Januar 1995 |
950117 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Errichtung von Windkraftanlagen stößt in der Bevölkerung - besonders in Ostfriesland - auf immer stärkeren Widerstand und entzweit auch die Umweltschutz-Bewegung. In einem Interview mit dem FAZ-Magazin (21.1.) verwies der Landrat des Kreises Ostfriesland, Olaf Bastian, auf nachteilige Folgen des gegenwärtigen Windkraft-Booms: Die Windkonverter würden wegen ihrer Geräusche, optischen Effekte und Beeinträchtigung der Landschaft zunehmend als störend empfunden. Sie gefährdeten den Fremdenverkehr und verletzten das Heimatgefühl der Bewohner. "Die Einspeisevergütung ist der Motor der ganzen Entwicklung", bemerkte der Landrat, "am Ende bezahlt jeder Verbraucher die Zeche mit einer höheren Stromrechnung und subventioniert damit die Windmüller." Man habe sich Illusionen über den Beitrag der Windkraftanlagen zur Deckung des Strombedarfs gemacht. Zugleich sei der Flächenverbrauch derAnlagen erheblich unterschätzt worden (siehe auch 940917 u. 940315).
Wie die tageszeitung (29.12.) berichtet, fühlen sich inzwischen große Teile der Umweltschutzbewegung angesichts des Windkraft-Booms "als Zauberlehrlinge, die die Geister nicht mehr loswerden, die sie einst so vehement gerufen haben". Das Blatt zitiert Heidger Brand vom BUND Schleswig-Holstein mit den Worten: "Nur weil Windkraftanlagen CO2 vermeiden, kann dies doch nicht bedeuten, daß Windkraftanlagen überall dort gebaut werden, wo sie beantragt werden." Die Umweltfreundlichkeit von Windkraftanlagen dient nach Ansicht des BUND-Vertreters inzwischen "als Totschlaginstrument", um den Vogelschutz und andere Anliegen der Naturschützer wirtschaftlichen Interessen opfern zu können.
Die Süddeutsche Zeitung (5.1.) bedauert den Zwist innerhalb der Umweltschutzbewegung wegen der Windkraftanlagen und rät den Naturschützern zu einer differenzierteren Argumentation. Andernfalls würden sie "den Strommonopolisten in die Hände arbeiten", die kein Interesse daran hätten, daß sich Wind- oder Wasserkraft als wirkliche Alternative durchsetzen. "Umwelt- und Naturschutz werden in Zeiten der Wirtschaftskrise ohnehin immer stärker an den Rand gedrückt. Das Letzte, was Natur und Umwelt jetzt brauchen können, sind unendliche Kleinkriege, mit denen sich Umwelt- und Naturschützer gegenseitig ihre geistigen Energien rauben."