September 1999 |
990904 |
ENERGIE-CHRONIK |
Den Stadtwerken soll bei der umweltfreundlichen Erzeugung von Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und erneuerbaren Energien geholfen werden, ohne dass es deshalb zu Einschränkungen des Wettbewerbs kommt. Darauf einigten sich Bundesregierung und Gewerkschaften bei einem Spitzengespräch, das am 29.9. beim Chef des Bundeskanzleramts in Berlin, Frank Walter Steinmeier, stattfand. Weitere Teilnehmer waren Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos), die SPD-Bundestagsabgeordneten Ernst Schwanhold, Michael Müller und Volker Jung, die grüne Bundestagsabgeordnete Michaele Hustedt sowie die Gewerkschaftsvorsitzenden Herbert Mai (Gewerkschaft ÖTV) und Hubertus Schmoldt (IG Bergbau, Chemie und Energie).
Bundeswirtschaftsminister Müller will bis Ende Oktober einen konkreten Vorschlag zu Hilfen für die Stadtwerke machen, wobei drei Modelle zur Debatte stehen: Direkte Investitionshilfen zur Erhöhung der Rentabilität von KWK-Anlagen, eine quotierte Abnahmegarantie für Strom aus KWK-Anlagen und ein Bonussystem für die Netzeinspeisung solchen Stroms. Müller soll weiterhin Vorschläge zur Sicherung der Stromerzeugung aus ostdeutscher Braunkohle und zur Novellierung des Stromeinspeisungsgesetzes vorlegen (FR, 30.9.; FAZ, 30.9.).
Bereits am 16.9. hatte sich Müller gegenüber dem Handelsblatt dafür ausgesprochen, den möglicherweise nicht wettbewerbsfähigen KWK-Anlagen auf Steinkohlebasis direkte Hilfen zu geben, um sie technisch so umzurüsten, dass sie günstiger produzieren können. Letzten Endes seien aber nur rund ein Dutzend kommunaler Unternehmen betroffen, meinte Müller. Generell hätten von den 550 deutschen Stadtwerken nur fünfzig Unternehmen eine Eigenstromerzeugung und würden so im direkten Wettbewerb stehen. Bei der Hälfte dieser fünfzig Unternehmen betrage zudem die Eigenstromerzeugung weniger als fünfzig Prozent der Stromabgabe, sodass sie dem Preisdruck durch Hinzukauf billigeren Fremdstroms weitgehend ausweichen könnten.
Für Verwirrung sorgten zuvor Berichte,
wonach Müller es ins Ermessen der Kommunen stellen wolle,
Haushalte und kleinere Gewerbekunden vom Wettbewerb auszuschließen.
"Lasst ja den Stecker drin!", titelte daraufhin die
Bild-Zeitung (15.9.). Das Blatt warf Müller vor, er und Teile
der SPD-Fraktion wollten "uns den Billig-Strom wieder wegnehmen"
. Andere Zeitungen werteten den Vorschlag dagegen eher als taktischen
Schachzug, mit dem Müller die in der SPD-Fraktion kursierenden
Vorstellungen zur Einschränkung des Wettbewerbs ad absurdum
führen wollte. In der Tat lehnte sogar der Verband kommunaler
Unternehmen (VKU) eine solche Hilfe für die Kommunen ab,
da sie auf "Verweigerung des Wettbewerbs" hinauslaufe.
Der Bundeswirtschaftsminister liege freilich richtig, wenn er
die fairen Chancen für die Stadtwerke im Stromwettbewerb
nicht für gegeben halte, stellte VKU-Präsident Gerhard
Widder fest.