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Die ersten Dampfmaschinen waren noch äußerst schlechte Kostverwerter, wenn man ihre Arbeitsleistung mit dem Aufwand an Brennstoff vergleicht. Ihre damaligen Erbauer waren auch keine Theoretiker, sondern Erfinder und Tüftler, die schon froh waren, wenn die Maschine einigermaßen lief.
Im Unterschied zu der Energie, die der Müller als Wind oder Wasser frei Haus geliefert bekam, kostete die Erzeugung von Wärme aus Kohle aber Geld. Und offensichtlich verbrauchten manche Maschinen für dieselbe Arbeitsleistung weniger Brennstoff als andere. Sie sparten also Kohle, waren billiger im Betrieb und rentabler in der Anschaffung. - Grund genug, über den Zusammenhang von Arbeitsleistung und Brennstoffmenge nachzudenken.
Dieses Nachdenken über den Wirkungsgrad der Dampfmaschine hatte ungeahnte Folgen. Es führte nicht nur zu einer höheren Rentabilität der Maschinen, sondern revolutionierte unversehens die Physik und das gesamte Weltbild des 19. Jahrhunderts. Man entdeckte auf diese Weise die Naturgesetze, nach denen jede Art von Wärmekraftmaschine funktioniert. Darüber hinaus begann den Physikern zu dämmern, daß Wärme nichts anderes als Energie ist und daß der Wärmeprozeß einer Dampfmaschine ein Abbild der energetischen Prozesse im Universum ist. Das Gebäude der Physik mußte plötzlich aufgestockt werden: Der neue Bereich hieß "Thermodynamik" und bildete seinerseits die Grundlage für spätere Erweiterungen, bis hin zur Relativitätstheorie.
Als Pionier der Thermodynamik gilt der Franzose Sadi Carnot, der 1829 seine "Betrachtungen über die bewegende Kraft des Feuers" veröffentlichte. Carnot ließ sich dabei noch von der Vorstellung leiten, daß die Wärme ein Stoff wie das Wasser sei und daß sie in der Dampfmaschine wie das fließende Wasser eines Mühlrads zwar nicht verbraucht werde, aber von einem höheren auf ein niederes Niveau der Arbeitsfähigkeit falle. Der Wirkungsgrad einer Dampfmaschine müsse deshalb um so höher sein, je größer das Gefälle zwischen der Eintrittstemperatur des Dampfes in die Maschine und seiner Austrittstemperatur sei.
Da Carnot eine stoffliche Beschaffenheit der Wärme unterstellte, rechnete er mit Wärmemengen. Er sprach noch nicht vom Wirkungsgrad 1, sondern verwendete andere Formelzeichen. In der Sache selbst gelangte er aber zu einer völlig richtigen Formel für den thermodynamischen Wirkungsgrad, die in der neueren Schreibweise so aussieht:
Eta = 1 - ( T2 : T1)
In dieser Formel ist der griechische Buchstaben Eta das Zeichen für den Wirkungsgrad, T1 steht für die Eingangstemperatur der Wärme, die der Dampfmaschine zugeführt wird, und T2 bezeichnet die Ausgangstemperatur der Wärme, die nach Verrichtung der Arbeit abgeführt wird (jeweils in Grad Kelvin). Das Ergebnis stellt jenen Wirkungsgrad dar, den eine Wärmekraftmaschine - z.B. ein Kraftwerk - erreichen könnte, wenn sie die verbrauchte Wärme hundertprozentig verwertet. Also jene Grenze, über die der Wirkungsgrad keinesfalls hinausgehen kann.
Dieser "Carnotsche Wirkungsgrad" gibt den Rahmen vor, in dem sich der Wirkungsgrad
einer Wärmekraftmaschine äußerstenfalls bewegen kann. Zeichnet
man ihn als Diagramm, so hat er die Form einer Kurve, die sich mit zunehmenden
Temperaturen immer stärker abflacht. Es sind also unverhältnismäßig
große Temperaturzuwächse notwendig, um eine weitere Annäherung
an den Wirkungsgrad 1 zu erreichen. Dieser entspräche hundert Prozent,
bleibt aber in jedem Falle unerreichbar. So erklärt es sich, daß
der Carnotsche Wirkungsgrad eines Kraftwerks, der bei einer Prozeßtemperatur
von 600 °C etwa 65 Prozent erreicht, durch Verdoppelung der Prozeßtemperatur
auf 1200 °C nur um gut 20 Prozent zunimmt.
Im übrigen hängt es natürlich von der Konstruktion der Maschine bzw. des Kraftwerks ab, wieviel von der theoretisch nutzbaren Wärme tatsächlich in mechanische Energie umgesetzt wird. BeiWärmekraftmaschinen unterscheidet man zwischen dem thermischem und dem mechanischem Wirkungsgrad: Der erste ist ein Maß für die Güte der Brennstoffausnutzung bis hin zum Dampfdruck, der zweite ist ein Maß für die anschließend noch auftretenden mechanischen Verluste. Beide Wirkungsgrade sind gesetzmäßig immer kleiner als Eins. Das Produkt beider Größen liefert den Gesamtwirkungsgrad, der seinerseits vom "Carnotschen Wirkungsgrad" abhängig ist und durch diesen begrenzt wird.
Bei Kraftwerken wird der Wirkungsgrad nicht als Zahl zwischen 0 und 1, sondern in Prozent ausgedrückt: Ein Kraftwerk mit dem Wirkungsgrad 1 = 0,4 hat also nach dieser Schreibweise einen Wirkungsgrad von 40 Prozent.