Oktober 1995 |
951012 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die bulgarische Regierung hat am 7.10. den ersten Block des Kernkraftwerks Kosloduj erneut zur Deckung der winterlichen Bedarfspitze in Betrieb gehen lassen. Sie ignorierte damit den Einspruch der Bundesregierung, Frankreichs, der EU-Kommission und der sieben führenden Industriestaaten. Das Kernkraftwerk Kosloduj deckt rund 40 Prozent des bulgarischen Strombedarfs. Es hat insgesamt sechs Blöcke, die alle als sicherheitstechnisch bedenklich gelten und nach Auffassung der Internationalen Atomenergie-Organsiation (IAEO) stillgelegt werden müßten (siehe 910701). Auch die inzwischen erfolgte Nachrüstung mit westlicher Technik konnte grundsätzliche Sicherheitsmängel und Schwächen nicht beseitigen. Dies gilt besonders für die vier Druckwasserreaktoren vom Typ WWER 230, zu denen Block 1 gehört. Westliche Experten hatten deshalb schon im Dezember 1994 davor gewarnt, den Block ein weiteres Mal zur Deckung der winterlichen Bedarfsspitze einzusetzen. Die Hauptgefahr droht ihrer Ansicht nach von der Versprödung des Reaktordruckbehälters in Verbindung mit dem Fehlen eines Sicherheitsbehälters und der unzureichenden Möglichkeit einer Notkühlung (SZ, 9.10.; Welt, 24.10.).
Die Süddeutsche Zeitung (12.10.) bemerkte dazu: "Vielleicht wird die europäische Kommission die Bulgaren mit Hilfe von Geld überzeugen, den Block doch wieder vom Netz zu nehmen. Vermutlich aber wird vor dem nächsten Winter, wenn der Strombedarf wieder ansteigt, dasselbe Schauspiel von vorne beginnen."