Dezember 2024

241206

ENERGIE-CHRONIK


"Sichere Stromversorgung ist auch ohne Grundlastkraftwerke möglich"

Mit dem vielgebrauchten und häufig falsch verstandenen Begriff "Grundlastkraftwerke" befasst sich eine Studie, die am 3. Dezember gemeinsam von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech), der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften veröffentlicht wurde (PDF). Die Autoren des Akademieprojekts "Energiesysteme der Zukunft" (ESYS) gelangen darin zu dem Ergebnis, dass eine sichere Stromversorgung allein schon "durch das Zusammenspiel von Solar- und Windenergie mit Speichern, einem flexiblen Stromverbrauch und Residuallastkraftwerken" gewährleistet werden kann. Die Einbeziehung von Grundlastkraftwerken mit einer annähernd konstanten Stromerzeugung in ein solches System sei zwar möglich, aber nicht erforderlich. Um wirtschaftlich sinnvoll zu sein, bedürfe es ferner der Wettbewerbsfähigkeit von Grundlastkraftwerken.

Grundlastkraftwerke müssen fast durchgehend in Betrieb sein

"Der Begriff 'Grundlastkraftwerke' ist ein wenig irreführend", heißt es in der Studie, "denn Grundlast impliziert nicht die Erzeugung, sondern die Nachfrage nach Strom: Grundlast bezeichnet die Höhe der Last, die durchgehend mindestens zu decken ist. Mittellast nennt man die Last, die tagsüber zwischen 8 und 20 Uhr mindestens anfällt. Hinzu kommt die Spitzenlast, die nur in einzelnen Stunden zusätzlich auftritt."

Die Autoren unterscheiden ferner zwischen Grundlastkraftwerken und grundlastfähigen Kraftwerken: "Ein Grundlastkraftwerk muss aufgrund seiner hohen Investitionskosten fast durchgehend in Betrieb sein, um sich rentieren zu können. Typische Grundlasttechnologien sind aktuell Kernkraftwerke und Braunkohlekraftwerke."

"Grundlastfähig" sind auch Gas- oder Biomasse-Kraftwerke

Davon begrifflich zu unterscheiden und klar abzugrenzen sei die Grundlastfähigkeit eines Kraftwerks: "Diese ist gegeben, wenn das Kraftwerk unabhängig von äußeren Umständen (Wetter etc.) jederzeit mit Nennlast produktionsbereit ist. Alle brennstoffbetriebenen Kraftwerke (zum Beispiel auf der Basis von Kohle, Erdgas, Öl, Wasserstoff oder Biomasse), geothermische Kraftwerke und in gewissen Grenzen auch Lauf- und Speicherwasserkraftwerke fallen unter diese Definition."

Residuallastkraftwerke ermöglichen eine auf Wind und Sonne gestützte Stromversorgung

Nicht grundlastfähig, das heißt nicht immer verfügbar, sind vor allem Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Um die Last stets zuverlässig decken zu können, benötigt ein Stromsystem, das vor allem auf Sonne und Wind als Energiequellen setzt, daher zusätzlich gut regelbare Kraftwerke und/oder Stromspeicher. Diese können die sogenannte Residuallast decken, wie die Differenz zwischen Erzeugung und Nachfrage bezeichnet wird. Man spricht deshalb auch von Residuallastkraftwerken. Diese sind zwar ebenfalls kontinuierlich verfügbar, laufen aber nur selten, etwa wenn Solar- und Windenergie zeitweilig nicht genug Strom liefern. Residuallastkraftwerke haben vergleichsweise niedrige Investitionskosten, aber hohe Brennstoffkosten. Ein Beispiel sind mit Wasserstoff betriebene Gasturbinenkraftwerke. Eine flexible Nachfrage kann ebenfalls dazu beitragen, die Residuallast zu decken.

In einem von Photovoltaik und Windkraft geprägten Energiesystem werden also Grundlastkraftwerke nicht benötigt. Diese schmälern sogar den notwendigen Spielraum für die schwankende Erzeugung von umweltfreundlichem und billigerem Strom aus Wind und Sonne. Und auch die grundlastfähigen Kraftwerke braucht man nur insoweit, wie sie die Deckung der Residuallast übernehmen. Am besten dafür geeignet sind Gaskraftwerke. Und wenn man diese mit "grünem" Wasserstoff betreibt statt mit Erdgas, lässt sich sogar eine zu hundert Prozent auf erneuerbaren Quellen beruhende Stromversorgung erreichen.

Aktuell gib es keine empfehlenswerte Grundlasttechnologie

Trotzdem sind es alle Stromerzeugungstechnologien wert, im Blick behalten zu werden. Das gilt auch für reine Grundlastkraftwerke. Da sich die vorliegende Studie auf die "Bewertung möglicher CO2-armer Grundlasttechnologien" beschränkt, wird die Braunkohle von vornherein beiseite gelassen. Was übrig bleibt, sind Kernspaltung, Erdgas mit CCS, Geothermie und Kernfusion. Dabei gelangt sie zu folgenden Einschätzungen:

 

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