Juli 2014 |
140715 |
ENERGIE-CHRONIK |
BfS-Präsident Wolfram König, BMUB-Staatssekretär Jochen Flasbarth und der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel (v.l.n.r.) stellten das neue Offenhaltungs-Konzept für Gorleben vor. BMUB/Thomas Trutschel, photothek.net
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Die Bundesregierung und das Land Niedersachsen haben sich darauf verständigt, die Offenhaltung des Bergwerks Gorleben stark einzuschränken. Sie wollen damit die "ergebnisoffene" Suche nach anderen Standorten für ein Endlager überzeugender machen und Kosten sparen. Einzelheiten des neuen Konzepts erläuterten am 29. Juli Staatssekretär Jochen Flasbarth vom Bundesumweltministerium, der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz Wolfram König und der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel.
Von der riesigen Anlage im Salzstock Gorleben bleiben nur die grün markierten Stollen in Betrieb sowie die beiden Schächte, die 800 Meter senkrecht in die Tiefe führen. (Ansicht vergrößern) Grafik: BfS
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Im wesentlichen werden der weiträumige "Erkundungsbereich 1" sowie einige Teile des Infrastrukturbereiches außer Betrieb genommen (siehe Grafik). Die obertägigen Sicherungsanlagen werden in Abstimmung mit den niedersächsischen Polizeibehörden weitgehend zurückgebaut. Die Einzelheiten des Offenhaltungsbetriebes regelt ein neuer Hauptbetriebsplan, den das Bundesamt für Strahlenschutz als Betreiber der Anlage bis spätestens 30. September bei der zuständigen Bergbehörde des Landes Niedersachsen zur Zulassung einreicht. Eine Besichtigung der Anlage ist dann für normale Besucher nicht mehr möglich.
Die euphemistisch als "Erkundungsbergwerk" bezeichnete Anlage in einem Salzstock bei Gorleben wurde seit den achtziger Jahren unter Milliardenaufwand gebaut, um einmal als Endlager für die hochradioaktiven Abfälle aus deutschen Kernkraftwerken zu dienen. Seit Ende 2011 gilt sie offiziell nicht mehr als einzig möglicher Standort (111106). Sie wird aber weiterhin offengehalten, falls sie sich trotz der neuen Kriterien für die Standortsuche, die der Bundestag vor einem Jahr verabschiedete (130601), als die günstigste Lösung erweisen sollte. Die aufgrund des Gesetzes gebildete Kommission zur Endlager-Suche hat inzwischen ihre Arbeit aufgenommen (140513).
Die Relativierung des Endlager-Standorts Gorleben erfolgte unter dem Druck einer jahrzehntelang andauernden Widerstandsbewegung, die örtlich stark verwurzelt war. Die Proteste entzündeten sich regelmäßig an den Atommüll-Transporten in das Zwischenlager Gorleben, das sich in einer Halle auf demselben Gelände befindet (siehe Link-Liste). Die Demonstranten bekamen dabei Unterstützung durch die niedersächsische SPD-Landesregierung, die etwa jahrelang den Bau der sogenannten Pilotkonditionierungsanlage behinderte (000105). Auch nach dem Atomkonsens und der Einrichtung von Zwischenlagern an allen deutschen KKW-Standorten (000106) wurden weiterhin hochradioaktive Abfälle aus der Wiederaufarbeitung ins Zwischenlager Gorleben transportiert, um sie dort später auf kürzestem Wege in das geplante Endlager verfrachten zu können (010206). Da dies eine Vorentscheidung bedeutete, die nicht zum vorgesehenen "Standortauswahlgesetz" paßte, wurden die KKW-Betreiber im Juni vorigen Jahres durch eine Änderung des Atomgesetzes verpflichtet, die Abfälle aus der Wiederaufarbeitung in "standortnahen" Zwischenlagern aufzubewahren. Das schließt per definitionem weitere Transporte nach Gorleben aus (130601).