Juli 1994

940710

ENERGIE-CHRONIK


Kieler Spitzenbeamter nach Bewerbung um HEW-Vorstandsvorsitz suspendiert

Der schleswig-holsteinische Energieminister Claus Möller (SPD) hat seinen Abteilungsleiter für Reaktorsicherheit, Gustav Sauer, vom Dienst suspendiert, weil dieser sich um den Posten des Vorstandsvorsitzenden der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) beworben hatte. Sauer galt bisher als einer der Hauptakteure der Kieler Landesregierung in der Auseinandersetzung mit den HEW um die Kernkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel. Er hatte sich am 30. 5. überraschend mit einem 40seitigen Schreiben um den HEW-Vorsitz beworben, der durch den Rücktritt von Roland Farnung im Zusammenhang mit dem Konflikt um die beiden Kernkraftwerke frei geworden ist. Sauer hatte bereits ein Vorstellungsgespräch mit dem Hamburger Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) hinter sich, als Möller am 1. 7. von der Bewerbung erfuhr. Nach Vorhaltungen Möllers zog er seine Bewerbung am 7.7. wieder zurück, wurde dann aber am 18.7. trotzdem seines Amtes enthoben, da Möller die bevorstehenden gerichtlichen Auseinandersetzungen mit den HEW um die beiden Kernkraftwerke durch die Verhaltensweise des Ministerialbeamten belastet sieht. Zuvor hatte Senator Vahrenholt Sauer namens der HEW mitgeteilt, daß seine Bewerbung abgelehnt worden sei (Hamburger Abendblatt, 19.7.; Lübecker Nachrichten, 19.7.; Welt, 21.7.; Focus, 25.7.; siehe auch 940507 u. 940609).

"Ein Stück aus dem Tollhaus"

Die Welt (19.7. u. 20.7.) bezeichnete die Bewerbung Sauers als "ein Stück aus dem Tollhaus". Nun endlich wisse man, "bei wem in dieser Auseinandersetzung die Sicherungen durchbrennen". Für Focus (25.7.) muß Sauer "mit dem Verdacht leben, sein Wissen zu Geld machen zu wollen. Immerhin hätte er sein B-5-Jahresgehalt von 140 000 Mark im HEW-Vorstand vervierfachen können."

Für Die Zeit (22.7.) hat Sauer entscheidende Fehler gemacht, als er sich reale Chancen bei den HEW ausrechnete und seinen Minister nicht von dem geplanten Wechsel unterrichtete. "Wollte Möller bei künftigen Rechtsstreitigkeiten nun nicht Gefahr laufen, zu unterliegen, mußte Sauer von seinen Reaktoraufgaben entbunden werden. Immerhin will HEW die Kieler auf Schadenersatz verklagen. Fürs erste ist die Branche jetzt einen unbequemen Prüfer losgeworden. Kein Wunder, daß manche meinen, da sei dem Sauer eine ganz geschickte Falle gestellt worden."