Oktober 1994 |
941010 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der schleswig-holsteinische Energieminister Claus Möller (SPD) genehmigte am 7.10. die Wiederinbetriebnahme des Kernkraftwerks Krümmel an der Elbe. Das Kernkraftwerk befand sich seit August 1993 in der Revision, nachdem 67 Risse in Schweißnähten von Rohrleitungen entdeckt worden waren. Die Reparatur der Schäden hatte sich wegen eines längeren Streits über die Ursache der Risse verzögert. Hinzu kam der Vorwurf, das Kernkraftwerk habe durch den unkontrollierten Austritt von Radioaktivität eine ungewöhnliche Häufung von Leukämie-Fällen in der Umgebung verursacht. Wie Möller mitteilte, ergab auch ein Gutachten des Darmstädter Öko-Instituts keinerlei Hinweise, daß diese These stichhaltig sein könnte (Welt, 7.10.; Handelsblatt, 10.10.; siehe auch 940709).
Dennoch war die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks von Protesten begleitet. Sechs Mitglieder der vom Land Schleswig-Holstein berufenen Leukämie-Kommission warnten in einem offenen Brief an die Kieler Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) vor einem Weiterbetrieb. Mehrere Bürgerinitiativen und die Umweltorganisation Robin Wood demonstrierten am 13.10. vor dem Kernkraftwerk und blockierten die Zufahrt mit zehn Tonnen Schrott (FR, 11.10.; Welt, 14.10.).
Wie das Handelsblatt (11.10.) dazu anmerkt,
hat der Kieler Energieminister Möller die Genehmigung zur
Wiederinbetriebnahme des Kernkraftwerks Krümmel nur widerwillig
erteilt, da er keine rechtliche Handhabe zur Verlängerung
des Stillstands besaß und Schadenersatzklagen in Millionenhöhe
befürchten mußte: "Daher können die Betreiber
von Krümmel auch nur verhalten aufatmen; in Kiel warten nämlich
die Genehmigungsbehörden auf weitere Anlässe, um mit
neuen Nadelstichen die nukleare Stromerzeugung durch Stillstände
und Nachrüstungen zu verteuern und damit unattraktiv werden
zu lassen."