Juni 2008 |
080606 |
ENERGIE-CHRONIK |
(Aktuelle Stunde im Bundestag am 26. Juni 2008 auf Antrag der Grünen - Auszug aus dem Plenarprotokoll)
Die Redner in der Reihenfolge ihres Auftritts:
Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU)
Hans-Heinrich Sander, Minister (Niedersachsen)
Jörg Tauss (SPD)
Hans-Kurt Hill (DIE LINKE)
Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU)
Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Christoph Pries (SPD)
Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU)
Klaus Hagemann (SPD)
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU)
Dieter Grasedieck (SPD)
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Ich rufe den Zusatzpunkt 6 auf:
Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Haltung der Bundesregierung zur unrechtmäßigen Einleitung radioaktiver Lauge in das ehemalige Salzbergwerk Asse II
Bevor ich die Aussprache eröffne, will ich Sie darauf hinweisen, dass mir eine Rednerliste vorliegt, deren Reihenfolge aufgrund grundsätzlicher Vereinbarungen zwischen den Fraktionen erstellt wurde. Nachdem sie erstellt worden war, äußerte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den Wunsch nach Änderung der Reihenfolge. Diesem Änderungswunsch haben einige der anderen Fraktionen widersprochen. Deshalb liegt die Entscheidung über die Reihenfolge der Redner bei mir. Ich möchte es so handhaben, dass die Redner in der Reihenfolge sprechen, die zunächst vereinbart war; davon möchte ich Sie in Kenntnis setzen.
Nun können wir mit der Aktuellen Stunde beginnen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rednerin der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin Schavan! Sehr verehrter Herr Minister Gabriel - von dem ich erwartet hätte, dass er der Fraktion, die diese Aktuelle Stunde beantragt hat, die Möglichkeit gibt, mit ihrem zweiten Redebeitrag auf ihn zu reagieren!
(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Alles Schaulaufen!)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zum zweiten Mal, seit ich Mitglied des Bundestages bin, debattieren wir die Problematik Asse II, wieder auf Antrag der Grünen. Schon beim ersten Mal haben wir Sie, Minister Gabriel, aufgefordert, die Zuständigkeit für die Asse an sich zu nehmen - nicht um Sie zu ärgern oder um Ihnen irgendein Versäumnis vorzuwerfen, sondern weil sich schon damals abzeichnete, dass die nach bergrechtlichem Verfahren agierenden Betreiber mit der Einschätzung der Gefahrensituation heillos überfordert waren. Schon damals war der Skandal groß genug.
Tausende von Jahren dauere es, bis die zufließende Lauge, von der niemand weiß, woher sie kommt, in die Kammern mit Atommüll eindringen könne. Diese Aussage traf die betreibende Helmholtz-Gemeinschaft im letzten Jahr, wohl wissend, dass es seit Jahren verstrahlte Lauge und Überschreitungen des Grenzwertes um das bis zu Elffache gibt. So große Lockerheit bei einem Standort, dessen Gebirgsschichten grundwasserführend sind!
Die Vorstellung, dass Caesium-137 ins Trinkwasser gelangt - das ist nach der Studie des BfS nach spätestens 150 Jahren nicht mehr auszuschließen -, ist der reine Horror.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Angeblich ohne sich bewusst zu sein, dass sie dafür eine strahlenschutzrechtliche Genehmigung bräuchten, verbrachten die Betreiber das Caesium-137 kurzerhand 200 Meter tiefer, frei nach der beliebten Methode "Aus den Augen, aus dem Sinn".
Frau Ministerin Schavan greift in diese Debatte nicht ein. Ich will ganz klar sagen: Frau Ministerin, für mich als Grüne sind Sie in dieser Frage auch nicht die richtige Ansprechpartnerin. Denn was soll ich von jemandem fordern, der trotz dieser illegalen Machenschaften keinerlei Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers hat? So darf man mit Atommüll nicht umgehen. Genau deshalb gibt es das Atomrecht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Bisher mag Ihre Argumentation, Herr Gabriel, dass wir das Fachwissen derer, die die Asse kennen, brauchen, noch gut genug gewesen sein. Aufgrund Ihrer gestrigen Äußerung im Umweltausschuss - Sie sagten, das Wichtigste seien Fachkompetenz und Zuverlässigkeit - stellt sich aber die Frage: Was muss noch passieren, bis auch Sie öffentlich sagen: "Die können es nicht!"?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Fordern Sie den Statusbericht, Herr Gabriel! Das ist nicht verkehrt. Schicken Sie eine Taskforce nach Niedersachsen; aber lassen Sie diese Taskforce auch eigene Messungen vornehmen und nicht nur nachfragen! Auf Aussagen und Messungen der Helmholtz-Gemeinschaft würde ich mich an Ihrer Stelle nicht verlassen. Bringen Sie Ihre niedersächsischen Genossen dazu, gemeinsam mit den Grünen und den Linken die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu fordern! Wann, wenn nicht hier, ist er nötig? Handeln Sie endlich!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans-Kurt Hill [DIE LINKE])
Ihre Zusicherung aus dem Jahre 2007, beim geplanten Zusammenwirken mit dem BMBF die Beachtung aller atomrechtlichen und strahlenschutzrechtlichen Aspekte zu gewährleisten, konnten Sie nicht einlösen. Aus all dem - aus Ihrer Forderung nach Fachkompetenz und Zuverlässigkeit, aus dem Umstand, dass der Betreiber davon ausgeht, für den Transport radioaktiv verseuchter Lauge keine strahlenschutzrechtliche Genehmigung zu benötigen, und in Anbetracht des unglaublichen Informations- und Kommunikations-GAUs - ergibt sich nur eine logische Konsequenz: Nehmen Sie die Asse II in Ihre Verantwortung und stellen Sie sie unter Atomrecht!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich kenne Ihre Argumentation und weiß, dass Sie darauf nicht wirklich Lust haben. Das kann ich gut verstehen. Aber Sie können nicht länger die Taube auf dem Dach spielen, Herr Minister; Sie müssen die Rolle des Spatzen übernehmen.
Es ist nicht mehr an der Zeit, weiterhin, wie gestern im Umweltausschuss Frau Flachsbarth für die Union ausführte, konstruktiv mit allen Beteiligten zusammenzuarbeiten. Es ist an der Zeit, klare und transparente Verhältnisse zu schaffen.
Noch etwas, Herr Gabriel: Auch wenn Sie immer wieder betonen, dass Asse II einerseits und Morsleben, Schacht Konrad und Gorleben andererseits nichts miteinander zu tun hätten - durch die räumliche Nähe haben sie das natürlich doch. Wie wollen Sie bei einer Bevölkerung, die diesen Endlager-GAU miterleben muss, jemals wieder Akzeptanz für irgendein Lager für Atommüll gewinnen? Das, Herr Minister Gabriel, ist tatsächlich nicht das Problem von Frau Schavan, sondern Ihres.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Nächster Redner ist für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Axel Fischer.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verantwortung dafür, was heute bei Asse II passiert, liegt doch nicht bei Herrn Gabriel. Umweltminister Trittin war als Niedersachse damals sicherlich gut über Asse II informiert.
(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Grünen hatten sieben Jahre Zeit - von 1998 bis 2005, als sie an der Bundesregierung beteiligt waren -, die von Ihnen heute beschriebenen Gefahren abzuwehren und das vermeintlich Gute, was Sie heute gefordert haben, zu machen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Wenn das, was Sie, Frau Kollegin Kotting-Uhl, heute fordern, so sinnvoll wäre, hätten Sie es doch in diesen sieben Jahren machen können. Dass das Bergwerk vollläuft, dass Salz nachrutscht, dass die Stabilität nachlässt und der Abfall irgendwann nicht mehr herauszuholen sein wird, war schon lange absehbar, auch zu Ihrer Regierungszeit. Wenn Sie das damals schon wussten, muss man sich fragen, warum Sie sieben Jahre lang nichts getan haben. Das müssen Sie sich heute vorwerfen lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Es stellt sich die Frage, warum wir heute im Rahmen einer Aktuellen Stunde diese Debatte führen. Die Grünen haben auf ihrer Bundesdelegiertenversammlung vom 8. März 1998 beschlossen, dass der Liter Benzin in zehn Jahren 5 DM kosten soll.
(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schauen Sie sich den Benzinpreis doch einmal an!)
Mit dieser Forderung sind Sie, Herr Fell, in den Wahlkampf gezogen. Jetzt sind die zehn Jahre um; der Liter Benzin kostet heute umgerechnet etwa 3 DM. Das hat einen handfesten Grund: Sie wurden vor drei Jahren - zum Glück! - abgewählt.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? - Ja, stimmt! Deshalb ist es jetzt so teuer!)
Dafür knackt es jetzt an anderer Stelle: beim Strompreis. Knapp einen halben Euro muss der Verbraucher für die Einspeisung einer Kilowattstunde Solarstrom zahlen. Rechnet man die Durchleitungskosten hinzu, sieht man, dass der Bezug einer Kilowattstunde Solarstrom mehr als 50 Cent kostet. Die hohen Energiepreise machen uns alle ärmer.
Strom aus Kernkraftwerken kann für 2 Cent die Kilowattstunde eingespeist werden. Das wissen die Bürgerinnen und Bürger.
(Dirk Niebel [FDP]: In Asse liegt übrigens gar kein Müll aus Kernkraftwerken!)
- Das ist vollkommen richtig. Wir reden aber natürlich auch darüber, warum wir heute über dieses Thema diskutieren.
(Ulrich Kelber [SPD]: Zehn Sekunden zum Thema und jetzt die Standardrede von Herrn Fischer!)
Meine Damen und Herren, Sie wissen genau, dass die Akzeptanz der Kernenergie insgesamt zunimmt.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch bei Caesium im Trinkwasser?)
Es hat doch seinen Grund, warum Frankreich, England und die Schweiz neue Kernkraftwerke bauen wollen. Eine Weiternutzung bestehender deutscher Kernkraftwerke liegt in unser aller Interesse. Es macht nämlich wenig Sinn, eine kostengünstige und CO2-freie Stromerzeugung
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und eine sichere; das haben Sie zu sagen vergessen!)
einfach aufzugeben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Das spüren auch die Menschen.
Den Grünen geht es bei dieser Diskussion - wie bei vielen anderen Tagesordnungspunkten - darum, die Kernenergie in Deutschland auch aus ideologischen Gründen insgesamt schlechtzureden. Wir müssen aber, wenn Sie diesen Tagesordnungspunkt schon beantragen, über die berechtigten Sorgen und Ängste der Bürger reden.
