Juli 1991 |
910711 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Hanauer Landgericht hat am 8. 7. Peter Vygen, ehemals Geschäftsführer der Firma Transnuklear, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß Vygen insgesamt 1,7 Mio. DM Firmengelder veruntreut hat. Das Geld sei zur Schaffung schwarzer Kassen verwendet worden, aus denen Schmiergelder zur Auftragsakquisition an Mitarbeiter deutscher Kernkraftwerke flossen. Vygen hatte die Vorwürfe lange bestritten, dann aber unter dem Druck von Aussagen ehemaliger Mitarbeiter ein Teilgeständnis abgelegt. Er hofft nun auf Revision des Urteils beim Bundesgerichtshof, weil - so sein Anwalt - die Bereithaltung von Schmiergeld für Bestechungszwecke nicht strafbar sein könne, wenn Bestechung in der Privatwirtschaft nicht strafbar sei (FAZ, 9.7.; FR, 18.7.; siehe auch 910607).
Das Urteil wird in den Medien übereinstimmend als unbefriedigend kritisiert, weil der eigentliche Skandal strafrechtlich nicht zu fassen gewesen sei. Wie das Handelsblatt (9.7.) feststellt, gehören dazu "die Falschdeklaration von Atommüllfässern, Scheinrückfuhren und Scheinlieferungen von Atommüll, die Füllung von Atomfässern mit undefinierbarem Inhalt, die Versenkung strahlenden Mülls im Meer, der Schwindel mit Entsorgungs- und Konditionierungspraktiken, die es gar nicht gibt oder die am Ort nicht durchgeführt werden können usw.". Der Mannheimer Morgen (9.7.) konstatiert eine "Gesetzeslücke". Für die Stuttgarter Zeitung (9.7.) entbehrt es "nicht ganz der Komik, daß juristisch als Veruntreuung von Firmengeldern gewertet wird, was zum Schaden der Allgemeinheit, als 'ungewöhnliche Akquisitionsmaßnahme' aber zum Nutzen der Firma war". Ferner wird kritisiert, daß längst nicht alle Hintergründe des Transnuklear-Skandals aufgehellt worden seien.