Januar 1994 |
940103 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Land Brandenburg erhebt Ansprüche auf Anteile am ostdeutschen Verbundunternehmen VEAG. Vor dem Hintergrund der derzeit laufenden Privatisierung der ostdeutschen Stromversorger hat Finanzminister Klaus-Dieter Kühbacher (SPD) am 17.1. einen Brief an den Treuhand-Vorstand Klaus Schucht gerichtet. Darin verlangt er, die Ansprüche des Landes bei der Privatisierung der VEAG zu berücksichtigen. Es müsse verdeutlicht und sichergestellt werden, daß die Ansprüche Brandenburgs auch gegenüber den neuen Mehrheitsgesellschaftern PreussenElektra, Bayernwerk und RWE Energie bestehen.
Zuvor hatte die Koalitionsfraktion Bündnis 90 den Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) persönlich aufgefordert, die Ansprüche des Landes bei der Treuhand anzumelden. Wenn die Regierung dies nicht tue, verletze sie ihre Pflicht, erklärte der Bündnis-Fraktionsvorsitzende Günter Nooke. Bisher hätten Stolpe und Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) trotz "dringenden Handlungsbedarfs" nur Absichtserklärungen abgegeben.
Laut einem Gutachten, das der Tübinger Staats- und Verwaltungsrechtler Günter Püttner im Auftrag der Koalitionsfraktion Bündnis 90 erstellte, stehen dem Land Brandenburg umfassende Eigentümerrechte an der früheren "Brandenburgisch-Mecklenburgischen Elektrizitätswerke AG" (BMEW) zu, deren Netze und Anlagen sich heute teilweise im Besitz der VEAG befinden. Der Bündnis-Fraktionschef Nooke folgert aus dem Gutachten, daß das Land heute zwischen fünf und 30 Prozent der Stromerzeugungsanlagen, Verteilungsnetze und Grundstücke der VEAG beanspruchen könne (ADN, 18.1.; Berliner Zeitung, 14.1.; Handelsblatt, 24.1.).
Nach Meinung des Handelsblatts (24.1.) schwebt damit "nach wie vor ein Damoklesschwert" über der Privatisierung der ostdeutschen Stromversorgung durch die Treuhand. Die Rückgabeansprüche blieben für die neuen Länder "ein Faustpfand, um Beteiligungspakete am Ende möglichst zum Nulltarif zugestanden zu bekommen".