November 1996

961109

ENERGIE-CHRONIK


Weitere Finanzbeihilfen für die Steinkohle gegen Zugeständnisse bei Endlagerung?

Die Bonner Koalitionsparteien wollen die Finanzbeihilfen für die deutsche Steinkohle, die zur Zeit rund zehn Milliarden Mark pro Jahr betragen, bis zum Jahr 2005 auf etwa zwei Milliarden Mark zusammenstreichen. Betroffen wären die SPD-regierten Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Saarland. Bundeskanzler Kohl hat der SPD angeboten, die Entscheidung über die Höhe der Finanzbeihilfen mit anderen energiepolitischen Fragen zu verknüpfen, vor allem mit der Endlagerung nuklearer Abfälle. Der SPD-Vorsitzende und saarländische Ministerpräsident Oskar Lafontaine erklärte daraufhin am 18.11. die Bereitschaft seiner Partei, "zu einer gemeinsamen Energiepolitik und zu einer gemeinsamen Kohlepolitik" zu kommen. Die SPD wolle aber weiterhin "keine neue Reaktorlinie". Diese Äußerung wurde vielfach so interpretiert, daß Lafontaine und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Rau bereit sein könnten, sich auch gegen den Willen des niedersächsischen Ministerpräsidenten Schröder mit der Bundesregierung über die Entsorgungsfrage zu verständigen. Der Vorstandssprecher der Bündnisgrünen, Jürgen Trittin, befürchtete einen "Atom-Kohle-Deal der Großen Koalition gegen die Umwelt", bei dem die Sozialdemokraten für ihre "Willfährigkeit bei der Endlagerung von Atommüll" mit weiteren Steinkohle-Subventionen in Nordrhein-Westfalen und dem Saarland belohnt würden (FAZ, 19.11.; Berliner Zeitung, 19.11.).

Auch die Hannoversche Allgemeine (18.11.) sah die Gefahr, daß Niedersachsen übergangen werden könnte: "Offenbar plant Kohl einen Vertrag zu Lasten Dritter: Bonn und Düsseldorf sind sich einig, daß Hannover den Atommüll schlucken muß. So geht es nun auch wieder nicht. Niedersachsen muß mit am Tisch sitzen."