März 2022 |
220307 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Stromnetz der Ukraine schwingt seit 16. März im Gleichtakt mit der kontinentaleuropäischen Frequenz von 50 Hertz. Am 24. Februar war es zunächst nur probeweise von den Netzen Russlands und Belorusslands getrennt worden, um mit Blick auf die erst für 2026 geplante Einbindung in das kontinentaleuropäische Übertragungsnetz eine Reihe von Tests durchzuführen. Diese Tests konnten auch erfolgreich abgeschlossen werden. Da inzwischen der Einmarsch der russischen Truppen begonnen hatte, wurde aber aus Sicherheitsgründen die Verbindung mit dem russischen Netz nicht mehr hergestellt. Stattdessen blieb die nationale Stromversorgung im Inselbetrieb aufrechterhalten.
Am 27. Februar wandte sich dann der Netzbetreiber Ukrenergo an die ENTSO-E in Brüssel mit der dringenden Bitte, die Integration in das kontinentaleuropäische Verbundnetz vorzuziehen. Am folgenden Tag unterstützte diesen Antrag auch Moldawien, das mit der Ukraine elektrisch verbunden ist und außerdem mit Unterstützung der EU eine 400-Kilovolt-Verknüpfung mit dem rumänischen Übertragungsnetz baut. Am 1. März teilte die ENTSO-E mit, dass die beantragte Notfallsynchronisation von den zuständigen Gremien genehmigt wurden. Die dafür noch notwendigen Maßnahmen würden möglichst rasch durchgeführt.
Als die Notfallsynchronisation dann am 16. März zustande kam, begrüßte die ENTSO-E dies als "wichtigen Meilenstein für die Zusammenarbeit zwischen den kontinentaleuropäischen Übertragungsnetzbetreibern und den beiden nationalen Netzbetreibern Ukrenergo und Moldelectrica, die ihre jeweiligen Stromsysteme unter äußerst schwierigen Bedingungen betreiben". Zugleich versicherten die europäische Regulierungsbehörde (ACER) und der Verband der europäischen Regulatoren (CEER) die Regulierungsbehörden der Ukraine und der angrenzenden Länder Ungarn, Moldawien, Polen, Rumänien und Slowakei ihrer Unterstützung bei der Sicherung der Strom- und Gasversorgung in dieser Region.
Damit hat sich die Ukraine wegen des russischen Angriffskriegs wesentlich früher vom russischen Verbundsystem getrennt als die drei baltischen Staaten, deren Synchronisation mit dem kontinentaleuropäischen Verbundsystem auf 2025 terminiert wurde (180710). Ob es dabei bleibt und ob die Stabilisierung des Stromnetzes aufrechterhalten werden kann, wird nun freilich ebenfalls vom Verlauf und Ausgang dieses Krieges abhängen.