März 2023 |
230307 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Rat der Europäischen Union bestätigte am 28. März die von der EU-Kommission vorgeschlagene Verordnung, die ab 2035 nur noch solche neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeuge zulässt, die im Betrieb keinerlei CO2-Emissionen freisetzen. Faktisch bedeutet dies ein Verbot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, soweit diese nicht mit Wasserstoff oder einem anderen aus erneuerbaren Energieträgern gewonnenen Brennstoff betrieben werden können.
Die Zustimmung des Rats galt eigentlich nur noch als Formsache, nachdem das Parlament und der Rat sich am 27. Oktober vorigen Jahres auf einen Kompromiss geeinigt hatten, der daraufhin am 14. Februar vom Parlament förmlich gebilligt wurde (230206). Entsprechenden Unmut löste es europaweit aus, als der mühsam ausgehandelte Kompromiss wieder in Frage gestellt wurde, weil der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) plötzlich die Zulassung sogenannter E-Fuels für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren garantiert haben wollte und damit die notwendige Zustimmung Deutschlands blockierte.
Der von der FDP entfachte Konflikt belastete zugleich ein weiteres Mal die Berliner Koalition. Er wurde am Ende dadurch gelöst, dass die EU-Kommission ein Schlupfloch für E-Fuels erweiterte, das in Form des "Erwägungsgrunds 11" bereits in dem zwischen Parlament und Rat ausgehandelten Kompromiss enthalten war, nun aber konkreter und verbindlicher formuliert wurde. Ob es tatsächlich benutzt werden kann, bleibt indessen fraglich, da dafür erneut die Zustimmung von Parlament und Rat zu einem entsprechenden "delegierten Rechtsakt" der Kommission erforderlich wäre.
In einer Erklärung, die dem nun verabschiedeten Gesetzestext beigefügt ist, bestätigt die Kommission die im November getroffene Entscheidung des Parlaments und des Rates, diesen "Erwägungsgrund 11" in den vereinbarten Kompromisstext der überarbeiteten Verordnung aufzunehmen. "Die Kommission wird sich auf diesen Erwägungsgrund als Ausgangspunkt für einschlägige Gesetzgebungsinitiativen stützen“, heißt es weiter. Sie werde "im Einklang mit der rechtlichen Ermächtigung im Herbst 2023 auch einen delegierten Rechtsakt vorschlagen, in dem festgelegt wird, wie Fahrzeuge, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden, zu den CO₂ -Emissionsreduktionszielen beitragen würden." Falls Parlament und Rat diesen Vorschlag ablehnen, werde sie "einen anderen Gesetzgebungspfad einschlagen, etwa eine Überarbeitung der CO₂ -Verordnung, um zumindest den rechtlichen Inhalt des delegierten Rechtsakts umzusetzen".
Nach der jetzt beschlossenen EU-Verordnung sind Verbrennungsmotoren mit E-Fuels nicht zulässig, weil sie über den Auspuff ebenfalls Kohlendioxid emittieren. Im Unterschied zu Benzin oder Diesel entstammt das freigesetzte Kohlendioxid allerdings nicht fossilen Brennstoffen, sondern wird in einem aufwendigen Prozeß und unter Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien zuvor der Luft entzogen. Insofern sind solche E-Fuels zwar nicht am Auspuff, aber in der Gesamtbilanz klimaneutral. Zugleich sind sie aber in der Herstellung derart teuer und energetisch ineffizient, dass sich ihr Einsatz eigentlich schon aus wirtschaftlichen Gründen von selbst verbietet bzw. nur für ganz spezielle Anwendungen sinnvoll wäre. Ferner ist zu berücksichtigen, dass Strom aus erneuerbaren Energien zu knapp und zu wertvoll ist, um ihn für einen teuren und ineffizienten Kraftstoff zu vergeuden.
Die FDP argumentiert dagegen mit einer angeblich gefährdeten "Technologieoffenheit",
die gewährleistet sein müsse. Tatsächlich wird aber weder die Herstellung
noch der Einsatz solcher E-Fuels außerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung
verhindert. Schon jetzt und noch bis 2035 können sie alternativ für alle Bestandsfahrzeuge
verwendet werden. Falls sich bis dahin unerwarteterweise zeigen sollte, dass
sie auch wirtschaftlich eine Alternative zu Benzin sein könnten – und zwar
ohne die Beihilfen, die seitens der FDP ebenfalls schon gefordert wurden –
, wäre es noch immer möglich, sie uneingeschränkt zuzulassen.