Die "Rheinische Bundes-Zeitung", die seit 1. Januar 1808 täglich erschien, konnte als deutschsprachiges Pendant zum "Journal politique de Mannheim" gelten. Auch sie war ein erstaunlich gut informiertes Blatt, das ungeachtet der scharfen französischen Überwachung einen weitaus größeren Horizont erschloß als etwa die alte "Mannheimer Zeitung". Manchmal konnte man fast Zweifel haben, ob die Zeitung über den pflichtschuldigen Respekt vor Napoleon hinaus vielleicht doch gewisse Sympathien für die neue Ära empfand. Bei ihren Lesern führte sie sich mit folgenden Worten ein:
In acht Jahren hat der rasche, immerstrebende Geist Napoleons der Ordnung der Dinge eine solche veränderte Gestalt gegeben, wozu in dem gewöhnlichen Gange der Zeiten Jahrhunderte nöthig gewesen wären. So wie in den glänzendsten Zeiten Roms, als es beinahe die Welt unter sein Gesetz bog, schritten die Gallier von Siege zu Siege fort. Eine Macht nach der andern ward verschlungen; Könige entsetzt, neue auf den Thron erhoben. Deutschland ward neu umgeschaffen, der Rhein die Grenze, alle Bisthümer säkularisiert, und weltliche Besitzer damit vergrößert. Deutsche Fürstenthümer sind verschwunden, und Königreiche daraus geworden. - Hinüber sind diese Begebenheiten, der Strom der Zeiten hat sie mit sich fortgerissen. Staunend steht der Beobachter, und sieht mit erhabener Bewunderung ihnen nach, erspähend den Wechsel der Zeiten, den Gang des eisernen Schicksals. Eine neue wichtigere Epoche hat die alte verdrängt, und die Politik Europas neu gestaltet; aber noch steht der Schleier der Zukunft noch unenthüllt da, und die neue Gestalt hat sich noch nicht befestigt. Ein heftiger, ja der heftigste, der schrecklichste Kampf beginnt jetzt erst zwischen dem neuen Rom und Karthago. Wie er sich endet, welche Resultate erfolgen werden? - das wird die kommende Zeit entscheiden.
Trotz der respektvollen Sprache vor Frankreich und Napoleon war die "Rheinische Bundes-Zeitung" ein loyales Blatt, das dem badischen Großherzog treu ergeben war. Der politische Standort der Zeitung ergab sich schon daraus, daß sie - wie das Journal politique und alle anderen Blätter - "mit allergnädigstem Privilegium" erschien. Die letztendliche Verantwortung für den Inhalt lag damit bei der badischen Regierung. Wenn sie mal wider den Stachel der Fremdherrschaft löckte, so war dies entweder ein Lapsus, der dem Ungeschick des Redakteurs entsprang, oder ein kalkuliertes Risiko, mit dem die badische Diplomatie gewisse Reserven gegenüber der Politik Frankreichs andeuten wollte.
Die "Rheinische Bundes-Zeitung" war wie das Journal politique ein Elite-Blatt. Die Rangordnung der damals in Mannheim erscheinenden Zeitungen ließ sich am Preis des Abonnements ablesen: Das "Journal politique de Mannheim" (7 Ausgaben wöchentlich) kostete jährlich 11 Gulden, die "Rheinische Bundes-Zeitung" (ebenfalls 7 Ausgaben) 9 Gulden 34 Kreuzer. Die "Mannheimer Zeitung" (4 Ausgaben) dürfte bereits erheblich billiger gewesen sein, denn 182I, als sie täglich herauskam, kostete sie nur 7 Gulden. Das "Mannheimer Intelligenzblatt" gar, das zu Zeiten Napoleons zweimal in der Woche herauskam, war mit 1 Gulden 48 Kreuzer das erschwinglichste Blatt. Freilich entbehrte es auch jeder politischen Information. Die Unterrichtung über politische Vorgänge war an das Privileg von Besitz und Bildung geknüpft, über das in Mannheim nur eine Minderheit aus Adel, hoher Beamtenschaft und wohlhabendem Bürgertum verfügte.
Ein unbotmäßiger Artikel über die Schlacht von Eylau, der die Regierung in Paris vergrätzte, führte am 9. Februar 1809 zum Verbot der "Rheinischen Bundes-Zeitung". Die badische Regierung machte sich indessen nur widerwillig zum Vollstrecker der französischen Wünsche: Schon ab 3. März erschien das Blatt unter dem neuen Titel "Rheinische Correspondenz" in ansonsten unveränderter Aufmachung weiter. Der französische Gesandte in Karlsruhe durchschaute dieses Manöver ohne jeden Zweifel. Aber dem Buchstaben war damit Genüge getan.
Am 2I. März 1809 geriet sogar die alte "Mannheimer Zeitung", deren politische Berichterstattung hauptsächlich darin bestand, gekrönten Häuptern Kränze zu flechten, in den Ruch subversiver Nachrichtengebung. Sie übernahm einer Artikel aus der Wiener Hofzeitung, der den spanischen Verteidigern von Saragossa heldenhaften Widerstand bescheinigte. Der französische Gesandte fand dies höchst kränkend für die Waffenehre seines Landes und forderte das Verbot der "Mannheimer Zeitung". Auch diesem Ansinnen konnte sich die badische Regierung erfolgreich widersetzen.
Der 27. Oktober 181O brachte dann das Verbot sämtlicher politischer Zeitungen in Baden durch großherzogliches Dekret. Napoleon hatte diesmal seinen Willen energisch durchgesetzt. Er war es leid, eine Vielzahl von Blättern kontrollieren zu müssen, die immer wieder gegen das Gebot verstießen, Nachrichten über die auswärtige Politik ausschließlich dem regierungsamtlichen Pariser "Moniteur" zu entnehmen. Eine einzige Zeitung, die in Karlsruhe unter den Augen der Regierung redigiert werde, genüge für die Bedürfnisse Badens vollkommen, schrieb Napoleon seinem Karlsruher Gesandten. "Dann werden all die Schmähungen und böswilligen Ausstreuungen, denen die französische Regierung ausgesetzt ist, aufhören." In Darmstadt und entlang der übrigen Grenze solle man genauso verfahren.
Mit einem Schlag verschwanden die "Nouvelles litteraires et politiques", die "Rheinische Correspondenz" und die "Mannheimer Zeitung". In ganz Baden durfte nur die Karlsruher Zeitung weiter erscheinen, die ab 1. Januar 1811 den Titel "Großherzogliche Badische Staatszeitung" erhielt und direkt dem Ministerium des Auswärtigen unterstellt wurde. Die Redaktion der Staatszeitung übernahm Ernst Andreas Lamey, der von 1801 bis 1806 das Journal politique und zuletzt die "Mannheimer Zeitung" geleitet hatte.