April 2013

130402

ENERGIE-CHRONIK


 

Wichtigster Abnehmer für Strom aus Deutschland waren 2012 die Niederlande (22,6 TWh), die ihre bisherige Bezugsmenge mehr als verdoppelten. Keine größeren Veränderungen gab es dagegen bei den beiden traditionellen Spitzenreitern Österreich (15,9 TWh) und Schweiz (12,7 TWh). Bei den Strom-Importen sind die Einfuhren aus Frankreich, die 2011 infolge der KKW-Abschaltungen einen Spitzenwert erreichten, wieder deutlich zurückgegangen.

Quelle: Statistisches Bundesamt

Deutschland hat 2012 soviel Strom exportiert wie noch nie

Im vergangenen Jahr flossen insgesamt 66,6 Terawattstunden (TWh) Strom über die deutschen Grenzen zu den neun Nachbarländern. Die Stromimporte beliefen sich dagegen nur auf 43,8 TWh, so daß sich per Saldo ein Exportüberschuß von 22,8 TWh ergab. Sowohl die Stromausfuhr als auch der Exportüberschuß waren so groß wie noch nie. Dies ergibt sich aus einer Mitteilung, die das Statistische Bundesamt am 2. April veröffentlichte.

Deutschland ist damit seit zehn Jahren ohne Unterbrechung per Saldo ein Stromexportland (siehe Grafik 2). Auch die dauerhafte Abschaltung von acht Kernkraftwerken im März 2011 hat daran nichts geändert. Sie bewirkte lediglich einen vorübergehenden Rückgang des Exportüberschusses von zuletzt 17,6 auf 6,0 TWh, da die so entstandene Erzeugungslücke zunächst durch vermehrte Stromimporte ausgeglichen wurde (110401).

Kohle-Kraftwerke sorgten im ersten Quartal 2013 für Exportüberschuß von 16 TWh

Inzwischen hat die inländische Stromproduktion so zugenommen, daß die KKW-Erzeugungslücke mehr als kompensiert wurde und sie den eigenen Bedarf mehr denn je übertrifft. Allein im ersten Quartal 2013 belief sich der Exportüberschuß auf rund 16 TWh. Dies ergibt sich aus einer Studie, die das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) Anfang April veröffentlichte (siehe Link ). Beim Vergleich mit dem ersten Quartal 2012 konstatierten die ISE-Forscher eine bemerkenswerte Verschiebung im Erzeugungsmix: Während Steinkohle (+6,7 TWh) und Braunkohle (+3,1 TWh) zulegten, verringerte sich die Erzeugung aus Gas (-2,6 TWh), Kernenergie (-0,9 TWh), Wind (-0,9 TWh), Photovoltaik (-0,5 TWh) und Laufwasser (-0,5 TWh). Das Erzeugungsplus aus Kohlestrom wurde fast vollständig exportiert.

Zunehmende Kohleverstromung gefährdet Erfolge beim Klimaschutz

"Die deutschen Beiträge zum Klimaschutz sind in ernster Gefahr", kommentierte ISE-Chef Eicke Weber diese Zahlen in einem Gastkommentar für die "Süddeutsche Zeitung" (18.4.). Der Trend zur Kohleverstromung werde durch das Versagen des Europäischen Emissionshandelssystems gefördert. Es sei deshalb eine "Katastrophe für die Umwelt", daß das Europäische Parlament am 16. April eine nachträgliche Verknappung der Zertifikate zur Erhöhung des Preises für CO2-Emissionen abgelehnt hat (130405).

Bestätigt fühlen darf sich durch die ISE-Studie auch die Umweltorganisation Greenpeace, die im April mit einer großangelegten Kampagne gegen die Kohlverstromung begonnen hat (130407).

Physikalische Stromflüsse widerspiegeln das reale Handelsgeschehen nur bedingt

Die vom Statistischen Bundesamt genannten Ex- und Importe von Strom basieren auf Angaben der Übertragungsnetzbetreiber zu den physikalischen Stromflüssen an den Kuppelstellen, die das deutsche Transportnetz mit den Netzen der Nachbarländer verbinden. Diese Stromflüsse müssen nicht unbedingt durch einen Abnehmer im Nachbarland verursacht sein. Sie können auch mehrere Länder durchqueren oder sogar zurück nach Deutschland führen. Sie widerspiegeln deshalb nur unzureichend den tatsächlichen Stromhandel mit dem jeweiligen Nachbarland. Die Gesamtsumme der Exporte und Importe ist aber weitgehend identisch mit dem tatsächlichen Handelsgeschehen (110401).

Im Rahmen der Außenhandelsstatistik erfaßt die Behörde auch direkt die Handelsgeschäfte mit Strom, soweit die Unternehmen der Meldepflicht unterliegen und ihr nachkommen. Demnach erwirtschaftete Deutschland 2012 mit der Handelsware Strom einen Überschuß von 1,4 Milliarden Euro, wovon allein 1,25 Milliarden auf die Niederlande entfielen. Der Wert der Stromausfuhren betrug insgesamt 3,7 Milliarden Euro, der Wert der Einfuhren 2,3 Milliarden Euro. Aber auch diese Zahlen sind mit einiger Vorsicht zu betrachten. Beispielsweise enthalten sie nicht den Stromhandel an der Epex Spot, der naturgemäß anonym abläuft.

Bis 2002 waren die Ein- und Ausfuhren von Strom annähernd gleichgewichtig. Seit zehn Jahren übersteigen aber die Exporte (rot) die Importe (blau) dauerhaft. Sogar die Abschaltung von acht KKW im Frühjahr 2011 bewirkte lediglich eine vorübergehende Verringerung des Abstands beider Kurven.



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