein Stellarator sein.

Frankreich bekundet Interesse am Standort des abgespeckten ITER-Projekts

Noch steht allerdings nicht fest, ob der Internationale Thermonukleare Experimentelle Reaktor (ITER) überhaupt gebaut wird. Das Projekt, in dem sich die EU-Staaten, Japan, Rußland und die USA zur langfristigen Entwicklung eines stromliefernden Fusionsreaktors zusammengeschlossen haben, war 1985 vom damaligen sowjetischen Generalsekretär Gorbatschow in Gesprächen mit den Präsidenten Frankreichs und der USA, Mitterand und Reagan, als Beitrag zur Überwindung des Ost-West-Konflikts angeregt worden. Es sollte auf der von sowjetischen Forschern entdeckten Tokamak-Bauweise basieren. Seit Mitte der neunziger Jahre erlahmte das Interesse aller beteiligten Staaten aber deutlich (951116 u. 960710), obwohl die Baukosten, die der im Juni 1998 vorgelegte Abschlußbericht der ITER-Planungsarbeiten auf 13 Milliarden Mark veranschlagte, im zuvor genehmigten Finanzrahmen blieben. Die USA zogen sich 1998 ganz aus dem Projekt zurück. Die übrigen Partner beschlossen, das ITER-Konzept so zu modifizieren, dass die Baukosten ungefähr halbiert werden. Wie das Forschungszentrum Jülich am 26.7. mitteilte, liegt der neue Konstruktionsentwurf inzwischen vor und kann für weniger als vier Milliarden Euro verwirklicht werden. Überraschenderweise habe mit Frankreich sogar ein europäisches Land offiziell Interesse am Standort des ITER bekundet und für diesen Zweck das südfranzösische Cadarache angeboten. Das Projekt gewinne damit wieder deutlich an Fahrt.