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun wir! - Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich würde Ihnen, Herr Fischer, empfehlen, selbst einmal mit den Menschen zu reden!)
Dafür ist eine Aktuelle Stunde weniger geeignet als die verantwortungsvolle Diskussion in den Ausschusssitzungen.
(Jörg Tauss [SPD]: Klappe zu, Affe tot!)
Ich bin mir sehr sicher, dass dieses Thema bei Bundesumweltminister Gabriel und Bundesforschungsministerin Schavan, bei der Bundesregierung, sehr gut aufgehoben ist und dass wir auch im Ausschuss eine weitere verantwortungsvolle Diskussion zu diesem Thema führen werden; natürlich haben wir sie auch schon geführt.
(Jörg Tauss [SPD]: Da waren Sie gestern nicht da, Kollege Fischer!)
Es macht wenig Sinn, dass Sie hier versuchen, dieses Thema zu instrumentalisieren, um Ihre Positionen nach außen zu tragen. Wir müssen dafür sorgen, dass die berechtigten Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger ernst genommen werden. Das liegt in unserer Verantwortung.
Mir wäre es sehr recht, wenn Sie sich hier ein bisschen mehr mit einbringen könnten; denn ich sage es noch einmal, Herr Trittin: Sie hatten sieben Jahre lang Zeit und haben gar nichts getan. Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie sogar die Forschungsmittel für Asse II reduziert.
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit gutem Grund! - Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sonst wäre es heute noch schlimmer!)
Das zeigt, mit welcher Verantwortung Sie da herangegangen sind, nämlich mit gar keiner. Heute versuchen Sie mit dieser Debatte, das zu verschleiern.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Für den Bundesrat spricht nun der Minister für Umwelt und Klimaschutz des Landes Niedersachsen, Hans-Heinrich Sander.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Hans-Heinrich Sander, Minister (Niedersachsen):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Das Salzbergwerk Asse II ist eine radioaktive Altlast. Im Rahmen von Forschungsarbeiten wurden in den Jahren 1967 bis 1978 rund 130 000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen in diesem Salzbergwerk eingelagert. Sie stammten größtenteils aus der öffentlichen Hand. Dort wurden also Abfälle aus Forschungsreaktoren und medizinische Abfälle zwischengelagert. In den 90er-Jahren ist ein Schließungskonzept entwickelt worden, um die Menschen in der Region vor diesen Abfällen zu schützen bzw. diese Abfälle von der Biosphäre fernzuhalten.
Meine Damen und Herren, auch zur Zeit der rot-grünen Regierung ab 1998 ist dieses Bergwerk weiter betrieben worden. Herr Kollege Trittin, auch während Ihrer Zeit als Bundesratsminister - 1990 hatten Sie noch die Aufsicht über Asse II - und später als Bundesumweltminister haben wir im Lande nur wenig Unterstützung von Ihnen erhalten.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Sehr geehrte Frau Kollegin Schavan und Herr Kollege Gabriel, seitdem Sie die Verantwortung übernommen haben - ich kann davon sprechen, weil ich auch Ihre Vorgängerin in dieser Sache angeschrieben habe,
(Patrick Döring [FDP]: Wo ist sie denn eigentlich?)
und zwar insbesondere hinsichtlich der für die Bevölkerung nicht ausreichenden Informationspolitik -, ist Bewegung in die Sache gekommen. Herr Gabriel, bei Ihnen bedanke ich mich besonders, weil Sie auch als Wahlkreisabgeordneter Ihre Verantwortung wahrgenommen haben und nicht mit Schuldzuweisungen auf die Landesregierung zugegangen sind,
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
sondern gemeinsam mit Ihrer Kollegin konstruktiv an der Sache gearbeitet haben.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Um hier der Wahrheit Genüge zu tun, muss ich sagen: Obwohl auch in den 90er-Jahren erhöhte Strahlenbelastungen festzustellen waren - wobei der Betreiber und das Landesbergamt allerdings unterschiedlicher Ansicht darüber waren, wo die Ursachen dafür lagen -, haben wir als Umweltministerium erst am 12. dieses Monats erfahren, dass es an zwei Stellen zusätzliche Strahlenbelastungen gab. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Aufsichtsbehörde das erst so spät vom Landesbergamt erfährt,
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
weil das natürlich - das wissen alle hier in diesem Hause, die Verantwortung tragen - zur Verunsicherung in der Öffentlichkeit führt.
Von daher müssen wir ein Konzept entwickeln, mit dem die Informationspolitik in Zukunft verbessert wird. Herr Kollege Gabriel und Frau Kollegin Schavan, wir müssen aber auch den Statusbericht möglichst bis Mitte August fertigstellen.
Wir werden alle Beteiligten - sowohl Ihre Experten aus dem Bundesumweltministerium als auch diejenigen aus dem Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter, aber auch den Betreiber und das Landesbergamt - mit einbinden, um ein Konzept zu entwickeln, wie wir weiter verfahren können. Wenn der Statusbericht vorliegt, dann können wir - ich hoffe, dass alle Kräfte in diesem Haus das unterstützen - das weitere Vorgehen festlegen und klären, ob wir das vorhandene Schließungskonzept weiterverfolgen oder ob zeitlich die Möglichkeit besteht, Alternativen ins Auge zu fassen.
Über eines müssen sich alle - auch die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen - klar sein: Ab 2014 - das wird von keinem Wissenschaftler bestritten - ist die Standsicherheit des Bergwerks Asse nicht mehr gegeben. Insofern geht es nicht um Schuldzuweisung, sondern darum, ein Konzept zu erarbeiten. Seit Dienstag bin ich fest davon überzeugt, dass es uns gemeinsam mit dem Betreiber gelingen wird, noch in diesem Jahr ein Schließungskonzept zu erarbeiten. Das ist notwendig, um mit der verbleibenden Zeit bis 2014 auszukommen.
Von wesentlicher Bedeutung dafür ist - das ist mir sehr wichtig -, dass die Berichtsgruppe morgen ihre Arbeit aufnimmt. Wir haben alle Verantwortlichen - auch Ihre Experten - schon morgen ins Ministerium eingeladen, um sofort damit zu beginnen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von 1996 bis morgen! - Gegenruf des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Anders als Herr Trittin seinerzeit!)
Dabei werden wir auch den Landrat des Landkreises Wolfenbüttel mit einbeziehen. Denn die Menschen vor Ort müssen wissen, dass die Politiker handeln und sich für sie einsetzen, statt zu dramatisieren, um irgendwelche politische Ziele zu verfolgen, wie es leider bei Ihnen der Fall ist.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Daher appelliere ich an Sie, die Beteiligung der Öffentlichkeit mit zu unterstützen und Ihren Beitrag dazu zu leisten. Herr Kollege Trittin, Sie haben seinerzeit den schönen Arbeitskreis "AK End" eingerichtet. Er ist zwar in der Versenkung verschwunden, aber vielleicht besteht jetzt die Chance, ein anderes Verfahren unter stärkerer Beteiligung der Öffentlichkeit zu vollziehen.
In dem Sinne gehe ich davon aus, dass Sie unser Vorhaben unterstützen werden. Wir werden das Problem Asse mit der Mehrheit in diesem Hause und mit der niedersächsischen Landesregierung lösen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Nächster Redner ist der Kollege Jörg Tauss für die SPD-Fraktion.
Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich glaube in der Tat, dass wir uns vor billigen Schuldzuweisungen hüten sollten. Klar ist, Herr Minister, dass hinsichtlich des bergrechtlichen Verfahrens und der Frage, inwiefern Berichte unterblieben sind - Frau Kollegin Griefahn hatte damals schon als Umweltministerin gehandelt und entsprechende Informationen eingefordert -, eine Reihe von Punkten diskutiert werden müssen. Darüber haben wir gestern im Ausschuss beraten und mit dem Umweltministerium und dem Forschungsministerium eine Übereinkunft herbeigeführt. Herr Kollege Fischer, Sie konnten gestern leider nicht an der Ausschusssitzung teilnehmen. Wir haben eine Reihe interessanter Punkte diskutiert, die alle in eine Richtung gehen.
Lustigerweise wird diese Debatte von Meldungen überlagert - das ging schon heute Morgen im Frühstücksfernsehen los -, dass jetzt in Deutschland ein Kernkraftwahlkampf geführt werden solle. Ich glaube, gerade das Beispiel Asse II zeigt, dass wir als Sozialdemokraten guten Grund hätten, uns auf einen solchen Kernkraftwahlkampf zu freuen. Das sage ich in aller Deutlichkeit.
(Beifall bei der SPD)
Klar ist: Kernkraft ist nicht billig; sie ist vielmehr die teuerste Energie. In Baden-Württemberg hat die Kernkraft den größten Anteil an der Stromerzeugung. Diese Situation ist unverantwortlich, was unter anderem das Beispiel Tschernobyl zeigt. Kernkraft ist kein Ökostrom, sondern sie ist dreckig. Dies beweist das Beispiel Asse.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Wir müssen Millionen, wenn nicht sogar Milliarden Euro dafür aufwenden, den Abfall, der in früheren Jahren entstanden ist, zu entsorgen. Wie man damit umgehen kann, Herr Kollege Fischer, folgt nicht der Devise "Klappe zu, Affe tot", wie Sie es in der letzten Debatte ausgedrückt haben. Leider ist es nicht so einfach.
(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sind denn in Asse überhaupt Brennstäbe eingelagert?)
- Ich rede nicht von den Brennstäben, sondern von dem Material, das beispielsweise von der Wiederaufbereitungsanlage in Karlsruhe stammt und dort eingelagert wurde. Das sind Urlasten der Kernenergie, die der Steuerzahler bezahlt und die beim Strompreis nicht berücksichtigt werden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Das müsste man aber tun, wenn man eine ehrliche Bilanz der Kernkraft ziehen wollte.
