Dezember 2021 |
211210 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Bundesverkehrsministerium finanzierte mit einer rückwirkenden Förderung von bislang 95,7 Millionen Euro für die Beschaffung von Schienenfahrzeugen die Energieeffizienz des elektrischen Eisenbahnverkehrs. Das damit verfolgte Ziel, zum Klimaschutz beizutragen und eine Million Tonnen CO2 einzusparen, wird es aber "auch nicht ansatzweise erreichen", weil damit "fast ausschließlich Mitnahmeeffekte" gefördert wurden. Zu dieser Feststellung gelangt der Bundesrechnungshof in seinem Bemerkungen zum Jahresbericht 2021, die er am 30. November veröffentlichte und in denen er unter anderem auch die Ministerien für Verkehr und Finanzen deshalb kritisiert, weil sie die eigenmächtige Betätigung der DB Energie im Stromvertriebsgeschäft mit Privatkunden nicht unterbunden haben (211211)
Die Millionen flossen rückwirkend für Schienenfahrzeuge, die von der Deutschen Bahn – die fast der einzige Nutznießer der Förderung war – sowieso angeschafft worden wären. Damit habe das Verkehrsministerium "den im Zuwendungsrecht verankerten Subsidiaritätsgrundsatz eklatant missachtet" stellt der Rechnungshof fest. Die Förderung sei grundsätzlich nicht notwendig gewesen, weil die Eisenbahnverkehrsunternehmen ihre Fahrzeugflotten aus eigenem wirtschaftlichem Interesse auch ohne Bundesmittel modernisiert hätten. Hinzu sei das vom Ministerium festgelegte Ziel, die Energieeffizienz um jährlich 1,75 bzw. 2 Prozent zu steigern, "viel zu unambitioniert" gewesen und weit hinter dem zurückgeblieben, was ohnehin schon Standard war. Die Förderquote von bis zu 50 Prozent der förderfähigen Ausgaben für Schienenfahrzeuge sei dagegen überzogen gewesen, wenn man sie mit den deutlich geringeren Anteilen für andere CO2-relevante Verkehrsträger vergleiche. Unabhängig davon bestehe im energetisch bereits hocheffizienten Eisenbahnverkehr kaum Potenzial für hohe CO2-Einsparungen. Den geringen Wirkungen hinsichtlich der beabsichtigen CO2-Einsparung stünden deshalb sehr hohe Ausgaben gegenüber.
Insgesamt entstehe so der Eindruck, "dass das BMVI zulasten des Bundeshaushalts unter dem Deckmantel der 'Förderung der Energieeffizienz' Mitnahmeeffekte insbesondere zugunsten der Eisenbahnverkehrsunternehmen der DB AG bewusst und billigend in Kauf nimmt". Die vom Ministerium vorgegebene und umgesetzte Fördersystematik habe im Ergebnis "Mitnahmeeffekte in Höhe der gesamten bisher für die Schienenfahrzeuge ausgegebenen Mittel von 95,7 Mio. Euro bei den geförderten Eisenbahnverkehrsunternehmen bewirkt".
Diese Kritik darf sich vor allem der CSU-Politiker Andreas Scheuer zu Herzen nehmen, der seit März 2018 das Bundesverkehrsministerium leitete. Es handelte sich nur um eine von vielen Fehlleistungen, die Scheuer in diesem Amt bis zum Ende des vierten Kabinetts Merkel zu verantworten hatte, weil er dank der Stützung durch die Unionsparteien alle Rücktrittsforderungen überstand. Der wohl größte Schaden entstand, als er im Auftrag seiner Partei die populistische "PkW-Maut" durchsetzen wollte, die dann im Juni 2019 vom Europäischen Gerichtshof für ungültig erklärt wurde, weil sie allzu offensichtlich ausländische Autobahn-Nutzer gegenüber deutschen benachteiligen sollte. Bereits vor diesem absehbaren Urteil hatte Scheuer ohne Not verbindliche Verträge unterzeichnet. Daraus ergaben sich Schadenersatzforderungen in neun- bis zehnstelliger Höhe.