Mit gespreizter Würde, betulich, sehr vornehm und höchst gedankenschwer trat am 1. Juli 1847 die "Deutsche Zeitung" ins Leben. Die Attitüde dieses Blattes erinnert etwas an die heutige "Frankfurter Allgemeine". Im Ankündigungsblatt vom 8. Mai stellte sich die "Deutsche Zeitung" als Vermittler vor, als das Blatt für die Gebildeten und Einsichtigen aller Stände: Die "Tollkühnheit der revolutionären Ungeduld" behagte ihr angeblich genauso wenig wie die "Ängstlichkeit der Erhaltungspolitik".
"Die materielle Begründung unserer Zeitung hat die Verlagshandlung Friedrich Bassermann in Mannheim übernommen", hieß es weiter. Gedruckt wurde das Blatt bei Mohr in Heidelberg und dort auch redigiert von dem Historiker Gervinus. Ihm zur Seite standen L. Häusser, G. Höfken, K. Mathy und K. Mittermaier - derselbe Mathy, der im folgenden Jahr den Journalisten Fickler von den "Seeblättern" verhaften ließ, und derselbe Häusser, der im Nachmärz die demokratische Bewegung aus "liberaler" Sicht als ziemlichen Narrenhaufen porträtierte.
Eine nicht minder erlauchte Gesellschaft hatte sich das neue Blatt in Form eines redaktionellen "Ehrenraths" zugelegt, der einmal im Jahr zusammentreten sollte. Neben dem Bankier David Hansemann - dieser hatte schon 1830 in einer Denkschrift an den preußischen König die "niederen Volksklassen" als die "Instrumente einer klügeren Partei" bezeichnet - finden sich da die Namen von Staatsministern, Landräten und einem Schock Professoren. Hinter diesem "Ehrenrath" steckte in jedem Falle Geld.
Die demokratische Presse wußte, was sie von der bourgeoisen Zeitungsgründung zu halten hatte. Die Abendzeitung spottete: "Heute ist der Tag, an dem die Welt die Deutsche Zeitung sah... Geld in Menge, Geist in Fülle, berühmte Männer genug - wer will da noch der Deutschen Zeitung opponieren."
Die Professoren gifteten zurück. Wenn es gegen die Radikalen ging vergaßen sie sogar ihre ganze Betulichkeit: "Gegen Kommunisten, Sozialisten, Republikaner, gegen die Gewalt der blinden Agitation, gegen die geistig unfaßbare Macht einer vielfach verderbten und verderblichen Literatur, haben wir einen Minenkampf voll furchtbarer Gefahren zu kämpfen."
Ab Oktober 1848 wurde die "Deutsche Zeitung" in Frankfurt gedruckt und ging von Bassermann auf die Weidmannsche Buchhandlung in Leipzig über. Sie widmete sich sehr ausführlich den weitschweifigen, politisch wenig effektiven Debatten in der Nationalversammlung. Ihr gravitätisches Gehabe erhielt dabei zunehmend dieselbe Komik wie das Pathos der Paulskirchen-Mehrheit, die einfach nicht zu merken schien, daß der Ast schon abgesägt war, auf dem sie zu sitzen glaubte.
Der preußische Hof-Historiker Treitschke wußte später zu schätzen, daß das Blatt für die "kleindeutsche" nationale Einigung unter Führung Preußens und unter Ausschluß Österreichs eingetreten war. Mit der Herausgabe der "Deutschen Zeitung" habe die Bourgeoisie dem preußischen König einen alten Lieblingsgedanken aus den Händen gerissen, meinte Treitschke sogar. Er verglich die politische Wirkung der Deutschen Zeitung - aus liberaler Sicht ein höchst peinliches Kompliment - mit derjenigen der Kreuzzeitung, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Sprachrohr des preußischen Obrigkeitsstaates fungierte:
"Die Deutsche Zeitung wirkte - so erfolgreich, wie späterhin nur noch die Kreuzzeitung - für die Durchbildung einer ganz bestimmten Parteigesinnung, aber freilich nur in einem engen Kreise. Fast alle die wackeren Gelehrten, welche nachher im Frankfurter Parlamente den Ausschlag gaben, die Anhänger der konstitutionellen Monarchie und der preußischen Hegemonie, verdankten den Artikeln dieses Blattes einen Teil ihrer politischen Bildung."