Juli 2021

210712

ENERGIE-CHRONIK


Vattenfall darf Berliner Fernwärme-Netz endgültig behalten

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat am 5. Juli die Berufungsbeschwerde des Landes Berlin gegen ein vor vier Jahren ergangenes Urteil abgelehnt, mit dem das Verwaltungsgericht Berlin die Klage des Senats auf Herausgabe des Berliner Fernwärmenetzes zurückwies (170710). Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Der Streitfall wird somit nicht erneut verhandelt und das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. Juni 2017 rechtskräftig (Az OVG 11 N 103.17).

Das Verwaltungsgericht hatte festgestellt, dass sich der geltend gemachte Anspruch auf Übereignung des Netzes nicht aus dem von den Beteiligten geschlossenen Konzessionsvertrag ergebe. Das Herausgabeverlangen könne auch nicht auf eine entsprechende Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften gestützt werden. Ebensowenig ergebe sich ein solcher Eigentumsübertragungsanspruch aus dem Berliner Straßengesetz. Eine Berufung wurde vom Verwaltungsgericht nicht zugelassen. Die hiergegen vom Land Berlin erhobenen Einwände reichten nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht aus, um eine Änderung dieser Entscheidung herbeizuführen.

Im Konzessionsvertrag von 1994 ist nur unklar von "Energieversorgungsanlagen" die Rede

Die Probleme kamen durch die Privatisierung des einstigen Berliner Stromversorgers Bewag zustande, die Ende der neunziger Jahre von einer aus CDU und SPD bestehenden Senatskoalition vollzogen wurde (970501). Als der Senat 1994 mit der Bewag den fraglichen Vertrag abschloß, war diese noch ein landeseigenes Unternehmen und diente hauptsächlich der Versorgung Berlins mit elektrischer Energie. Drei Jahre später verkaufte der Senat aber seine Mehrheitsbeteiligung an der Bewag (970501), die schließlich mit HEW, Veag und Laubag zur "Vattenfall Europe" verschmolzen wurde (020106). Dadurch ging der Strom-Konzessionsvertrag mitsamt dem inzwischen weiter ausgebauten Fernwärmenetz auf Vattenfall über. Als er 2014 auslief, enthielt er noch immer keine präzisen Regelungen zur Fernwärme. In der sogenannten Endschaftsbestimmung räumte er dem Land Berlin lediglich allgemein das Recht ein, die im Versorgungsgebiet vorhandenen "Energieversorgungsanlagen" gegen angemessene Erstattung ihres Wertes zu übernehmen, falls nach seinem Auslaufen kein neuer Konzessionsvertrag geschlossen werden sollte. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ergibt sich daraus nicht eindeutig, dass der Begriff Energieversorgungsanlagen auch die Fernwärme umfasst. Unabhängig davon sei die in der Endschaftsbestimmung vereinbarte Verpflichtung zur Herausgabe der Energieversorgungsanlagen durch eine Ergänzungsvereinbarung aus dem Jahr 2006 ungültig geworden, die den ursprünglichen Konzessionsvertrag den neuen Anforderungen an die Entflechtung von Erzeugung und Vertrieb anpassen sollte.

Der Senat hatte für die Herausgabe des Fernwärmenetzes 1,3 Milliarden Euro angeboten. Erzeugung und Vertrieb der Fernwärme wären bei Vattenfall geblieben. Das Unternehmen lehnte jedoch ab, weshalb der Senat den Klageweg beschritt. Wegen des hohen Streitwerts kostete ihn bereits die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rund 600.000 Euro Anwalts- und Gerichtskosten.

 

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