Januar 1992 |
920116 |
ENERGIE-CHRONIK |
Bei der Bewältigung der Katastrophe von Tschernobyl im April 1986 sind von den sowjetischen Behörden vermeidbare Fehler gemacht worden, die etwa einer Million Menschen das Leben gekostet haben oder noch kosten werden. Diese Ansicht vertrat der ukrainische Atomphysiker Wladimir Tschernosenko im Spiegel, der am 27.1. eine entsprechende Titelgeschichte veröffentlichte. Tschernosenko hatte seinerzeit den Auftrag, die Aufräumungsarbeiten und den Bau des "Sarkophags" um den zerstörten Reaktor zu beaufsichtigen. Der Wissenschaftler rechnet auch mit genetischen Schäden bei den Nachkommen der Menschen, die in unverantwortlicher Weise in der radioaktiv verseuchten Zone zu Aufräumungsarbeiten eingesetzt worden seien. Die Öffentlichkeit sei hinsichtlich der Schwere dieser Katastrophe gleich dreifach irregeführt worden: Einmal durch die sowjetische "Atom-Mafia", welche die Regierung unvollständig unterrichtet habe; dann durch die Regierung, die ihrerseits Daten geschönt und manipuliert habe; und schließlich auch durch die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO), die darauf verzichtet habe, die sowjetischen Angaben nachzuprüfen.