Ich nenne ein Beispiel. Bei uns in Karlsruhe wird gerade die Wiederaufbereitungsanlage abgebaut. Das sollte ursprünglich 2 Milliarden DM kosten. Die Kosten liegen nun bei 4 Milliarden Euro. Die endgültige Zahl steht aber noch aus. Asse kostet uns pro Jahr 100 Millionen Euro; das ist die aktuelle Zahl. Rechneten wir dies in den Strompreis ein, wäre die Behauptung von der billigen Kernenergie in diesem Land für jeden als Lüge erkennbar. Stünde uns dieses Geld zur Verfügung, könnten wir vieles andere tun.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zurück zu Asse. Es ist völlig klar, dass wir hier schnellstmöglich vollständige Transparenz brauchen und klären müssen, ob das, was wir in den letzten Jahren im Vertrauen auf die bergrechtliche Situation toleriert haben, noch tolerabel ist. Ich halte es für richtig, dass wir über ein atomrechtliches Verfahren oder zumindest über ein dem Atomrecht vergleichbares Verfahren diskutieren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Die Prüfmaßstäbe müssen in vollem Umfang den atomrechtlichen Genehmigungsverfahren entsprechen. Das haben die Anwohner, die Menschen in Niedersachsen, selbstverständlich verdient. Ein Bergamt, das nicht informiert, ist nicht geeignet, diese Aufgabe zu erfüllen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Angriffe auf die Helmholtz-Gemeinschaft verstehe ich allerdings nicht. Dort sitzen Expertinnen und Experten. Wir sind froh - darüber haben wir gestern im Ausschuss diskutiert -, dass diese Fachleute uns in diesem aus wissenschafts- und forschungspolitischer Sicht komplexen Bereich zur Verfügung stehen. Wen hätten wir denn sonst? Ich halte es für richtig, dass die Helmholtz-Gemeinschaft mit ihrer Kompetenz beteiligt ist. Wir sollten uns an dieser Stelle vor Schuldzuweisungen hüten. Nicht die Helmholtz-Gemeinschaft, sondern diejenigen haben die Verhältnisse verursacht, die irgendwann vor uns Atommüllfässer in Asse gelagert haben nach dem Motto "Was weg ist, ist nicht mehr da; wir sehen es jedenfalls nicht mehr". Heute müssen wir Hunderte Millionen Euro aufbringen, um die Folgen zu beseitigen.
(Beifall bei der SPD)
Den berechtigten Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ist selbstverständlich Rechnung zu tragen. Dieses Thema eignet sich nicht, um auf billige Art und Weise parteipolitische Vorteile zu erzielen. Dafür ist das Thema zu ernst. Aber es ist gut, um einen Atomwahlkampf zu führen, wenn Sie es wünschen. Dann hätten wir zusätzliche gute Argumente.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Für die Fraktion Die Linke hat nun das Wort der Kollege Hans-Kurt Hill.
(Beifall bei der LINKEN)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Atommülllager Asse II geht es offenbar zu wie bei Hempels unterm Sofa. Für mich ist es unfassbar, was da abgeht. Nicht nur, dass der Betreiber des alten Salzbergwerks illegal Strahlenmüll eingelagert hat. Nein, der Vorfall wird auch vom verantwortlichen CDU-Forschungsministerium und dem vor Ort verantwortlichen Helmholtz-Zentrum München gezielt heruntergespielt.
Was ist geschehen? Erstens. Radioaktive Stoffe und Abfälle wurden unter Missbrauch des Atomrechts eingelagert. Zweitens. Die Bevölkerung wurde ahnungslos gelassen. Drittens. Nun sollen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler den Schaden bezahlen. All das lässt die Bundesregierung offenbar kalt; denn sie zieht nicht die richtigen Konsequenzen. Fest steht: Ohne die Menschen vor Ort, die sogenannte Asse-Begleitgruppe, wäre das Chaos nicht ans Tageslicht gekommen.
(Beifall bei der LINKEN - Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Wer hat die denn eingesetzt?)
Dass diese Öffentlichkeit hergestellt wurde, ist zweifelsfrei dem jetzigen Bundesumweltminister zu verdanken, der jetzt auch handelt. Allerdings könnte ich auch fragen, was Herr Gabriel als Ministerpräsident von Niedersachsen unternahm, als der Betrug in vollem Gange war, oder was den grünen Umweltminister, Herrn Trittin, umtrieb, als er den Informationsfluss des Bundesumweltministeriums zu Asse II einfach abschnitt.
Klar ist: Hier geht es wieder einmal um das Verschleiern und Herunterspielen von radioaktiven Gefahren. Das Helmholtz-Zentrum München hat den Salzstock Asse 30 Jahre lang mit öffentlichen Fördergeldern zur atomaren Endlagerforschung genutzt. Heute weiß man: Der Betreiber wusste zu jeder Zeit, dass die Schachtanlage einsturzgefährdet ist und dass es massive Wassereinbrüche gibt. Trotzdem hat er Teile des Atommülls wahrscheinlich unrückholbar verbuddelt.
(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Unglaublich!)
Es wurden 77 Kubikmeter radioaktiv verstrahlter Lauge und andere verstrahlte Betriebsabfälle in 925 Metern Tiefe verklappt. Das war vorsätzlich und falsch.
Ich halte aber die Rolle des Landesbergamtes für entscheidend. Ich glaube nicht, dass diese als Genehmigungsbehörde weniger Informationen als der Betreiber zu Asse II hatte. Über mindestens fünf Jahre hinweg stimmte es der Umlagerung der verseuchten Lauge zu, und zwar ohne weitere Prüfverfahren. Das ist Missbrauch von Rechtsvorschriften. Mit Gefahrenabwehr nach Atomrecht hat das überhaupt nichts zu tun.
(Beifall bei der LINKEN)
Aufzudecken ist, inwieweit sich das Landesbergamt und das Helmholtz-Zentrum zum Zwecke der Verschleierung abgesprochen haben.
(Jörg Tauss [SPD]: Das ist ein heftiger Vorwurf!)
Es gibt hinreichende Erfahrungen aus der Atomwirtschaft, Herr Tauss, Gefahren herunterzuspielen und zu verheimlichen. Warum sollte es hier anders sein? Ich erinnere an die Informationspolitik der Betreiber der Atomkraftwerke von Brunsbüttel und Krümmel anlässlich der Zwischenfälle vor fast einem Jahr. Teile der Bundesregierung - das ist schon angesprochen worden - und auch die Atomlobby führen gerade eine verlogene Werbekampagne zugunsten der Atomkraft auf allen Kanälen. Atomstrom ist und wird kein Ökostrom.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Was wir brauchen, ist Aufklärung über die Risiken und Gefahren. Deshalb müssen jetzt die richtigen Konsequenzen gezogen werden: Dem Helmholtz-Zentrum München ist die Betriebsgenehmigung zu entziehen.
(Beifall bei der LINKEN)
Dabei muss der Betreiber aber in die Pflicht genommen werden und den Schaden auf eigene Kosten beheben. Es wäre ein weiterer Skandal, wenn wieder einmal die Bürgerinnen und Bürger die Zeche zahlen, während sich einzelne mit öffentlichen Fördergeldern die Taschen füllen.
(Jörg Tauss [SPD]: Helmholtz ist nicht Verursacher!)
Ich habe gestern mit Bürgerinnen und Bürgern aus der Region telefoniert, Herr Tauss.
(Lachen bei der CDU/CSU)
Die Angst ist groß. Dabei sind zwei Dinge deutlich geworden. Da die Bundesregierung nicht gegen den Betreiber vorgeht, werden wieder einmal die Leute vor Ort die Arbeit machen müssen und Anzeige erstatten.
Was die Strahlenbelastung betrifft, ist die Stimmung wirklich auf dem Tiefpunkt. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat deutlich gemacht, dass spätestens nach 150 Jahren mit dem Austritt von Radioaktivität über den schon heute erlaubten Grenzwerten zu rechnen ist. Die Menschen fragen sich daher: Warum sollten die Aussagen stimmen, dass zu keiner Zeit eine Gefährdung für die Bevölkerung besteht? Die Linke fordert deshalb ein Messprogramm für die Umgebungsluft und das Trinkwasser und eine unabhängige Überprüfung aller vorgenommenen Strahlenmessungen im Bergwerk.
(Beifall bei der LINKEN)
Das Fazit ist und bleibt nach den Erkenntnissen von Asse II: So schnell wie möglich raus aus der gefährlichen Atomenergie!
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Maria Flachsbarth für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit einigen Tagen ist bekannt, dass es im Versuchsendlager Asse II in der Nähe von Wolfenbüttel Laugenzuflüsse gibt, die mit Caesium-137 kontaminiert sind. Sowohl die Laugenzuflüsse als auch die mangelnde Standsicherheit - in Gutachten wird davon ausgegangen, dass das Bergwerk vermutlich nur noch bis Mitte des kommenden Jahrzehnts ausreichend standsicher sei, um Bergleute unter Tage arbeiten zu lassen - resultieren daraus, dass Asse II von 1909 bis 1964 als Salzbergwerk genutzt wurde und durchlöchert ist wie ein Schweizer Käse. Nach heutigen Maßstäben wäre es inakzeptabel, einen solchen Salzstock als Endlager zu nutzen.
1965 aber kaufte das GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, heute das Helmholtz-Zentrum München, im Auftrag des Bundes die Asse und führte bis 1995 Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für die Endlagerung durch. Von 1967 bis 1978, bis Ministerpräsident Albrecht dem ein Ende setzte, fand die Einlagerung von mehr als 125 000 Fässern mit schwachradioaktivem Abfall und 1 300 Fässern mit mittelradioaktivem Abfall statt.
Nach Beendigung der Forschungsarbeiten bereitet der Betreiber die Schließung der Anlage vor. Das ist deshalb ein höchst schwieriges Unterfangen, da der radioaktive Abfall vermutlich zumindest zum Teil im Berg bleiben muss. Man hatte ihn bei der Einlagerung nicht geordnet abgestellt, sondern teilweise einfach in die Schächte gekippt und mit Salzabraum abgedeckt, was jetzt einen bergmännischen Abbau mit Hacke und Spaten erforderlich machen würde. Dabei würde man die Bergleute enormen Belastungen mit Radioaktivität insbesondere in der Luft bei harter körperlicher Arbeit in Schutzanzügen aussetzen. Wahrscheinlich hat man aber wegen der nachlassenden Standfestigkeit vermutlich gar nicht mehr die Zeit, das Bergwerk zu räumen. Doch das wird derzeit von der AG Optionsvergleich geprüft.
Eine geordnete Schließung ist aber ungemein wichtig für Menschen und Umwelt, da seit 1988 Salzlauge ins Bergwerk fließt, derzeit cirka 12 Kubikmeter am Tag. Das Schließungskonzept muss verhindern, dass durch das Wasser Radioaktivität aus dem Bergwerk in die Biosphäre gelangt.
