April 2008

080407

ENERGIE-CHRONIK


Umweltbundesamt sieht keine Kraftwerkslücke durch Atomausstieg

In der propagandistischen Auseinandersetzung um den Bau neuer Kraftwerke hat am 7. April auch das Umweltbundesamt (UBA) seine "Kurz-Studie" veröffentlicht. Die Behörde gelangt dabei zu ganz anderen Zahlen und Prognosen als die Deutsche Energie-Agentur (Dena), die im März ihre "Kurzanalyse" vorlegte (080308). Die Diskrepanz der beiden Analysen hat offensichtlich damit zu tun, daß die Dena dem Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) untersteht, während das UBA zum Ressort von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) gehört. Dena-Chef Stephan Kohler hat inzwischen eingeräumt, daß seine Studie von E.ON und RWE mitfinanziert wurde.

Das UBA will mit seinem Papier belegen, daß die deutsche Stromversorgung bei planmäßigem Festhalten am Atomausstieg nicht gefährdet wäre. Es sei auch nicht erforderlich, den Wegfall der Kernkraftwerke durch einen entsprechenden Zubau an kohlebefeuerten Kondensationskraftwerken auszugleichen. Der Ausgleich könne vielmehr durch Stromeinsparung, vermehrte Kraft-Wärme-Kopplung und Ausbau der erneuerbaren Energien erfolgen. Im einzelnen hält es das UBA für realistisch, bis zum Jahr 2020 folgende Ziele zu erreichen:

Nach der UBA-Studie nimmt der Anteil kohlebefeuerter Kondensationskraftwerke an der Stromproduktion bis 2020 sogar eher ab statt zu, da der Emissionshandel diese Technik gegenüber der Kraft-Wärme-Kopplung und den erneuerbaren Energien zunehmend unwirtschaftlich machen werde.

Wie diese Grafik zeigt, erhofft sich das UBA die Schließung der Kraftwerkslücke durch eine starke Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung sowie des Zubaues bei der Kraft-Wärme-Kopplung, während kaum neue Kondensationskraftwerke mit Kohle- oder Gasbefeuerung gebaut werden und deren Anteil insgesamt sogar sinkt. – Die unten genannten Zahlen zu den in Bau befindlichen und geplanten Anlagen passen allerdings schlecht zu dieser Prognose.

24 größere Kraftwerke derzeit im Bau – Bis 2018 sollen insgesamt 60 Anlagen in Betrieb gehen

Nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sind derzeit in Deutschland 60 größere Kraftwerksprojekte mit Leistungen ab 20 MW in Bau oder geplant, die bis 2018 in Betrieb gehen sollten. Davon befänden sich bereits 24 Anlagen mit einer Leistung von insgesamt rund 11.500 MW und einem Investitionsvolumen von knapp 13 Milliarden Euro im Bau. Insgesamt liege das Investitionsvolumen bei rund 38 Milliarden Euro, sagte BDEW-Präsident Michael G. Feist am 21. April auf der Hannover-Messe. Wegen der noch bestehenden Unklarheiten bei der Ausgestaltung der Anreizregulierung und die derzeitige Diskussion um Kraftwerke sei allerdings noch unklar, ob die geplanten Investitionen in vollem Umfang realisiert würden. Allein seit Ende 2006 seien die Planungen von neun Projekten mit einer Leistung von etwa 6.000 MW wieder eingestellt worden.

Die vom BDEW genannten Anlagen haben eine Gesamtkapazität von 34.226 MW. Davon entfallen rund 60 Prozent auf Steinkohle-Kraftwerke (20.369 MW), gefolgt von 26 Prozent Erdgas-Kraftwerken (8.895 MW) und 10 Prozent Braunkohle-Kraftwerken (3.465 MW). Die restlichen 4 Prozent sind Offshore-Windparks (513 MW), Regelkraftwerke (285 MW), Müllverbrennung (201 MW), Wasserkraft (98 MW) und Solarparks (90 MW). Gut drei Viertel der bis 2018 geplanten Anlagen sollen bereits bis 2012 in Betrieb gehen (siehe Tabelle).

Die im Bau befindliche oder bis 2018 geplante Steinkohle-Leistung von 20.369 MW würde im Vergleich mit der im Jahre 2006 installierten Kapazität der Steinkohle-Kraftwerke (28.700 MW) gut siebzig Prozent ausmachen. Beim Erdgas wären es 42 Prozent der gegenwärtig installierten Leistung und bei der Braunkohle 16 Prozent. Unter der Annahme eines gleichbleibenden Stromverbrauchs und des völligen Ausstiegs aus der Kernkraft (21.200 MW im Jahr 2006) stünden bis 2018 zur Deckung des Ersatzbedarfs an Kraftwerken noch 13.000 MW zur Verfügung.

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