April 1992

920418

ENERGIE-CHRONIK


Nutzbarmachung der Wasserkraft stößt international auf Widerstände

Auch gegen die Wasserkraft als die bedeutendste aller regenerativen Energien werden zunehmend ökologische und landschaftsschützerische Bedenken laut. So geriet in Heidelberg der Plan der Neckar AG zur Nutzung der Neckarstaustufe am Karlstor zum Gegenstand heftiger Debatten. Obwohl das neue Wasserkraftwerk weitgehend im Flußbett versenkt werden und deshalb fast unsichtbar bleiben soll, befürchten viele Kritiker eine Beeinträchtigung des Stadtbildes und der Kulisse des Heidelberger Schlosses (Stuttgarter Zeitung, 11.4.).

In der Schweiz, die ihren Strom zu 57 Prozent aus Wasserkraft erzeugt, befürchtet die Elektrizitätswirtschaft erhebliche Einbußen bis zu 44 Prozent des "weißen Stroms" infolge von zwei Gewässerschutzvorlagen, über die am 17. Mai in einer Volksabstimmung entschieden wird (Neue Zürcher Zeitung, 11.4.).

Die Absicht der slowakischen Regierung, das seit vierzehn Jahren in Bau befindliche Donau-Wasserkraftwerk Gabcikovo bei Bratislava in Betrieb zu nehmen, hat den Konflikt zwischen Budapest und Prag verstärkt. Ungarn hatte sich 1989 nach massiven Protesten von Umweltschützern entschlossen, aus dem ursprünglichen Gemeinschaftsprojekt auszusteigen. Ungarische Umweltschützer haben zum Boykott österreichischer Waren aufgerufen, weil Österreich der slowakischen Regierung Finanzhilfe zur Vollendung des Bauwerks gewährte (SZ, 25.4.).

In Indien regt sich Widerstand gegen das Narmada-Staudammprojekt, das der Stromproduktion und Bewässerung dienen soll und von der Weltbank unterstützt wird. Laut Spiegel (27.4.) ist das Dorf Manibeli, das als erstes von rund 500 Dörfern den Staudämmen weichen soll, "zum Symbol massenhaften Widerstandes gegen das Mega-Projekt geworden".

Auch gegen den Riesen-Staudamm am Jangtsekiang, von dem sich China eine Bändigung der Wassermassen und 19000 MW Strom verspricht, gibt es erhebliche Bedenken. Experten halten das Projekt für zu teuer, ökologisch anfechtbar und vom Nutzen her für fraglich. Protest ist hier allerdings nur aus dem Ausland zu vernehmen, da in China selbst alle Einsprüche unterdrückt werden (Welt, 10.4.).

In Kanada haben sich Cree-Indianer mit Umweltschutzorganisationen verbündet, um durch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit in Amerika und Europa die Errichtung eines Wasserkraftwerks mit 3100 MW am Großen Walfischfluß und einer später ins Auge gefaßten Anlage mit 8000 ME am Südzipfel der James Bay zu verhindern (FAZ, 21. 4.).