(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)
Diese Situation ist für die Bürgerinnen und Bürger der Standortgemeinden ungemein belastend. Um neues Vertrauen aufzubauen, haben das niedersächsische Umweltministerium als Kontrollbehörde vor Ort, das Bundesforschungsministerium, dem der Betreiber zugeordnet ist, und das Bundesumweltministerium als oberste Überwachungsbehörde für den Umgang mit Radioaktivität im Herbst 2007 im Zuge erweiterter Öffentlichkeitsbeteiligung vereinbart, Vertreter der regionalen Bevölkerung eng in die Prüfung der unterschiedlichen Schließungskonzepte mit einzubeziehen. Nicht zuletzt durch diese erweiterte Öffentlichkeitsbeteiligung wurde in den vergangenen Tagen die Kontamination von Teilen der Salzlauge bekannt. Zwar wusste der Betreiber bereits seit einigen Jahren davon und hat dies auch dem niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie mitgeteilt. Doch von dort gelangte die Nachricht nicht, wie eigentlich vorgeschrieben, zum niedersächsischen Umweltministerium.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)
Darüber hinaus hat der Betreiber ohne strahlenschutzrechtliche Genehmigung die kontaminierte Lauge zusammen mit weiterem radioaktiven Abfall in die unterste Sohle des Bergwerks, den sogenannten Tiefenaufschluss, verbracht. Laut Fachleuten besteht zwar keine Gefahr für Mensch und Umwelt, allerdings wissen die Experten noch nicht konkret, woher dieses Caesium-137 stammt. Das niedersächsische Umweltministerium als Überwachungsbehörde hat daraufhin sofort eine weitere Verbringung radioaktiven Materials in den Berg untersagt und bis auf Weiteres die Abstimmung aller Entscheidungen des LBEG bezüglich der Asse angeordnet.
Weiterhin haben der niedersächsische Umweltminister Sander, Bundesumweltminister Gabriel und die Bundesforschungsministerin Schavan am Dienstag in Berlin vereinbart, bis August einen Statusbericht zur Situation der Asse zu erarbeiten. Dabei helfen soll die Taskforce aus Fachleuten von Bund und Land. Darüber hinaus sollen die Arbeiten zur Schließung der Asse - das ist insbesondere ein Optionsvergleich - sowie die Erstellung
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie jetzt zur Sache reden?)
der Langzeitsicherheits- und Störfallanalyse - darum geht es eigentlich, Frau Künast - zügig vorangetrieben werden.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Märchenstunde!)
Ich begrüße dieses Vorgehen der drei Minister ausdrücklich. Es geht darum, Frau Künast, keinen politischen Profit aus dieser Sache zu schlagen,
(Lachen des Abg. Jürgen Trittin [BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN])
sondern die Sorgen und Nöte der Anwohner ernst zu nehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ziel aller Bemühungen muss es sein, die Bevölkerung vor Ort und das Betriebspersonal jetzt und in Zukunft zu schützen und Vertrauen in die Verantwortlichen zurückzugewinnen. Das Thema ist zu ernst für politische Spielchen und Schuldzuweisungen. Die Zeit ist zu knapp, um akademisch über Vor- und Nachteile der Anwendung unterschiedlicher Rechtssysteme zu debattieren. Deshalb begrüßt die Union, dass die drei Minister an der im Herbst 2007 vereinbarten Zusammenarbeit festhalten. Es geht jetzt darum, zügig ein Konzept für eine geordnete und sichere Schließung der Asse zu erarbeiten, das die Sorgen der Menschen aufnimmt und die offenen Fragen der Bürger und Fachleute beantwortet.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Zuruf der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Für die Unionsfraktion bitte ich deshalb die zuständigen Bundesministerien, den Ausschuss für Bildung und Forschung sowie den Umweltausschuss regelmäßig über den Fortgang der Arbeiten zu unterrichten.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Schavan könnte hier zum Beispiel reden! Dann könnte sie uns unterrichten! Aber die kneift!)
Ich bitte sicherzustellen, dass trotz aller professionellen Routine das Bewusstsein für die Notwendigkeit der besonderen Sorgfalt bei allen Beteiligten gewahrt bleibt.
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: "Gewahrt bleibt"?)
Die Einrichtung eines Qualitätsmanagementsystems bei der LBEG ist dazu ein guter Schritt.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD - Renate Künast [BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN]: War ja unterirdisch!)
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Kollege Jürgen Trittin das Wort.
Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Sander, Sie haben natürlich recht, wenn Sie mich kritisieren.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
In der Tat kann man mir vorwerfen, dass ich einen Minister, der sich mit einem T-Shirt, auf dem "Kernenergie ist kerngesund" steht, in Endlagern abbilden lässt, nicht daran gehindert habe, Atomaufsicht in diesem Land zu betreiben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich kann Ihnen allerdings sagen: Wir hatten dazu einen Vorschlag in die Föderalismuskommission eingebracht, dessen Richtigkeit durch die Ausführungen von Frau Flachsbarth unterstrichen worden ist. In der Tat ist es absolut notwendig, die Nuklearaufsicht, die Aufsicht über die Atomkraftwerke und den Strahlenschutz, den Ländern wegzunehmen, damit sie nicht weiter in solchen sach- und fachunkundigen Händen liegt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Sieben Jahre hatten Sie Verantwortung!)
- Lieber Herr Kollege, ich bin gerne bereit, über Verantwortung und über alle Fehler zu reden. Wir brauchen uns nicht zu scheuen
(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Über die eigenen Fehler!)
- auch über die eigenen, Herr Eisel -, darüber zu reden. Aber wenn das so ist, dann frage ich mich, warum die CDU, die FDP und noch - ich vermute, das wird anders werden - die SPD die Einsetzung des dafür notwendigen Instruments, nämlich eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, scheuen wie der Teufel das Weihwasser.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN - Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)
Gehen Sie doch voran! Machen Sie doch! Klagen Sie doch Trittin an, und sagen Sie: Der ist verantwortlich! Klären Sie das doch im Untersuchungsausschuss auf! Aber setzen Sie sich dafür ein, anstatt auf Arbeitskreise und weiteres Vertuschen zu setzen!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das wird doch eine Quälerei!)
Zweite Bemerkung: Wir haben doch einen ganz einfachen Vorgang. Der Bundesumweltminister als Verantwortlicher hat eines festgestellt, nämlich dass er Zweifel an der Zuverlässigkeit der Asse-Betreiber hat.
(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)
Der Bundesumweltminister hat recht, der Täter ist geständig. Die Bundesregierung antwortete auf meine Kleine Anfrage: Nach den Erkenntnissen der Bundesregierung hat es das LBEG versäumt, das niedersächsische Umweltministerium als Aufsichtsbehörde rechtzeitig zu informieren und eine ausreichende strahlenschutzrechtliche Genehmigungsgrundlage für das Verbringen der Lauge in den Tiefenaufschluss sicherzustellen. - Das ist der Kern, da stellt sich die Frage der Verantwortung. Wenn Sie, Herr Gabriel, sagen, der Betreiber ist unzuverlässig, dann schauen Sie auf Ihre rechte Seite. Da sitzt der Betreiber, er heißt Annette Schavan. Das ist der Punkt, an dem Handeln angesagt ist.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: Der Brandstifter ruft nach der Feuerwehr!)
Ich will Ihnen eine ganz einfache Prophezeiung machen. Es wird noch Verschiedenes - auch die Rolle von Frau Bulmahn - in dem Untersuchungsausschuss, den Sie in Niedersachsen sicherlich mittragen werden, aufgeklärt werden. Es wird noch eine Weile diskutiert, und es werden Statusberichte geschrieben. Am Ende - da sind wir beide sicher - ist das Ergebnis eindeutig: Es wird nicht mehr die Helmholtz-Gemeinschaft sein, und es wird nicht mehr das Bergrecht sein, die die Schließung dieses Bergwerks organisieren, sondern es wird die Institution sein, die das fachkundig zum Beispiel schon in Morsleben und anderswo gemacht hat, nämlich das Bundesamt für Strahlenschutz.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn Sie einen kollegialen Rat hören wollen, dann sage ich Ihnen: Entscheiden Sie das schnell! Entscheiden Sie es selber, anstatt dazu gedrängt zu werden! Noch ist dazu Zeit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Letzte Bemerkung: Asse ist nicht irgendein Salzstock. Asse war das Vorbild für Gorleben. Asse ist von Herrn Professor Kühn, dem Hauptgutachter für Gorleben, begutachtet worden. Ich rufe gerne in Erinnerung, was Herr Professor Kühn im Jahr 1967 über die Asse geschrieben hat:
Es lässt sich aus allen Gegebenheiten schließen, dass die Gefährdung der Schachtanlage Asse II durch Wasser oder Laugeneinbrüche als minimal anzusehen ist bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sogar auszuschließen ist. Vielmehr lässt sich die diesbezügliche Situation gerade auch im Vergleich mit anderen Salzvorkommen als durchaus günstig bezeichnen.
Wenn die Asse in ihren Grundvoraussetzungen gegen Laugeneinbruch im Vergleich zu anderen Salzstöcken geologisch eine günstige Situation aufweist, dann spätestens ist es an der Zeit, die Frage eines Auswahlverfahrens mit Blick auf Gorleben, die Orientierung auch auf andere Wirtsgesteine statt auf Salz endlich auf die Tagesordnung zu setzen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das ist doch der Punkt!)
Wer jetzt so tut, als seien die Vorkommnisse in der Asse nur ein peinlicher Zwischenfall gewesen, der verkennt, dass genau diese die Fragen zur Eignung von Gorleben als Endlager neu aufwerfen. Hören Sie, die Kollegen von der CDU/CSU und der FDP, endlich auf, bei dem Auswahlverfahren für ein Endlager einen Vergleich unterschiedlicher Wirtsgesteine, wie der Bundesumweltminister ihn durchführen möchte, zu blockieren! Nur dann werden Sie Ihrer Verantwortung für die Zukunft gerecht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)
Erlauben Sie mir eine letzte Bemerkung. Ich habe gestern von Herrn Pofalla, dem Nachfolger von Herrn Hintze,
(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Guter Mann!)
gehört, Atomenergie sei Ökoenergie.
(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Recht hat er!)
Das wäre die erste Ökoenergie, bei der man damit rechnen muss, dass sie Caesium, Plutonium und andere Stoffe an die Biosphäre und an das Trinkwasser abgibt. Wenn das Öko ist, dann bin ich kein Öko mehr!
