März 2019 |
190315 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Europäische Parlament billigte am 26. März mit 410 Stimmen bei 192 Gegenstimmen und 51 Enthaltungen die Abschaffung der seit 2002 geltenden Richtlinie zur Einführung der Sommerzeit, mit der die Bürger der Europäischen Union zweimal jährlich genötigt werden, die Uhren um eine Stunde vor- bzw. zurückzustellen (siehe Hintergrund, Februar 2018). Es folgte damit einem entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission, die ihrerseits vom Parlament zur Abschaffung der Regelung aufgefordert worden war (180211). Die Kommission hatte daraufhin eine europaweite öffentliche Befragung durchgeführt, bei der sich über 80 Prozent der Teilnehmer gegen die Zeitumstellung aussprachen (180812).
Nach dem Vorschlag der Kommission wären die Uhren am 31. März dieses Jahres zum letzten Mal auf Sommerzeit umgestellt worden. Anschließend hätten die Mitgliedsstaaten entscheiden müssen, ob sie es dabei belassen oder am 31. Oktober zur alten Standardzeit zurückkehren. Vermutlich erhoffte sich die Kommission vom Vorziehen des Termins eine stimulierende Wirkung auf die Europa-Wahlen, die vom 23. bis 26. Mai stattfinden. Die Abgeordneten hielten es indessen nicht für sinnvoll, die Richtlinie bereits mit Wirkung vom 1. April 2019 aufzuheben, weil die Neuregelung auch vom Ministerrat gebilligt werden muss und innerhalb der einzelnen Mitgliedsstaaten noch erheblicher Abstimmungsbedarf besteht. Der in etlichen Punkten geänderte Text der Gesetzesvorlage verschiebt deshalb nun das Inkrafttreten um zwei Jahre auf den 1. April 2021. Falls auch das nicht reichen sollte, kann die Kommission eine weitere Verschiebung um zwölf Monate vorschlagen.
Gemäß der Neufassung werden nun die Uhren am letzten Sonntag im März 2021 zum letzten Mal auf Sommerzeit umgestellt und am letzten Sonntag im Oktober 2021 eventuell noch ein weiteres Mal, falls auf nationaler Ebene die Rückkehr zur Standardzeit gewünscht wird. Die Mitgliedsstaaten können also auch die Sommerzeit zur neuen Standardzeit machen. Die neue Richtlinie will jedoch sicherzustellen, dass dadurch "das Funktionieren des Binnenmarktes nicht beeinträchtigt wird". Deshalb sollen die Mitgliedsstaaten "davon absehen, die Standardzeit in einem ihrer Rechtshoheit unterliegenden Gebiet aus jahreszeitlich bedingten Gründen zu ändern, auch nicht als Wechsel der Zeitzone". Andernfalls haben sie die beabsichtigte Änderung der Standardzeit der Kommission spätestens bis zum 1. April 2020 mitzuteilen.
Im Unterschied zum Kommissionsentwurf enthält die Gesetzesvorlage nun ausdrücklich die Feststellung, dass der Hauptgrund für die Zeitumstellung im vergangenen Jahrhundert die Erwartung von Energieeinsparungen war, die sich aber so nicht erfüllt hat. Als sie dann von der EU europaweit eingeführt wurde, könnte der eingesparte Strom für Beleuchtung sogar durch einen erhöhten Heizenergieverbrauch überkompensiert worden sein. Vor allem müsse die Zeitumstellung aber aus Gesundheitsgründen abgeschafft werden:
"Die Chronobiologie zeigt, dass der Biorhythmus des menschlichen Körpers von Zeitumstellungen beeinflusst wird, die sich negativ auf die Gesundheit des Menschen auswirken könnten. Jüngste wissenschaftliche Erkenntnisse deuten eindeutig darauf hin, dass ein Zusammenhang zwischen der Zeitumstellung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, entzündlichen Immunerkrankungen oder Bluthochdruck besteht, die mit der Störung des Biorhythmus zusammenhängen. Bestimmte Gruppen, wie Kinder und ältere Menschen, sind besonders anfällig. Um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, ist es daher angebracht, die jahreszeitlich bedingte Zeitumstellung zu beenden."