April 1998

980404

ENERGIE-CHRONIK


Verbändevereinbarung zur Durchleitung jetzt unter Dach und Fach

Stromversorger und Industrie haben am 2.4. ihre Grundsätze zur Stromdurchleitung, auf die sie sich bereits im August vorigen Jahres grundsätzlich einigten (siehe 970801), so präzisiert, daß sie als verbindliche Berechnungsgrundlage für die Durchleitungsentgelte dienen können. Die förmliche Unterzeichnung der Verbändevereinbarung zwischen der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW), dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und dem Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) wird nach endgültiger Zustimmung der Verbandsgremien und Überprüfung durch das Bundeskartellamt erfolgen. Mit Blick auf das neue Energierecht, das am 29.4. in Kraft trat, empfehlen die Verbände, bereits jetzt nach den vereinbarten Grundsätzen zu verfahren.

Entfernungs-Zuschlag nur im Verbundnetz bei Transportstrecken über 100 Kilometer

Die freiwillige Verbändevereinbarung enthebt die Bundesregierung der Notwendigkeit, eine Rechtsverordnung zur Durchleitungsregelung zu erlassen, wie sie das neue Energierecht vorsieht, falls es zu keiner freiwilligen Vereinbarung der Beteiligten kommt (971101). Sie enthält keine festen Preise, sondern regelt das Verfahren zur Berechnung der Entgelte für die Stromdurchleitung. Als Kalkulationsgrundlage dient dabei die Methode, die die Stromversorger bereits jetzt im Rahmen ihrer Strompreisgenehmigungsverfahren gegenüber den Aufsichtsbehörden anwenden. Grundsätzlich sind die Entgelte auf allen Spannungsebenen nicht entfernungsabhängig, sondern unterliegen einem sogenannten "Briefmarken-Tarif". Lediglich in der Höchstspannungsebene des Verbundnetzes (380/220 kV) wird bei Durchleitungen über mehr als 100 Kilometer ein entfernungsabhängiger Anteil von 0,125 DM pro Kilowatt, Kilometer und Jahr berücksichtigt. Dies ist der einzige Preisbestandteil, dessen Höhe in der Verbändevereinbarung festgelegt wird. Die entfernungsabhängige Komponente des Durchleitungsentgelts soll als Anreiz dienen, den Strom möglichst verbrauchsnah zu erzeugen. Im Verhältnis zum gesamten Durchleitungsentgelt bleibt sie aber gering, so daß der Stromkunde in der Lage sein wird, auch über das Höchstspannungsnetz eine Vielzahl von Lieferangeboten konkurrierender Stromversorger zu beziehen.

Vereinbarung bis September 1999 befristet

Die Verbändevereinbarung hat zunächst eine Laufzeit bis zum 30. 9. 1999 und soll dann unter Berücksichtigung der bis dahin gesammelten Erfahrungen durch eine Anschlußregelung ersetzt werden. Die Energierechtsnovelle sieht vor, daß erstmals im Jahr 2000 "Richtwerte zur Spanne der Durchleitungsentgelte" veröffentlicht werden müssen. Laut Verbändevereinbarung werden die Netzbetreiber über diese Forderung hinausgehen, indem sie "die zur Ermittlung der Durchleitungsentgelte erforderlichen Bestimmungen, Größen und Preise in geeigneter Form bekanntgeben".

Netzkosten sind bei Haushaltskunden höher

Die Durchleitungsentgelte bewirken keine Erhöhung des Strompreises, da die Netzkosten schon immer Bestandteil des Strompreises sind, auch wenn sie nicht als solche separat ausgewiesen werden. Bei Haushaltskunden werden die Netz- bzw. Durchleitungskosten wie bisher rund ein Drittel des Strompreises ausmachen. Bei Industriekunden werden sie im Mittel nur zehn Prozent betragen, weil hier der Strom über das Hochspannungsnetz geliefert wird und somit die Kosten für das teurere Nieder- oder Mittelspannungsnetz entfallen. Zum Beispiel wird ein solcher Industriekunde bei einer Lieferung über einen Zeitraum von 6000 Stunden jährlich und eine Entfernung von 100 Kilometer mit einem Durchleitungsentgelt von rund 0,8 Pf/kWh rechnen können. Erhöht sich der Zeitraum auf 8000 Stunden jährlich und die Entfernung auf 300 Kilometer, hätte er im Mittel mit 1,0 Pf/kWh zu rechnen.

Die aktuelle Fassung des Entwurfs der Vereinbarung wurde von den Verbänden ihren Mitgliedern übermittelt. Weitere Exemplare können bei der Verlags- und Wirtschaftsgesellschaft der Elektrizitätswerke mbH (VWEW) bezogen werden (Tel. 069/6304-325; Fax 069/6304-359).