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Christoph Pries hat jetzt das Wort für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Das Versuchsendlager Asse II ist der GAU der deutschen Atomindustrie. 126 000 Fässer schwach- und mittelradioaktiven Atommülls lagern in einem Salzbergwerk, das feucht und einsturzgefährdet ist. Was lernen wir daraus?
Erstens. Die Halbwertzeit wissenschaftlicher Vorhersagen ist deutlich kürzer als die Halbwertzeit radioaktiver Stoffe.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zweitens. Bei der Suche nach einem atomaren Endlager müssen Sorgfalt und Sicherheit immer höchste Priorität haben.
Drittens. Atomenergie ist keine Ökoenergie.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Sie ist eine Hochrisikotechnologie und produziert radioaktiven Abfall, der für Jahrtausende sicher gelagert werden muss. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, Sie wollen der Atomenergie ein Ökolabel aufkleben. Dann müssen Sie den Menschen ehrlich sagen:
(Zuruf von der CDU/CSU: Tun wir ja!)
Eine Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke um zehn Jahre bedeutet 3 500 Tonnen hochradioaktiven und 8 000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktiven Abfalls zusätzlich. Die SPD-Bundestagsfraktion will das nicht. Wir stehen auch deshalb weiterhin zum Atomausstieg.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Geschichte des Versuchsendlagers Asse ist ein einziges Sammelsurium von Fehlprognosen und Intransparenz. Das neueste Kapitel dieser Geschichte ist die Entsorgung von 77 000 Litern radioaktiver Lauge. Seit 2004 tritt auf der 750-Meter-Sohle Lauge auf, die mit Caesium-137 kontaminiert ist. Die Caesium-Konzentration in der Flüssigkeit überschreitet den zulässigen Grenzwert zum Teil um das Achtfache. Es ist nicht auszuschließen, dass die Lauge durch Kontakt mit dem eingelagerten Atommüll kontaminiert wurde.
Die Betreibergesellschaft hat diese Lauge aufgefangen und zwischen Februar 2005 und Januar 2008 auf der 975-Meter-Sohle nicht rückholbar entsorgt. Diese Entsorgung geschah ohne eine ausreichende strahlenschutzrechtliche Genehmigung, ohne Kenntnis der atomrechtlichen Aufsichtsbehörden und selbstverständlich ohne Information der Öffentlichkeit.
Die Verantwortlichen haben die kontaminierte Lauge nach eigenen Angaben aus Gründen des betrieblichen Strahlenschutzes entsorgt. Wie kommt es dann, dass wir in den jährlichen Strahlenschutzberichten nicht ein Wort darüber finden? Wie kommt es darüber hinaus, dass wir aus dem zusammenfassenden Laugenbericht vom 29. Februar 2008 alles Mögliche erfahren, nur nichts über die vor der Einlagerungskammer 12 genommenen Proben? Wie kommt es schließlich, dass die Wahrheit erst auf kritische Nachfragen von Kommunalpolitikern und Journalisten hin scheibchenweise ans Licht gekommen ist?
Informationen wurden der Öffentlichkeit ganz bewusst vorenthalten. Aus diesem Grund hat die SPD-Bundestagsfraktion erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Betreibergesellschaft. Wir begrüßen daher, dass Bundesumweltminister Gabriel diese Zuverlässigkeit nun überprüfen lässt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt zugleich die Einsetzung einer Taskforce zu Asse II. Wir erwarten, dass dadurch endlich alle Fakten zur und alle Missstände in der Asse auf den Tisch kommen. Sehr geehrter Herr Bundesumweltminister, unsere Unterstützung haben Sie. Wie Sie nehmen auch wir die Sorgen der Bevölkerung im Landkreis Wolfenbüttel sehr ernst. Für uns gilt:
Erstens. Es dürfen keine Maßnahmen vorgenommen werden, die ein alternatives Schließungskonzept oder eine vollständige bzw. teilweise Rückholung der eingelagerten Abfälle unmöglich machen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Axel Troost [DIE LINKE])
Zweitens. Vor einer Entscheidung über den Abschlussbetriebsplan müssen alle Optionen eingehend geprüft werden. Die sicherste, nicht die einfachste Lösung muss den Zuschlag erhalten.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Drittens. Auch eine Schließung der Asse nach Bergrecht muss den Prüfungsmaßstäben bei einem atomrechtlichen Genehmigungsverfahren in vollem Umfang genügen.
Viertens. Die umfassende Information und Einbindung der Bevölkerung muss während des gesamten Verfahrens gewährleistet sein.
In diesem Zusammenhang möchte ich an alle Beteiligten appellieren: Arbeiten Sie konstruktiv zusammen! Asse II ist ein Problem, für das wir alle verantwortlich sind. Nicht formale Ressortzuständigkeit, sondern Kompetenz muss den Ausschlag geben. Das sind wir den Menschen im Landkreis Wolfenbüttel schuldig.
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da wird das BMBF ausscheiden!)
Ich möchte meine Ausführungen mit einem Dank beenden. Mein Dank gilt Umweltminister Gabriel für sein schnelles und konsequentes Handeln.
(Beifall bei der SPD)
Mein Dank gilt aber auch den Kommunalpolitikern im Landkreis Wolfenbüttel. Nur deshalb, weil im Umweltausschuss des Kreistages beharrlich Fragen gestellt werden, diskutieren wir heute über die Missstände im Versuchsendlager Asse II. Dieses Engagement sollte man auch von dieser Stelle aus einmal würdigen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Jochen-Konrad Fromme hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Beitrag des Kollegen Trittin war ein Beweis dafür, dass hier ein Stellvertreterkrieg geführt werden soll.
(Lachen des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])
Ich empfinde es als zynisch, dass mit den Ängsten der Menschen Politik betrieben wird. Unsere Aufgabe ist, uns um die Sicherheit der Menschen vor Ort zu kümmern. Es ist eine Erblast, mit der wir es zu tun haben.
(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)
Unser erstes Ziel muss sein, alles zu tun, was den Menschen dient.
(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig! - Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir reden über Ihren Atommüll!)
- Herr Kollege Trittin, ich will Ihnen einmal Folgendes sagen: Wer mit dem Finger auf andere zeigt, der zeigt mit zwei Fingern auf sich selbst.
(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie waren von 1990 bis 1994 in Niedersachsen verantwortlich, Sie waren von 1998 bis 2005 im Bund verantwortlich, und da ist nichts passiert.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
2005 hat es einen Kulturwechsel in der Frage des Umgangs mit der Asse gegeben; denn seitdem herrscht Offenheit, und wir kümmern uns um die Menschen. Die Kollegin Schavan war die erste verantwortliche Forschungsministerin, die vor Ort war.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Bundesumweltminister Gabriel war als zuständiger Minister vor Ort. Sie, Herr Trittin, habe ich da noch nie gesehen, obwohl Sie lange für diese Fragen zuständig waren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Dass die Informationen heute öffentlich sind, ist ein Zeichen der neuen Kultur.
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Verdienst der Bürgerinitiative!)
Erst die Tatsache, dass wir alles auf den Tisch gelegt haben, hat den Landkreis in die Lage versetzt, die Fragen zu stellen.
Nun sage ich ganz offen: Transparenz hat für mich auch etwas mit aktivem Handeln zu tun. Das bedeutet: nicht nur auf Anfrage auf den Tisch legen, sondern selbst Hinweise geben. Das ist hier nicht geschehen. Insofern müssen wir besser werden.
Seit 2007 gibt es die Vereinbarung darüber, wie wir mit diesen Dingen umgehen. Seitdem - das ist der Punkt - hat sich vieles geändert. Wir haben die Menschen dort ernst genommen und ihnen gesagt: Wir müssen uns um die Sache kümmern. - Übrigens war ich schon viel öfter und viel früher da als andere, selbst in der Zeit, als wir noch in der Opposition waren. Ich glaube, es gibt kaum jemanden hier im Raum, der sich so oft um die Angelegenheiten dort gekümmert hat.
(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben die Asse-Begleitgruppe eingesetzt. Wir haben den Optionenvergleich eingeleitet. Ich sage es noch einmal: Die Tatsache, dass wir heute darüber diskutieren, hat ihre Wurzel
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Bürgerinitiative!)
in unserem veränderten Verhalten.
Entscheidend ist nicht die Frage, nach welchem Recht man vorgeht. Im Hinblick auf Technik und Sicherheit kommt es auf den richtigen Lösungsweg an, und es ist völlig egal, ob wir den nach Bergrecht oder nach Atomrecht beschreiten.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)
Wenn wir aber noch lange Symposien darüber durchführen, dann verlieren wir Zeit, die die Menschen vor Ort nicht haben. Darum geht es doch.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich sage Ihnen: Wir haben die positiven Elemente des Atomrechts, nämlich die Öffentlichkeit, und die positiven Elemente des Bergrechts, nämlich die vermehrten Klagemöglichkeiten der Bürger, im Verfahren freiwillig verbunden. Wir haben sozusagen das Optimum aus beiden Rechtsgebieten gebildet. Etwas Besseres kann es doch nicht geben.
Jedem, der heute Kritik daran übt, stelle ich immer wieder die Frage, was er gemacht hat, als er die Möglichkeit hatte, zu handeln.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ihnen, die Sie die heutige Aktuelle Stunde beantragt haben, kann ich nur sagen: Sie sollten sich schämen und mit einem roten Kopf hier herauslaufen, weil Sie in den Jahren, in den Sie Regierungsverantwortung trugen - immerhin sieben Jahre Berlin und vier Jahre Hannover -, nichts gemacht haben.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Sie sind doch die Letzten; denn - ich sage es noch einmal - Sie wollen sich gar nicht um Asse kümmern, sondern hier einen Stellvertreterkrieg führen. Das finde ich nicht in Ordnung.
(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach Gott!)
Zu dem Vorschlag, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, sage ich: Das bringt uns, so reizvoll das wäre, weil man da gerade Ihre Rolle, Herr Trittin, ganz besonders gut beleuchten könnte, nichts.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Machen Sie doch!)
Bündeln wir doch die Kräfte, um die Probleme anzupacken und technisch nach dem besten Weg zu suchen.
Egal, wie man zu den einzelnen Fragen steht, eines steht doch fest: Wir haben verstrahlte Abfälle aus der Medizin, aus der Forschung.
(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)
Ich habe noch nie gehört, dass Sie Nuklearmedizin ablehnen. Ich für mich persönlich lehne sie auch nicht ab. Aber wenn man sie nicht ablehnt, dann muss man sich auch um die Reste kümmern.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Deswegen brauchen wir Endlagerung, unabhängig von der Energiefrage, bei der ich natürlich eine andere Auffassung habe als Sie. Das ist selbstverständlich, weil Sie ja in den letzten Jahren nichts dazugelernt haben.
