September 1992 |
920909 |
ENERGIE-CHRONIK |
Mit einem Festakt in Vitzeroda bei Eisenach haben am 17.9. die Ruhrgas AG und ihre beiden ostdeutschen Töchter EVG und VNG die erste große Verbindung zwischen den Erdgasleitungen West- und Ostdeutschlands offiziell in Betrieb genommen. Das jetzt in Betrieb genommene Verbindungsstück vom hessischen Lauterbach nach Vitzeroda ist 70 Kilometer lang, hat einen Durchmesser von einem Meter und kostete 180 Millionen DM. Es beendet die bisherige einseitige Abhängigkeit der ostdeutschen Erdgasversorgung von russischen Quellen. Zugleich gewinnt die Ruhrgas-Tochter VNG bei den Lieferkonditionen für das russische Erdgas mehr Spielraum gegenüber der BASF-Tochter Wintershall, die sich mit der russischen Firma Gazprom zusammengetan hat (Welt, 19.9.; siehe auch 920218).
Fast parallel zur neuen Verbundleitung der Ruhrgas-Gruppe durch Thüringen und Sachsen treibt unterdessen die Wintershall AG ihre Erdgas-Pipeline "Stegal" voran. Zusammen mit der ebenfalls im Bau befindlichen Pipeline "Midal" von Emden nach Ludwigshafen soll sie ab Herbst 1993 die ostdeutschen Länder mit Erdgas aus russischen wie aus westlichen Quellen versorgen. Der Bau beider Leitungen kostet 4,6 Milliarden DM. Das Midal/Stegal-Netz kann seine volle Kapazität von ca. 15 Milliarden Kubikmeter jährlich nur entfalten, wenn von beiden Seiten eingespeist wird (Handelsblatt, 22.9.).
Die Wintershall-Gruppe hat der von Ruhrgas beherrschten VNG ein bis 21.10. befristetes Angebot zum Bezug von drei Milliarden Kubikmeter Erdgas auf Dauer von zwanzig Jahren unterbreitet. Wintershall-Chef Herbert Detharding bezeichnete die Offerte als so günstig, daß der VNG unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten keine andere Wahl bleibe, als sie anzunehmen. Falls die Ruhrgas der VNG dies untersagen sollte, bevor die neuen Ruhrgas-Preise bekannt seien, wolle die BASF als Minderheits-Aktionär der VNG dagegen Front machen (Welt, 22.9.; FAZ, 22.9.).
Die Welt (23.9.) faßte den "Streit ums Erdgas" in folgenden Worten zusammen: "Die Vereinigung hat die Strukturen auf dem festgefügten deutschen Erdgas-Markt aufgebrochen. Mit der Wintershall ist ein neuer, aggressiver Anbieter auf den Markt gekommen. Allerdings fehlt der BASF-Tochter noch die vertragliche Absicherung ihres Absatzes in den neuen Ländern."