April 2012 |
120410 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Bundeskartellamt hat den Berliner Wasserbetrieben (BWB) am 2. April eine zweite Abmahnung wegen mißbräuchlich überhöhter Trinkwasserpreise geschickt. Aufgrund der Stellungnahme der BWB zur ersten Abmahnung im Dezember 2011 (111216) hatte die Behörde umfangreiche Nachermittlungen eingeleitet. Sie kam dabei zu dem vorläufigen Ergebnis, daß die abgabenbereinigten Wasserpreise in Berlin im Jahr 2012 durchschnittlich um 21 Prozent gegenüber 2010 abgesenkt werden müssen und in den Jahren 2013 bis 2015 um durchschnittlich 20 Prozent. Die BWB müßte damit in den nächsten vier Jahren auf insgesamt 292 Millionen Euro verzichten und diesen Betrag den Berliner Wasserkunden zugute kommen lassen.
Die BWB hatte in ihrer Stellungnahme zur ersten Abmahnung behauptet, daß die Vergleichsunternehmen HamburgWasser und Stadtwerke München ihre Wasserpreise inzwischen um über 6 Prozent erhöht hätten. Daraufhin wurden bei allen Vergleichsunternehmen erneute Ermittlungen durchgeführt und auch Zahlen über das Jahr 2011 erhoben. Diese Nachermittlungen ergaben, daß HamburgWasser und Stadtwerke München ihre Wasserpreise im vergangenen Jahr nicht erhöht, sondern teilweise sogar gesenkt haben. Erhöht wurde in Hamburg lediglich das gesetzliche Wasserentnahmeentgelt, das für das Verfahren nicht relevant ist.
Das Bundeskartellamt hatte bereits bei der ersten Abmahnung zugunsten der BWB berücksichtigt, daß für die Sanierung des früheren Ostberliner Wassernetzes außerordentliche Investitionen notwendig waren. Die Nachermittlungen ergaben nun allerdings, daß bestimmte öffentliche Zuschüsse für diese Investitionen fälschlicherweise nicht von den eigenen Kosten getrennt worden sind. Dieser Anteil mußte deshalb im Rahmen der Erlösberechnung nachträglich abgezogen werden.
"Die Wasserversorgung ist eines der letzten großen Monopole in Deutschland", ließ sich Kartellamtspräsident Andreas Mundt in der Pressemitteilung seiner Behörde zitieren. "Das Verfahren gegen die Berliner Wasserbetriebe zeigt, wie wichtig eine effektive Kontrolle der Kartellbehörden in diesem Bereich ist." Der FDP-nahe Kartellamtspräsident (091217) nutzte damit ausgerechnet die Abmahnung eines privatisierten Wasserversorgers, um die sonst fast durchweg kommunal organisierte Wasserversorgung (100712) als "eines der letzten großen Monopole in Deutschland" an den neoliberalen Pranger zu stellen. Dabei ist seine Behörde für die Preiskontrolle von kommunalen Unternehmen gar nicht zuständig. Mit diesem versteckten Plädoyer für die Privatisierung weiterer Wasserbetriebe hieb er in dieselbe Kerbe wie vor einiger Zeit schon die Monopolkommission (100712).