Meine Damen und Herren, deswegen sage ich: Es ist verlogen, wenn man sich hier hinstellt und so tut, als wenn man etwas für die Menschen tun wollte, aber in Wahrheit nur Klamauk macht, um eine ganz andere Frage zu diskutieren.
(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Lassen Sie uns doch die Sorgen der Menschen vor Ort ernst nehmen und uns darum kümmern.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihnen steht doch das radioaktive Wasser bis zum Hals! Wo wollen Sie es denn einlagern?)
Ich sage Ihnen: Anders als Sie tun wir das.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Jetzt spricht der Kollege Klaus Hagemann für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD - Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erst die Menschen radioaktiv vergiften, sich dann aber hier hinstellen und den dicken Maxe machen! - Gegenruf des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Da in der ersten Reihe ein bisschen herumzupupen, hilft ja auch nicht! - Weiterer Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch gar nichts zum Lager gesagt! Wo ist denn das sichere Endlager? - Gegenruf des Abg. Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Schacht Konrad zum Beispiel! - Gegenruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo? Gorleben - Salz, bitte! - Gegenruf des Abg. Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Ja, ja, ja! Stellen Sie sich doch einmal hin und nennen Sie Ihre Alternative!)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem ich die aufgeheizte Debatte verfolgt habe, stellt sich mir nun die Frage: Wie wirken sich diese Entwicklungen finanziell aus? Das ist die Hauptfrage; denn es geht ja darum, eine Antwort auf die Frage zu finden, ob die Nutzung von Atomenergie umweltfreundlich und preiswert ist. Als Erstes frage ich mich: Für wen ist sie preiswert?
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ist sie für die Atomwirtschaft oder für den Steuerzahler und die öffentliche Hand preiswert?
Wir diskutieren über Asse, aber das Thema ist noch wesentlich komplexer; der Kollege Tauss hat das eben schon angerissen. Ich möchte das nun aus finanzieller und haushalterischer Sicht noch einmal etwas beleuchten. Es geht ja nicht nur um diese Einrichtung, sondern es gibt noch 10 bis 15 weitere Einrichtungen, wo atomarer Abfall entsorgt wird. Hier fallen auch entsprechende Kosten an, die bei keinem Preisvergleich zwischen atomarer und nichtatomarer Energie berücksichtigt werden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Vielmehr werden sie vom Steuerzahler bezahlt. Diesen Aspekt müssen wir auch mit einbeziehen.
Lassen Sie mich zunächst noch einiges zu Asse aus finanzieller Sicht hinzufügen: Im Finanzplan sind bis zum Jahr 2017 insgesamt 775 Millionen Euro vorgesehen; diese Zahl sollte man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Es handelt sich um Barmittel, aber logischerweise auch um Verpflichtungsermächtigungen, weil man ja so weit in die Zukunft plant. Im Plan ist vorgesehen, dieses Jahr 57 Millionen Euro auszugeben. Frau Ministerin Schavan hat gestern, so ist mir berichtet worden, im Bildungsausschuss gesagt, dass die 57 Millionen Euro nicht reichen und wir wahrscheinlich 100 Millionen Euro brauchen, zu 100 Prozent vom Bund finanziert. Man sieht also, dass die Schätzungen nicht mit der Realität übereinstimmen und dass wir mehr brauchen werden.
(Jörg Tauss [SPD]: 100 Millionen Euro im Jahr ist die BAföG-Erhöhung!)
- Ja.
Dem Haushaltsausschuss ist ein Bericht vorgelegt worden. Darin wird die Frage der Rückstellungen beantwortet. Ich darf daraus zitieren:
Die als Rückstellungen in den Passiva der Bilanzen der Helmholtz-Gemeinschaftszentren ausgewiesenen Kostenschätzungen sind vielfach mit Unsicherheiten behaftet.
Wir sehen also, dass all diese Zahlen mit großen, dicken Fragezeichen zu versehen sind. Wenn ich die Entwicklung in den letzten Jahren beobachte, dann stelle ich fest: Sie sind nicht gleichmäßig leicht gestiegen, sondern deutlich nach oben gegangen; das sei noch einmal herausgestellt. Die Helmholtz-Gemeinschaft wird zu 90 Prozent durch den Bund finanziert; auch das sollten wir hier noch einmal deutlich machen.
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Schavan!)
Selbstverständlich muss gehandelt werden. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. Das oberste Prinzip muss natürlich sein: Sicherheit der Menschen und der Umwelt bedingt die Sicherheit der atomaren Anlagen. Deswegen müssen sowohl alle technischen als auch alle finanziellen Anstrengungen unternommen werden.
Wir haben uns schon im Herbst bemüht; das ist nicht erst jetzt auf die Tagesordnung gekommen. Herr Bundesumweltminister, bei den Haushaltsberatungen haben wir durchgesetzt, dass zwei Stellen aus dem Stellenplan des Forschungshaushalts in Ihr Haus überwiesen werden, damit die Kontrolle dieser Maßnahmen im Bereich Asse vorgenommen werden kann. Das ist nicht so leicht gewesen. Beispielsweise die FDP hatte dagegengestimmt, Frau Flach.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ist ja immer gegen Kontrolle!)
Mit dem Koalitionspartner haben wir längere Diskussionen dazu gehabt.
Wir haben schon im Herbst im Haushaltsausschuss beschlossen, dass jetzt, zum 30. Juni, ein Bericht über Asse vorzulegen ist. Auch darauf möchte ich noch einmal hinweisen.
(Beifall bei der SPD)
Die Finanzprobleme gelten nicht nur für Asse, sondern auch - Herr Tauss hat darauf hingewiesen - für die Wiederaufbereitungsanlage in Karlsruhe. Da geht es um - man höre und staune - 60 Kubikmeter atomar verseuchten Müll. Dieser Müll soll schon seit 20 Jahren entsorgt werden, und geschehen ist bisher nichts; man muss es leider sagen. Man hat 1991 geschätzt: 2 Milliarden DM sind zu bezahlen. Wir sehen heute, welche Summen auf uns zukommen: Bis zum Jahr 2035 ist nach heutiger Schätzung mit etwa 5 Milliarden Euro zu rechnen, und zwar für die WAK und die anderen Forschungsreaktoren.
(Jörg Tauss [SPD]: Euro!)
Ich sage noch einmal: 5 Milliarden Euro, die nirgendwo eingestellt sind, müssen aufgebracht werden.
(Ulrich Kelber [SPD]: Für einen einzigen Reaktor?)
- Nicht für einen einzigen Reaktor, sondern für alle Forschungsreaktoren, in denen Atommüll eingelagert wird. - Dieses Geld fehlt uns im Forschungshaushalt, um beispielsweise die Exzellenzinitiative zu finanzieren
(Beifall bei der SPD)
oder das 3-Prozent-Ziel zu erreichen. Diese Kosten müssen in die Atomstrompreise einberechnet und gesamtgesellschaftlich gedeckt werden.
Ich verweise auf die Fixkosten, die in Karlsruhe zurzeit anfallen, und zwar für den Nullbetrieb. Obwohl noch nichts geschieht, fallen dort Fixkosten an: Das sind 3 Millionen Euro im Monat, also 36 Millionen Euro im Jahr. Noch kann dort nicht gehandelt werden, weil Genehmigungen nicht erteilt worden sind, weil Nachrüstungen vorgenommen werden müssen.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Man hat in Karlsruhe jetzt plötzlich ein bisher unentdecktes Fass gefunden. Man weiß noch nicht, was darin enthalten ist. Auch hierdurch werden Mehrkosten entstehen. Hinzu kommt: Ein verrückter Mensch hat atomaren Müll aus Karlsruhe mit nach Hause nach Landau genommen. Daraufhin mussten neue Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden. Dafür mussten zig Millionen Euro aufgebracht werden. All diese Kosten müssen beim Atomstrom einberechnet werden; leider geschieht das nicht. Deswegen sollten wir nicht weiterhin über neue Atomkraftwerke reden. Die Zahlen machen das deutlich.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Das Wort hat der Bundesminister Sigmar Gabriel.
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit:
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe bei einer Reihe von Wortbeiträgen gedacht: Was werden wohl die Menschen im Landkreis Wolfenbüttel, in Remlingen und in den umliegenden Ortschaften denken angesichts der begrenzten Bereitschaft einer Reihe von Rednern, etwas dazu zu sagen, wie den Menschen vor Ort geholfen werden kann?
Frau Kotting-Uhl, was haben Sie in Ihrem Redebeitrag eigentlich zum Problem und zur Lösung des Problems gesagt?
(Beifall bei der FDP)
Meinem Eindruck nach gar nichts! Sie haben gesagt, wir sollten das Verfahren wechseln, und es solle Atomrecht gelten. Ihnen ist gar nicht aufgefallen, dass bei dem vorliegenden Problem das Atomgesetz die Grundlage der Entscheidung des Bergamtes in Niedersachsen gewesen ist. Und sie haben es falsch gemacht.
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe nicht Atomgesetz gesagt!)
Das heißt, es scheint doch nicht um die Frage zu gehen, auf welchem Verfahrensweg man etwas betreibt, sondern es scheint um die Frage zu gehen, ob ausreichend Kompetenz da ist und ob wir sie aufrüsten und mehr tun müssen. Ich glaube nicht, dass es Sinn macht, sich über die Frage zu unterhalten, welche Verfahrensschritte wir unternehmen. Ich glaube vielmehr, dass die Leute einen Anspruch darauf haben, dass alle, die an diesem Thema beteiligt sind - das niedersächsische Landesbergamt, die Fachaufsicht in Niedersachsen, der Betreiber, die Leute im Forschungsministerium, die etwas davon verstehen, und unsere Experten aus dem Bundesamt für Strahlenschutz und dem Bundesumweltministerium -, gemeinsam zusammenarbeiten, um das Problem zu lösen. Es geht nicht darum, hier vor Ort Verfahrensspielereien zu betreiben.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP - Zuruf der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich glaube übrigens, dass man über Gorleben lange debattieren kann. Aber dass man, Frau Kotting-Uhl, wirklich nichts anderes im Sinn hat, als anhand der Sorgen, die dort real existieren, sozusagen eine politische Verantwortungsdebatte zu führen, um am Ende auf Gorleben zu sprechen zu kommen, wird der Problemlage vor Ort in keiner Weise gerecht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)
Deswegen sage ich Ihnen, was wir gemacht haben. Wir haben 2007 zum ersten Mal ein gemeinsames Verfahren mit den eben beschriebenen Beteiligten vor Ort organisiert. Wir, Frau Kotting-Uhl, haben uns dafür entschieden, die Vorschläge zur Stilllegung und zur Schließung des Bergwerks in der Asse ergebnisoffen zu überprüfen,
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach unserem Antrag! Ja!)
und zwar bis hin zu der Frage, ob wir dort nicht eine Teilrückholung oder vollständige Rückholung einleiten müssen; allerdings habe ich große Zweifel daran, dass das jemals möglich sein wird.
