Juni 2010 |
100602 |
ENERGIE-CHRONIK |
Seit zehn Jahren wetteifern Staat und Stromkonzerne bei der Schröpfung der Stromverbraucher durch die Erhöhung von Steuern und Abgaben einerseits und durch die Maximierung der Gewinne andererseits. Nun will der Staat über eine Steuer auf Brennelemente den blauen Sektor dieser Grafik nochmals kräftig erweitern. Der rote Sektor, in dem auch die Gewinne der Kernkraftwerksbetreiber stecken, wird davon wahrscheinlich nicht berührt. |
Die schwarz-gelbe Bundesregierung will ihr Energiekonzept inklusive der Laufzeitenverlängerung für Kernkraftwerke erst im Herbst in den Bundestag einbringen. Unabhängig davon ist sie auf die Idee verfallen, eine Steuer auf Brennelemente einzuführen, die letztendlich nicht die Kernkraftwerksbetreiber, sondern die Stromverbraucher belasten würde.
Nach einem Treffen mit den Länderchefs am 5. Juni verschob die Bundesregierung die Entscheidung über die Laufzeitenverlängerung zunächst auf Ende Juli. Am 15. Juni verständigten sich dann die Spitzen von Union und FDP auf die Verschiebung bis nach der Sommerpause. Erst dann wird auch über die Höhe der Gewinnabschöpfung entschieden, die angeblich zweckgebunden zur Förderung der erneuerbaren Energien verwendet werden soll.
Die vier Atomkonzerne erhoffen sich eine Verlängerung um mindestens zehn Jahre. Sie sind auch bereit, dafür einen Teil ihrer zusätzlich erzielten Milliardengewinne an den Staatshaushalt abzutreten. Durch diese Staatsbeteiligung an den Zusatzgewinnen würde es im Falle eines Regierungswechsels schwieriger, die Laufzeiten-Verlängerung rückgängig zu machen. Die Bundesregierung erwägt auch, sich den gesamten Staatsanteil durch einen Kredit der Staatsbank KfW als Vorschuß auszahlen zu lassen, der dann durch jährliche Zahlungen der Kernkraftwerksbetreiber getilgt wird. Damit könnte sie ihren angespannten Haushalt schlagartig noch mehr entlasten und es zugleich späteren Regierungen praktisch unmöglich machen, die Laufzeiten wieder zu verkürzen.
Bei ihren Einsparungsberatungen verfiel die schwarz-gelbe Regierung am 7. Juni auf die Idee, eine Steuer auf Brennelemente einzuführen. Sie will so jährlich 2,3 Milliarden Euro jährlich zusätzlich zur Sanierung des Haushalts erzielen. Offenbar ist sie der Meinung, mit einer solchen Maßnahme, die vordergründig die unpopulären Kernkraftwerksbetreiber trifft, am ehesten eine Steuererhöhung durchsetzen zu können. Faktisch würde damit aber der Strompreis ein weiteres Mal durch staatlich verursachte Steuern und Abgaben belastet. Schon jetzt besteht der Strompreis für Haushaltskunden zu rund 38 Prozent aus staatlich verursachten Belastungen (100304).
Bei den vier Atomkonzernen stößt die Brennelemente-Steuer verständlicherweise auf Ablehnung. Schließlich handelt es sich hier nicht um eine Abgabe von Zusatzgewinnen, sondern um eine Belastung, die sie erst über die Preise auf die Endverbraucher weiterwälzen müssen. "Die Einführung einer Brennelementesteuer entspricht nicht der Verständigung zwischen der Bundesregierung und den Betreibern der Kernkraftwerke aus dem Jahre 2001", beklagte sich der neue Präsident des Deutschen Atomforums, Ralf Güldner (100516), gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen" (18.6.). RWE und E.ON kündigten eine juristische Prüfung und eventuelle rechtliche Schritte an.
Die Kernkraftwerksbetreiber berufen sich also ausgerechnet auf den mit der seinerzeitigen
rot-grünen Bundesregierung vereinbarten Atomkonsens (010602),
den sie mit ihrem Drängen auf längere Laufzeiten inzwischen selber weitgehend
aufgekündigt haben. Ob sie tatsächlich juristisch gegen eine Brennelemente-Steuer
vorgehen werden, dürfte davon abhängen, wieweit die Bundesregierung ihr
Vorhaben mit der Laufzeiten-Verlängerung für Kernkraftwerke verknüpft.
Offiziell gibt es kein solches Junktim.