September 2014 |
140902 |
ENERGIE-CHRONIK |
Neuer Präsident der EU-Kommission: Jean-Claude Juncker | Vizepräsidentin für die "Energie-Union": Alenka Bratusek | Kommissar für Energie und Klimapolitik: Miguel Arias Canete | Darf sich künftig um Digitales kümmern: Günther Oettinger |
Der designierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat am 10. September die künftige personelle Besetzung und Struktur der von ihm geleiteten Kommission vorgestellt. Sie wird demnach wie bisher aus 28 Mitgliedern bestehen, die aus jeweils einem der Mitgliedsstaaten stammen. Juncker will aber zwei Rangstufen einführen: Sieben sogenannte Vizepräsidenten werden mit einer besonderen Machtfülle ausgestattet. Die restlichen zwanzig Kommissare sind im Rahmen von "Projektteams" jeweils einem dieser Vizepräsidenten unterstellt und können nur mit deren Zustimmung tätig werden. Auch die Funktion des Energiekommissars verliert dadurch ihre bisherige Bedeutung und wird dem Vizepräsidenten-Bereich "Energie-Union" untergeordnet. Für die EU-Energiepolitik werden somit künftig zwei Kommissare zuständig sein, von denen freilich nur einer letztendlich das Sagen hat.
Juncker möchte mit der neuen Struktur "das Schubladendenken aufbrechen und in Bereichen, in denen Europa wirklich etwas bewegen kann, eine neue Art der Zusammenarbeit einführen". Zugleich bestritt er, daß auf diese Weise - unabhängig von der seit jeher unterschiedlichen Bedeutung der einzelnen Ressorts – zwei Klassen von Kommissionsmitgliedern eingeführt werden: "In der neuen Kommission gibt es keine Kommissare erster oder zweiter Klasse – sie sind Teamleiter und Teammitglieder – ganz im Geiste der Kollegialität und gegenseitigen Unterstützung."
Der Bereich Energie wird künftig mit der Klimapolitik zu einem Ressort zusammengelegt. Die Generaldirektionen "Klimapolitik" und "Energie" bleiben indessen separate Kommissionsdienststellen. Der bisherige deutsche Energiekommissar Günther Oettinger übernimmt den neuen Bereich "Digitale Wirtschaft", von dem er wahrscheinlich ebensoviel verstehen dürfte wie von seinem früheren Zuständigkeitsbereich (101217). Sein Abgang gilt vielen auch deshalb nicht als Verlust, weil er die Orientierung der EU-Politik und der führenden Energiekonzerne auf Atom- und Kohlekraftwerke unterstützte (110102, 110304, 120305).
Oettingers Nachfolger berechtigen allerdings auch nicht gerade zu großen Hoffnungen: Der Spanier Miguel Arias Canete, der nun als Kommissar für Klimapolitik und Energie amtieren soll, ist nach Einschätzung der Deutschen Umweltstiftung eine ausgesprochen "schlechte Wahl": In seiner vorherigen Funktion als spanischer Minister für Landwirtschaft und Umwelt habe er als Lobbyist der Erdölindustrie gegolten und mehrere Skandale hinter sich gebracht. Auf europäischer Ebene machte Canete bisher vor allem durch ein von der EU geplantes "Ölkännchen-Verbot" in Restaurants von sich reden, mit dem die spanischen Hersteller von Olivenöl ihren Absatz auszuweiten gedachten. Aufgrund starker Proteste kam es aber nicht dazu.
Bei der Vizepräsidentin Alenka Bratusek, der Juncker den Aufgabenbereich "Energie-Union" zugedacht hat und der deshalb neben anderen Kommissaren auch Canete unterstehen wird, handelt es sich um die abgehalfterte Ministerpräsidentin Sloweniens. Nachdem sie bei den jüngsten Parlamentswahlen grandios gescheitert war, hatte sie sich selbst schnell noch für Slowenien als EU-Kommissarin vorgeschlagen. Ihre Nominierung durch Juncker erfolgte gegen den Widerstand der jetzigen Regierung in Ljubljana sowie der öffentlichen Meinung in Slowenien.
Juncker war bei den Europa-Wahlen 2014 als Spitzenkandidat der konservativen Parteien angetreten, die im Europa-Parlament die Abgeordneten der "Europäischen Volkspartei (Christdemokraten)" und damit die stärkste Fraktion stellen. Am 27. Juni wurde er vom Europäischen Rat der Regierungschefs als Kandidat für das Amt vorgeschlagen und am 15. Juli vom Europäischen Parlament mit einer Mehrheit von 422 Stimmen zum Präsidenten der Europäischen Kommission gewählt. Bevor die von ihm zusammengestellte Kommission durch den Europäischen Rat förmlich ernannt werden kann, muß sie erst noch vom Europäischen Parlament bestätigt werden. Ende September / Anfang Oktober finden dazu in den zuständigen Parlamentsausschüssen Anhörungen der designierten Kommissare statt.