Wir haben den Interessen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort Rechnung getragen. Wir haben gesagt: Wir werden erstmals dafür sorgen, das, was im Bergrecht nicht, aber im Atomrecht verfahrensrechtlich geht, nämlich eine Öffentlichkeitsbeteiligung, herzustellen. Und hier hat Kollege Fromme absolut recht: Es ist doch erst durch die Einrichtung dieser Begleitgruppe der Asse vor Ort mit dem Landrat Jörg Röhmann, mit den Kritikern und unter Einbeziehung externer unabhängiger Wissenschaftler gelungen, die Öffentlichkeit so zu beteiligen, dass durch die Fragen, die jetzt gestellt wurden, die Probleme auf den Tisch des Hauses gekommen sind.
Ich habe nicht zu kritisieren, was in der Amtszeit meiner Vorgänger oder auch der Vorgängerinnen von Frau Schavan passiert ist. Was ich allerdings nicht will, ist, dass ausgerechnet Sie diejenigen kritisieren, die das endlich geändert haben. Das geht nicht.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Wir fordern den Langzeitsicherheitsnachweis. Das Bundesamt für Strahlenschutz, von dem Sie sagen, dass es zuständig sein soll, prüft den Langzeitsicherheitsnachweis. Wir haben große Zweifel daran, dass alle Fragen beantwortet worden sind. Wir haben gesagt: Ihr müsst eine Störfallanalyse erstellen. - Die ist bis dahin überhaupt nicht Gegenstand der Beratung gewesen. Also, all das, was Sie einfordern - die Fachkompetenz des Bundesamtes für Strahlenschutz und die des Bundesumweltministeriums -, ist in das Verfahren eingebracht worden, und es macht nicht viel Sinn, den Streit darüber zu führen, ob es verfahrensrechtlich besser unter Bergrecht oder unter Atomrecht fällt.
Ich sage Ihnen - das wissen Sie auch von mir -: Ich bin natürlich der Überzeugung, dass eine Menge dafür spricht, dass wir ein Bundesendlager nach § 9 a des Atomgesetzes einrichten. Das wird auch weiter beraten werden. Dazu gibt es - übrigens ausgehend von Ihrem Banknachbarn - eine andere Rechtsauffassung. Denn das Bundesumweltministerium hat früher die Auffassung vertreten, dass hier nach Bergrecht verfahren werden muss. Ich erspare es mir, Ihnen all das vorzulesen. Es gab vorher unter dem Kollegen Trittin eine völlig andere Rechtsauffassung als die, die ich heute vertrete. Es macht allerdings keinen Sinn, dass wir uns heute über die Frage des rechtlichen Rahmens streiten.
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich macht es Sinn!)
Sind wir in der Praxis in der Lage, die Schritte einzuleiten, die gewährleisten, dass wir das richtige Schließungskonzept verfolgen? Ja oder nein? Hier sind der Kollege Sander, die Kollegin Schavan und ich absolut einer Meinung, dass wir es gemeinsam zu bewältigen haben.
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind Sie in guter Gesellschaft!)
Daran gibt es keinen Zweifel, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
In dem laufenden Verfahren ist es nach unserer Auffassung offensichtlich zu Rechtsverstößen gegen das Strahlenschutzrecht gekommen. Wir werden jetzt überprüfen, was noch alles passiert ist. Wir wollen die Dokumentationen einsehen. Wir reden noch nicht über die Schließungskonzepte; sie werden derzeit erst überprüft. Wir wollen aber wissen, ob die Aussage des Kollegen Sander zutrifft, dass die Standsicherheit des Grubengebäudes nur bis zum Jahre 2014 gewährleistet werden kann. Die entscheidende Frage ist, ob wir überhaupt die Chance haben, unterschiedliche Optionen zu verfolgen. Niemand - auch Sie nicht - wird Bergleute mit einem anderen Schließungskonzept als der Flutung dort hineinschicken können, wenn die Sicherheit des Grubengebäudes über 2014 hinaus nicht gewährleistet werden kann.
Wir wollen sicherstellen, dass auch geprüft wird, ob durch technische Baumaßnahmen die Sicherheit des Grubengebäudes nicht längerfristig aufrechterhalten werden kann, zum Beispiel durch den Einsatz von Salzbeton. Bisher ist dort Salzgrus eingebaut worden und nicht wie in Morsleben Salzbeton. Deswegen ist die Stabilität des Grubengebäudes dort nicht so hoch wie in Morsleben. Wir wissen daher nicht, mit welchem Schließungskonzept wir am Ende vernünftigerweise arbeiten müssen. Herr Kollege Sander hat recht, dass dies bis zum Ende des Jahres geklärt sein muss.
Herr Kollege Hill, da Sie uns vorhin angegriffen haben, sage ich Ihnen: Beim Thema Morsleben können Sie viel Kompetenz in Ihren Reihen finden. Wir bewältigen da eine Altlast aus der DDR.
(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: So ist es! - Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Genau!)
Machen Sie uns nicht zum Vorwurf, dass wir damit nicht korrekt umgehen würden. Wir sind die richtige Behörde, die vernünftig handelt.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Ich bin mir nicht ganz sicher, wie Sie vorhin Ihre Hinweise gemeint haben.
(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Schon verstanden!)
Gestatten Sie mir deshalb diese Bemerkung.
In der Sache selber wollen wir natürlich auch überprüfen, was eigentlich der Grund dafür ist, dass die Helmholtz-Gemeinschaft bei der Anwendung des geltenden Strahlenschutzrechtes Vorschläge gemacht hat, die zu Fehlentscheidungen führen, und warum die niedersächsische Bergbehörde dementsprechend falsch reagiert hat. Natürlich gehört das auf den Tisch des Hauses. Wir haben Zweifel an der Fachkunde und Zuverlässigkeit des derzeitigen Betreibers.
Aber der nächste Schritt muss doch sein, zu klären, wie man diese Zweifel ausräumen kann. Was immer wir aufseiten der Betreiber verändern, so ist doch klar, dass wir die, die dort arbeiten, auch in Zukunft auf Dauer brauchen. Niemand kann doch auf die Idee kommen, die jetzt dort arbeitenden Bergleute und Ingenieure auszutauschen.
(Patrick Döring [FDP]: So ist es!)
Niemand hat mehr Kompetenz, was die Asse angeht, als diejenigen, die dort arbeiten. Wir können ihnen nicht vorwerfen, sie würden ihren Job nicht vernünftig machen. Es stellen sich vielmehr die Fragen: Ist die Prozesssteuerung sinnvoll? Ist das Management vernünftig organisiert oder müssen wir da aufrüsten? Welche Leitfragen müssen die Basis für die Arbeit sein? Ich werfe den Bergleuten und Ingenieuren doch nicht vor, sie würden falsch handeln. Die Prozesssteuerung läuft offensichtlich nicht korrekt.
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! Genau!)
Frau Kotting-Uhl, diese Leute und ihr Wissen brauchen wir heute, morgen und leider auch noch übermorgen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Ich will darauf hinweisen, dass das Problem nicht auf triviale Art gelöst werden kann, indem wir das Verfahren wechseln. Damit haben wir nichts gewonnen. Wir werden die Menschen auch weiterhin brauchen.
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen die Verantwortlichen wechseln und nicht das Verfahren!)
- Ich sage Ihnen einmal etwas zum Thema Verantwortung. Es gibt einen einzigen Vorfall, bei dem sich das Bundesumweltministerium aufsichtsrechtlich eingeschaltet hat. Das war in der letzten Woche. Wir haben die Verantwortung erstmals wahrgenommen. Davor hat sich im Bundesumweltministerium niemand jemals rechtlich eingeschaltet.
(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: So ist es!)
Machen Sie uns jetzt doch nicht den Vorwurf, wir würden unsere Verantwortung nicht wahrnehmen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Der Kollege Jürgen Trittin ist der Letzte, dem man vorwerfen könnte, er würde mit atomrechtlichen Fragen nicht sorgfältig umgehen. Wir beide kennen uns ein paar Tage länger aus unterschiedlichen Zusammenhängen. Wir standen mal näher und waren mal etwas weiter voneinander entfernt. Ich werfe ihm nicht vor, dass er sich damals bei der Entscheidung der Bundesregierung gegen den Wechsel zum Atomrecht entschieden hat. Er wirft mir meine Rolle heute ebenfalls nicht vor.
Ich bitte Sie, Frau Kotting-Uhl, Folgendes zu beachten: Wir wollen - das ist doch das, was Sie fordern - unserer Zuständigkeit als Bundesaufsicht gerecht werden. Wir sind die oberste Strahlenschutzbehörde; deswegen haben wir uns eingeschaltet. Wir sind die oberste Atomaufsichtsbehörde; deswegen haben wir uns eingeschaltet. Werfen Sie uns daher nicht das vor, was wir jetzt tun. Genau das machen Sie aber heute.
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich werfe Ihnen gar nichts vor!)
Das werden wir uns von Ihnen nicht gefallen lassen. Da können Sie sicher sein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Letzte Bemerkung, was den Gesamtzusammenhang mit der Region angeht. Frau Kotting-Uhl, Sie dürfen sich bei der Debatte um die Endlagerung nicht wie Biedermann und die Brandstifter verhalten. Sie fragen uns heute, wie wir vor Ort angesichts von Asse II Akzeptanz für Schacht Konrad finden wollen. Um das zu erreichen, dürfen Sie erstens nicht permanent Schacht Konrad in der Öffentlichkeit infrage stellen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Das ist unter anderem ein Projekt, für das Sie mitverantwortlich zeichnen. Zweitens müssen Sie den Menschen die volle Wahrheit sagen, und die lautet, dass bei Konrad der Langzeitsicherheitsnachweis, die Störfallanalysen, also all das, was bei Asse II aufgrund der historischen Dimension dieses Versuchsbergwerks nicht geschehen ist, vorher stattgefunden hat. Das heißt, all die Probleme, die wir heute haben, gibt es bei Konrad deshalb nicht, weil vorher eine Prüfung stattgefunden hat und weil die Mitarbeiter im Bundesamt für Strahlenschutz, die Sie für kompetent gehalten haben, dafür geradegestanden haben und der Auffassung sind: Konrad ist ein sicheres Endlager. Wenn Sie das den Menschen sagen und keine scheinheiligen Fragen zu Schacht Konrad stellen, dann werden Sie dazu beitragen, dass die Menschen vor Ort Vertrauen in unsere Endlagerpolitik haben.
