Oktober 2021 |
211011 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das sogenannte Achmea-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gilt auch für Schweden, das nicht zu den 22 EU-Staaten gehört, die im Januar 2019 als Konsequenz aus dieser Entscheidung den Vorrang des Unionsrechts vor bilateralen Investitionsschutzverträgen zwischen den EU-Mitgliedsstaaten ausdrücklich unterstrichen haben (190107). Dies verdeutlichten die Luxemburger Richter am 26. Oktober mit einem weiteren Urteil. Es betrifft zwar kein Schiedsverfahren auf Grundlage der Energie-Charta, aber ein ähnliches Verfahren vor der Stockholmer Handelskammer, das ebenfalls gegen den Vorrang des EU-Rechts verstieß.
Geklagt hatte Polen, dessen Bankenaufsicht der in Luxemburg angesiedelten Gesellschaft PL Holdings im Jahr 2013 das mit deren Anteilen an einer polnischen Bank verbundene Stimmrecht entzogen und die Anteile zwangsweise veräußert hatte. Die Gesellschaft hatte daraufhin ein Schiedsverfahren bei der Stockholmer Handelskammer beantragt, die in dem 1987 unterzeichneten Investitionsschutzabkommen zwischen Belgien/Luxemburg und Polen als Schiedsgericht benannt wird. Das Stockholmer Schiedsgericht gab der Klage statt und verurteilte Polen zu Schadenersatz. Die schwedische Ziviljustiz bestätigte zunächst die Rechtskraft dieses Schiedsspruchs, wobei sie zwar von der Ungültigkeit der Schiedsklausel in dem Investitionsschutzabkommen ausging, zugleich aber die Ansicht vertrat, dass diese Ungültigkeit einen Mitgliedsstaat und einen Investor nicht daran hindere, später "ad hoc" eine derartige Schiedsvereinbarung abzuschließen. Der Oberste Gerichtshof Schwedens sah das indessen anders und legte den Fall dem EuGH zur Prüfung vor.
Aufgrund der nun ergangenen Entscheidung muss die schwedische Justiz den Fall neu verhandeln und letztendlich zugunsten Polens entscheiden. Die Luxemburger Richter bekräftigten, dass das Unionsrecht einem Mitgliedsstaat den Abschluss einer solchen Schiedsvereinbarung verbietet. Es sei auch nicht zulässig, dieses Verbot durch eine "ad hoc" abgeschlossene Vereinbarung zu umgehen. Die nationalen Gerichte seien deshalb verpflichtet, einen derart zustande gekommenen Schiedsspruch aufzuheben.