Februar 1996 |
960216 |
ENERGIE-CHRONIK |
Zwischen Krebserkrankungen bei
Kindern und den Magnetfeldern von Anlagen der Stromversorgung
läßt sich kein statistisch signifikanter Zusammenhang
herstellen. Dies ergab eine epidemiologische Untersuchung in insgesamt
770 Wohnungen, die ein Team um den Mainzer Mediziner Prof. Jörg
Michaelis in Niedersachsen durchführte. Die Studie wurde
vom "Forschungsverbund Elektromagnetische Verträglichkeit
biologischer Systeme" am 8.2. auf einer Pressekonferenz in
Braunschweig vorgestellt. Es handelte sich um die erste epidemiologische
Untersuchung dieser Art in Deutschland. Dabei wurden die Feldstärken
durch ein räumlich wie zeitlich ausgedehntes Meßverfahren
mit einer Genauigkeit ermittelt, die fast alle anderen bisher
vorliegenden Studien zu diesem Thema vermissen lassen. Um eine
mögliche statistische Korrelation zwischen Krebserkrankungen
bei Kindern und erhöhten Feldstärken herauszufinden,
wurde in Anlehnung an ausländische Studien eine Schwelle
von 0,2 Mikrotesla gewählt. Dieser Wert wurde aber nur bei
insgesamt acht Wohnungen überschritten. Der Mittelwert der
gemessenen Feldstärken lag nur bei 0,025 Mikrotesla. Bei
den Langzeitmessungen ergab sich, daß in den acht Wohnungen
mit erhöhten Magnetfeldstärken etwas häufiger krebserkrankte
Kinder lebten, während bei den Kurzzeitmessungen das Ergebnis
umgekehrt ausfiel. In beiden Fällen kann das Ergebnis wegen
der minimalen Fallzahlen statistisch keine Aussagekraft beanspruchen.
Die höchsten Magnetfeldstärken wurden in Wohnungen der
Kontrollgruppe mit nichterkrankten Kindern gemessen. Dennoch wertete
Prof. Michaelis das Ergebnis der Langzeit-Messungen als eine gewisse
Bestätigung anderer epidemiologischer Studien, die Hinweise
auf ein Gesundheitsrisiko gefunden haben wollen. Dieses Gesundheitsrisiko
sei sicher gering, rechtfertige aber weitere Forschungen dieser
Art. Michaelis denkt z.B. an eine bundesweite Studie auf der Grundlage
des von ihm begründeten Deutschen Kinderkrebsregisters. Im
Gegensatz dazu sprach sich der Leiter des Instituts für Hochspannungstechnik
an der TU Braunschweig, Prof. Hermann C. Kärner, auf der
Pressekonferenz gegen weitere epidemiologische Untersuchungen
zu diesem Thema aus. Kärner machte geltend, daß die
in der Praxis verfügbaren Fallzahlen viel zu gering seien
und die Komplexität des Untersuchungsgegenstandes Mensch
viel zu groß sei, um mit statistischen Methoden sinnvolle
Ergebnisse erzielen zu können (DPA, 9.2.; FAZ, 9.2.; FR,
10.2.; StromTHEMEN 3/96).
In der Berichterstattung der Presse überwog der Tenor, daß
gewisse Verdachtsmomente nicht ausgeräumt werden könnten,
daß aber das verbleibende Risiko gering sei. Die Frankfurter
Allgemeine (9.2.) überschrieb ihren Bericht mit "Der
Elektrosmog bleibt weiter verdächtig", die Frankfurter
Rundschau (10.2.) mit "Kein Freispruch für Elektrosmog",
die Süddeutsche Zeitung (9.2.) mit "Kaum Belastung durch
Elektrosmog" und der Tagesspiegel (19.2.) mit "Viel
Nebel um Elektrosmog".