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Herr Minister!
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit:
Wenn Sie aber immer wieder versuchen, Asse II in Verbindung zu Konrad zu bringen, obwohl es keine Verbindung gibt, dann machen Sie das Gegenteil von dem, was Sie hier einigermaßen scheinheilig vorgetragen haben. Darum geht es mir.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Das Wort hat jetzt Carsten Müller für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte hat einiges gezeigt, vor allen Dingen aber eines - gestatten Sie mir diese Bemerkung als jemandem, der sowohl vom Schacht Konrad als auch vom Schacht Asse II nicht weit entfernt wohnt -: Die niedersächsische Landesregierung und die Bundesregierung nehmen die Sorgen der Menschen vor Ort ernst.
Wichtig scheint mir allerdings die Feststellung zu sein - das ist in der Diskussion etwas zu kurz gekommen -, dass nach den Bekundungen der Bundesministerien durch den heute an sich zu diskutierenden Vorgang, nämlich das Umpumpen von radioaktiver Salzlauge, nach heutigen Erkenntnissen ganz offensichtlich keine Gefährdung für die Öffentlichkeit und die Belegschaft im Schacht entstanden ist. Das ist eine wichtige Feststellung. Noch wichtiger ist, dass wir gemeinsam umgehend dafür sorgen müssen, dass auch in Zukunft keine Gefährdung von der Schachtanlage Asse ausgeht, dass die berechtigten Sorgen der Bevölkerung vor Ort Berücksichtigung finden und ihnen Rechnung getragen wird. Darauf haben sich unsere gemeinsamen Anstrengungen zu konzentrieren. Weil das so ist - auch das ist mehrfach bekundet worden; leider ist es nicht von jedem Redner beherzigt worden -, eignet sich das Thema dieser Aktuellen Stunde denkbar schlecht für parteipolitischen Streit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Aufgrund der vorangegangenen Redebeiträge möchte ich Ihnen allerdings zwei Gesichtspunkte nicht ersparen, zum einen die Feststellung - Kollegin Flachsbarth hat darauf richtigerweise hingewiesen -, dass es der CDU-Ministerpräsident des Landes Niedersachsen, Ernst Albrecht, war, der im Jahre 1977, also unmittelbar nach seinem Amtsantritt, die Einlagerung insbesondere des mittelradioaktiven Abfalls umgehend gestoppt hat. Ich fand es zum anderen außergewöhnlich bemerkenswert - Kollege Gabriel ist eben darauf eingegangen -, dass sich ein vorgeblicher Feuerwehrmann, der sich an der Diskussion beteiligt hat, bei genauerem Hinschauen eher als mitverantwortlicher Brandstifter entpuppt hat.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Beim Entpuppen - Frau Kotting-Uhl, Sie schauen etwas ungläubig - versucht er, sozusagen durch lautes Geschrei Tumult auszulösen, um dann entwischen zu können. Das werden wir allerdings nicht zulassen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es ist eine Taskforce eingerichtet worden. Fachleute aus dem Landesumweltministerium in Niedersachsen, dem Bundesumweltministerium und dem Bundesforschungsministerium setzen sich zusammen und beraten die Lage, das weitere Vorgehen - und das in großer Transparenz. Das halte ich für außerordentlich wichtig; das ist das berechtigte Anliegen der Menschen vor Ort,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
des Landkreises, der interessierten Öffentlichkeit.
Ich möchte Bundesumweltminister Gabriel ganz ausdrücklich dafür danken, dass er in seinem Redebeitrag eine außergewöhnlich differenzierte Betrachtung von Asse II auf der einen Seite und anderen in Aussicht genommenen Endlagern auf der anderen Seite - beispielsweise Schacht Konrad und Gorleben - vorgenommen hat. Nur so wird man den Schwierigkeiten und den Sorgen der Menschen vor Ort gerecht. Frau Kotting-Uhl, es nutzt Ihnen nichts, weder kurz- noch mittel- noch langfristig, die Menschen weiter in Aufruhr und Angst zu versetzen.
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben von alleine Angst!)
Wir müssen Lösungen finden.
(Beifall bei der CDU/CSU - Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/CSU]: So ist es! Wir brauchen Lösungen!)
Wenn Sie das abstreiten, empfehle ich Ihnen die Lektüre Ihres eigenen Redebeitrages zu diesem Thema.
Ich möchte ausdrücklich der Bundesforschungsministerin Annette Schavan danken. Mit ihrem Besuch der Schachtanlage am 9. Januar 2008 hat sie dieses Thema ganz oben auf die bundespolitische Tagesordnung gesetzt. Das haben die Menschen in der Region - Sie können mir das glauben - wohltuend zur Kenntnis genommen. Ebenso nehmen sie wahrscheinlich die sachlichen Redebeiträge von heute wohltuend zur Kenntnis. Ich unterstütze die Anstrengungen von Frau Schavan sehr. Ich unterstütze auch die Forderung des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff sehr, der sagt: Nun schonungslose Offenheit und transparentes Vorgehen allenthalben,
(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen ist er auch gegen einen Untersuchungsausschuss!)
damit wir die Bevölkerung, die berechtigterweise etwas irritiert ist - der Bevölkerung geht es nicht anders als uns -, informiert und unterrichtet halten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Zeitachse ist dargestellt worden. Weil das ein drängendes Problem ist, kann die Forderung von uns allen, die wir guten Willens sind, nur lauten: Das Problem Asse II muss mit Sorgfalt, Sicherheit, Umsicht und vor allen Dingen zügig gelöst werden. Ich hoffe, in dieser Angelegenheit möglichst viele Mitstreiter zu finden. Frau Kotting-Uhl, ich habe auch Sie noch nicht verloren gegeben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Dieter Grasedieck spricht jetzt für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bürgerinnen und Bürger brauchen mehr Transparenz. Die Bürgerinnen und Bürger brauchen Zukunftslösungen. Das ist das Entscheidende. Darum müssen wir uns bemühen. Wir müssen die Sorgen der Menschen in diesem Gebiet ernst nehmen, und wir müssen das Ganze aufarbeiten. Schuldzuweisungen und Vorwürfe sind manchmal unterhaltsam, wie diese Plenarsitzung zeigt, aber eigentlich sind Lösungen gefragt. Ich muss Ihnen sagen: Unsere Bundesregierung ist diesbezüglich auf dem richtigen Weg,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
und auch die Betreibergesellschaft bemüht sich, Hilfen anzubieten.
Natürlich sind das echte Probleme. Asse macht deutlich, wie ohnmächtig wir manchmal sind und wie hilflos wir auf solche Entsorgungsprobleme reagieren. Das Versagen der Behörden ist ein Thema; darüber haben Sie ausführlich gesprochen. Wichtig sind die Lösungen, und dafür brauchen wir belastbare Langzeitanalysen, die vom Minister gerade angesprochen worden sind. Das ist entscheidend; denn Atomkraft kostet uns schließlich viel Geld; Klaus Hagemann hat vorhin schon darauf hingewiesen. Allein für die Stilllegung der Atomkraftwerke sind im Langzeitprogramm der Bundesregierung 3 Milliarden Euro vorgesehen, für die Endlagerung fast 4 Milliarden Euro und für Morsleben - es ist vorhin schon gesagt worden, dass der Bund diese Kosten allein trägt - 2 Milliarden Euro. Nein, Kernkraft ist kein billiger Ökostrom. Diese Aussage kann man nur unterstreichen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Gestern waren Krümmel, Brunsbüttel und die schwedischen Atomkraftwerke unser Thema. Morgen wird vielleicht über andere Störfälle diskutiert werden. Heute diskutieren wir ausführlich über Asse II. In der Salzlauge ist der Grenzwert um deutlich mehr als das Achtfache überschritten worden. Das ist nicht zu vertreten. Wir müssen die Gefahren sehen und die Probleme der Bürgerinnen und Bürger ansprechen. Wir müssen überlegen, welche Lehren wir langfristig aus diesen Diskussionen ziehen.
Zur Sicherheitsproblematik hat der Minister vieles ausführlich dargestellt. Das muss fortgesetzt werden. Wir haben keine Alternative. Wir müssen das Problem lösen. Es ist eine überkommene Last, um die wir uns jetzt kümmern müssen.
Wenn wir die Planung langfristig durchführen, sind wir auf dem richtigen Wege. Die Bundesregierung bemüht sich schon seit Jahren darum, den Ökostrom - und nicht den Atomstrom - an erster Stelle zu forcieren und zu fördern.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD - Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/CSU]: Blödsinn! Das ist Quatsch!)
Damit sind viele Arbeitsplätze verbunden. Unsere Förderung umfasst die unterschiedlichsten Bereiche, unter anderem Windenergie. Da sind wir, die Bundesregierung und die Koalition, erfolgreich. Wir gehen in eine neue, sichere Zukunft ohne Atomkraft. Das ist entscheidend und wichtig. Da vorhergesagt wird, dass wir auch im Jahre 2030 unseren Bedarf noch nicht allein mit erneuerbaren Energien decken können, müssen wir uns die Frage stellen: Muss die Förderung der Steinkohle nicht über 2018 hinaus weiterlaufen? Das ist im Zusammenhang mit Asse eine entscheidende Frage; denn es ist direkt damit verbunden. Diese Lehre müssen wir daraus ziehen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Deshalb sage ich: Das Auftreten solcher Vorfälle kann reduziert werden, wenn wir unsere eigenen Ressourcen, zum Beispiel die Kohle, berücksichtigen. Sie ist entscheidend und wichtig. Asse zeigt deutlich, wie schwierig es ist, die gefährlichen Abfallprodukte zu entsorgen. Deshalb brauchen wir Transparenz, Langzeitanalysen und endlich Lösungen. Darum bemüht sich unsere Bundesregierung. Die Bürgerinnen und Bürger stehen dabei im Mittelpunkt.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Ich schließe die Aussprache. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.