Juni 2015 |
150608 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die restlichen 26 Castor-Behälter mit hochradioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente im Ausland, die bisher noch nicht zurücktransportiert wurde, sollen auf vier Zwischenlager an Kernkraftwerken verteilt werden. Darauf einigten sich das Bundesumweltministerium und die vier KKW-Betreiber am 19. Juni. Ferner wollen die KKW-Betreiber die Rücknahme der Gerichtsverfahren prüfen, die sie gegen das Verbot weiterer Castor-Transporte nach Gorleben angestrengt haben (141003). Zunächst sollen die Verfahren ruhen.
Damit sei noch keine Festlegung der Standorte getroffen worden, erklärte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Sie habe jedoch ein Konzept vorgelegt, wonach 2017 die fünf Behälter mit verglasten mittelradioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich ins Zwischenlager am KKW Philippsburg in Baden-Württemberg gebracht werden. Von 2018 bis 2020 sollen dann die insgesamt 21 Castoren mit verglasten hochradioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung in Sellafield auf die Zwischenlager an den Kernkraftwerken Biblis (Hessen), Brokdorf (Schleswig-Holstein) und Isar (Bayern) verteilt werden. Diese vier Standorte seien "sowohl unter technischen, rechtlichen und verfahrensbezogenen Aspekten als auch aus politischer Sicht am besten geeignet". Zudem gebiete es die Fairness, die Lasten der Atomenergienutzung in einem bundesweit ausgewogenen Verhältnis unter den Bundesländern zu verteilen. Es sei jetzt jetzt Sache der KKW-Betreiber, Anträge für konkrete Standorte zu stellen. Über deren Genehmigung entscheide dann nicht das jeweilige Bundesland, sondern das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS).
Bayern würde somit als einziges unionsregiertes Land in die Verteilung der hochradioaktiven Abfälle miteinbezogen, was sachlich durchaus gerechtfertigt ist, da es von allen Bundesländern den größten Anteil am Atommüll hat. Dennoch bezeichnete die Münchener Landesregierung das vom Bundesumweltministerium vorgelegte Konzept als "politisch unklug und dreist". Staatskanzleiminister Marcel Huber drohte sogar mit einem Koalitionskrach in Berlin und der Blockade der Energiewende, falls Castor-Behälter ohne Zustimmung der CSU in Bayern eingelagert werden sollten:
"Alles hängt mit allem zusammen. Eine Energiewende gegen den Willen einzelner Länder hat keine Chance. Wir müssen alle Entscheidungen im gegenseitigen Einvernehmen treffen, auch die schwierige Frage der Zwischenlagerung deutschen Atommülls, der aus dem Ausland zurückkommt. Wenn der Bund hier allein entscheiden will, stellt er eine Einigung bei der Energiewende insgesamt in Frage. Ich fordere den Bund daher auf, die Entscheidung über die Zwischenlagerung von Atommüll zurückzustellen und - wie alle Fragen der Energiewende - am Verhandlungstisch mit den Ländern zu lösen."
Im Gegensatz dazu forderten bayerische Kernkraftgegner, daß sich auch Bayern beteiligt. "Es ist unser Atommüll", hieß es in einer Stellungnahme der Bürgerinitiative "Forum", die vor 14 Jahren gegen die Errichtung des Zwischenlagers Gundremmingen gegründet wurde. Allerdings seien die drei vorhandenen Zwischenlager Gundremmingen, Grafenrheinfeld und Isar (Ohu) zu unsicher gebaut (120111). Es müßten deshalb in Bayern ein bis zwei neue Zwischenlager gebaut werden, die wesentlich höheren Sicherheitsansprüchen genügen.