September 2017

170909

ENERGIE-CHRONIK


Der neue EWE-Chef kommt von Vattenfall

Sieben Monate nach dem überraschenden Rauswurf des bisherigen Vorstandsvorsitzenden Matthias Brückmann (170209) hat der Kommunalkonzern EWE einen Nachfolger benannt. Es dürfte aber noch ein halbes Jahr dauern, ehe er sein Amt antreten kann. Wie der Aufsichtsrat am 18. September mitteilte, übernimmt der 50-jährige Stefan Dohler den Chefposten "zum nächstmöglichen Zeitpunkt, spätestens zum 1. April 2018".


Deutschlands fünfgrößter Energiekonzern wird künftig von Stefan Dohler geleitet. Rechts gratuliert ihm Bernhard Bramlage, der seit Juni dem EWE-Aufsichtsrat vorsitzt. Sein Vorgänger Stephan-Andreas Kaulvers hatte den Posten im Zuge der jüngsten Affäre vorzeitig abgegeben.
Foto: EWE

Dohler ist momentan noch Finanzvorstand beim schwedischen Vattenfall-Konzern in Stockholm. Diese Funktion hatte er erst im Dezember vorigen Jahres übernommen. Zuvor war er bei der deutschen Vattenfall-Tochter in verschiedenen leitenden Positionen tätig. Sein erlernter Beruf ist Schiffsmechaniker. Zudem studierte er Luft- und Raumfahrttechnik und verkaufte Kraftwerke in Asien, bevor er 1998 zu den Hamburgischen Electricitäts-Werken (HEW) ging, die vier Jahre später von Vattenfall geschluckt wurden (020106).

Korruptionsvorwürfe wurden nicht bestätigt

In derselben Sitzung, in der er den Rauswurf Brückmanns beschloß, hatte der EWE-Aufsichtsrat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG mit der Untersuchung von Vorwürfen beauftragt, die gegen Mitarbeiter der EWE Netz wegen verschiedener "Unregelmäßigkeiten" erhoben worden waren. Demnach sollen Mitarbeiter der EWE Netz als Gegenleistung für die Vergabe von Aufträgen Honorare kassiert und Einladungen zu Essen oder Reisen angenommen haben. Wie der Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Bramlage in einem Interview mit der "Nordwest-Zeitung" (7.9.) wissen ließ, haben sich diese Korruptionsvorwürfe nicht bestätigt. Allerdings hätten die Berichte der Wirtschaftsprüfer "Licht- und Schattenseiten gezeigt". Auch sei deutlich geworden, "daß das interne Kontrollsystem bei EWE dringend einer Nachbearbeitung bedarf, weil es sich in bestimmten Fällen nur als beschränkt wirksam herausgestellt hat".

Verantwortung für steuerliche Verfehlungen bleibt vorerst ungeklärt

Braunlage räumte ferner ein, daß "die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Zuschlägen fehlerhaft war". Es geht dabei um Zulagen für Schichtarbeiter, die nicht korrekt abgerechnet wurden. Man verhandele jetzt mit dem Finanzamt über eine abschließende Lösung. Der Ursprung des Problems liege aber nicht bei der EWE Netz GmbH, sondern bei der EWE AG. Den Einzelheiten würden Aufsichtsrat und Vorstand noch nachgehen und dabei "auch nach persönlichen Verantwortungen fragen". Dem EWE-Netz-Geschäftsführer Torsten Maus könne aber keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden. Ähnliches gelte für Timo Poppe, den Vorstand der Bremer EWE-Tochter swb, der im Aufsichtsrat der EWE Netz sitzt.

Sowohl Maus als auch Poppe galten als Kandidaten für den EWE-Vorstand, bis sie wegen der anonym erhobenen Vorwürfe im Juni dieses Jahres auf ihre Bewerbungen verzichteten. Zur Zeit sind noch immer drei der fünf Vorstandsposten unbesetzt. Laut Bramlage will der Aufsichtsrat bis Jahresende geeignete Kandidaten benennen. Auf die Frage, ob damit auch Maus und Poppe wieder in Frage kämen, antwortete er ausweichend, daß er beide sehr schätze, aber deren Lebensplanung nicht kenne.

Noch kein Gerichtstermin im Rechtsstreit mit Brückmann

Der Fall des früheren EWE-Chefs Brückmann, dem vor allem das eigenmächtige Sponsoring einer Stiftung des ukrainischen Profi-Boxers Wladimir Klitschko vorgeworfen wurde (170209), spielte laut Bramlage "in den aktuellen Berichten fast keine Rolle mehr". Da gehe es nun vor Gericht weiter. "Einen Termin haben wir aber noch nicht, kurzfristig wird es auch keinen geben."

 

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