Februar 2010 |
100206 |
ENERGIE-CHRONIK |
Gazprom will die bisherige Bindung des Gaspreises an den Ölpreis lockern. Wie E.ON-Ruhrgas-Chef Bernhard Reutersberg vor Journalisten sagte, hat Gazprom-Chef Miller grundsätzlich zugestimmt, einen Teil der Gasmengen künftig an den Spotmarktpreis für Gas zu koppeln. Die Details seien noch zu klären. Auf Nachfragen hieß es bei E.ON, daß der an den Spotmarkt gekoppelte Anteil einen "niedrigen zweistelligen Prozentanteil" ausmachen werde (FTD, 19.2.; Handelsblatt, 19.2.).
Wegen des allgemein gesunkenen Verbrauchs und eines Überangebots an Flüssig-Gas (LNG) sind im vergangenen Jahr die Preise am Spotmarkt für Erdgas stark zurückgegangen. Zeitweise lagen sie um mehr als die Hälfte unter den Preisen, die Importeure wie Ruhrgas aufgrund der Ölpreisbindung in ihren Verträgen zahlen mußten. Zugleich fiel es den Importeuren zunehmend schwerer, ihre langfristigen Verträge mit den Erdgas-Förderern einschließlich der "take or pay"-Klauseln spiegelbildlich an die Verteiler weiterzugeben. Beispielsweise schickte das Bundeskartellamt Ende 2005 der E.ON Ruhrgas eine Abmahnung, weil sie nicht bereit war, ihre Lieferverträge gemäß den Vorgaben der Behörde wettbewerbsfreundlicher zu gestalten (050905). Etliche Verteiler konnten bereits auf Lieferverträge mit Importeuren verzichten und sich am Spotmarkt billiger eindecken. Naturgemäß haben weder E.ON Ruhrgas noch Gazprom ein Interesse daran, diese Entwicklung durch striktes Festhalten an der Ölpreisbindung zu fördern.
Entgegenkommen zeigte Gazprom auch bei der "take or pay"-Klausel, die
E.ON Ruhrgas in den langfristigen Lieferverträgen mit den Russen vereinbart hat.
Die Klausel verpflichtet den Importeur zur Bezahlung einer bestimmten Mindestmenge
an Gas unabhängig vom tatsächlichen Bedarf. Infolge der Wirtschaftskrise
sind diese vertraglich festgelegten Mindestabnahmemengen in den Lieferverträgen
mit Gazprom vielfach unterschritten worden. Im Falle der bankrotten Ukraine waren
die Russen ausnahmsweise bereit, nur soviel Gas zu berechnen, wie tatsächlich
gebraucht und geliefert wurde (091107). Gegenüber
E.ON bestanden sie dagegen auf Erfüllung der Klausel, was einer Forderung von
schätzungsweise 360 bis 500 Millionen Euro entsprochen hätte. Tatsächlich
einigte man sich im Januar auf eine Summe von rund 100 Millionen Euro, die zudem verrechnet
wird, wenn E.ON Ruhrgas in den kommenden Jahren die 2009 nicht benötigten Mengen
doch noch abruft. Im Gegenzug verzichtet der deutsche Konzern auf Schadenersatzansprüche
wegen verspäteter Übergabe des Erdgasfelds Juschno Russkoje, an dem er eine
Minderheitsbeteiligung erworben hat (090605). E.ON Ruhrgas
hatte diese Schadenersatzansprüche so hoch angesetzt wie Gazprom die Forderung
aus der "take or pay"-Klausel.