April 2007 |
070403 |
ENERGIE-CHRONIK |
"Um die hohe Unsicherheit im Hinblick auf das Übernahmeangebot für Endesa zu beenden", unterzeichnete E.ON am 2. April mit dem italienischen Energiekonzern Enel und dem spanischen Baukonzern Acciona eine Vereinbarung, die auf die Zerschlagung des größten spanischen Energiekonzerns hinausläuft. Demnach verzichtet E.ON nicht nur auf den ursprünglich geplanten Mehrheitserwerb, den Enel und Acciona inzwischen faktisch unmöglich gemacht haben, da sie bereits 46 Prozent der Aktien besitzen, sondern auch auf eine Minderheitsbeteiligung an Endesa. Im Gegenzug verpflichten sich Enel und Acciona, kurzfristig ein Angebot zur kompletten Übernahme der Endesa vorzulegen und umfangreiche Beteiligungen aus dem so erworbenen Konzern an E.ON weiterzuverkaufen.
Da das von E.ON beantragte Übernahmeverfahren bereits im Gang war, verpflichtete sich der E.ON-Konzern gegenüber Enel und Acciona zum Festhalten an seiner ursprünglichen, inzwischen unrealistisch gewordenen Bedingung, daß das Kaufangebot zur Erlangung von 50 Prozent plus eine Aktie führen müsse. Wie die spanische Börsenaufsicht mitteilte, wurden bis zum Ablauf der Offerte am 3. April nur gut sechs Prozent der Aktien zum Verkauf angeboten. Damit war das Kaufangebot von E.ON erwartungsgemäß gescheitert, so daß nun der übrige Teil der Vereinbarungen mit Enel und Acciona in Kraft treten konnte.
Bis kurz vor der Einigung hatten sich beide Seiten weiter bekriegt: E.ON versuchte einen Gerichtsbeschluß zu erreichen, der es Enel und Acciona untersagt hätte, weiterhin ein neues und noch höheres Übernahmeangebot für Endesa anzukündigen, falls E.ON im laufenden Übernahmeverfahren der Mehrheitserwerb nicht gelingen sollte (070302). Da das Scheitern des Mehrheitserwerbs absehbar war und somit die Endesa-Aktionäre auf ein noch höheres Angebot im Herbst hoffen konnten, schwanden für E.ON zugleich die Aussichten auf eine nennenswerte Minderheitsbeteiligung.
Obwohl die Ankündigung eines noch höheren Angebots durch Enel und Acciona das laufende Übernahmeverfahren torpedierte, war sie von der spanischen Börsenaufsicht CNMV zugelassen worden. Die Behörde hatte lediglich eine Frist von sechs Monaten bis zur tatsächlichen Abgabe des Angebots verfügt (070302). Offensichtlich geschah dies gegen den Willen von CNMV-Präsident Manuel Conthe, der von den Direktoren der Börsenaufsicht überstimmt wurde. Am 4. April kündigte Conthe seinen Rücktritt an. Er wollte ihn aber erst vollziehen, wenn er die Gründe dafür vor dem Wirtschaftsausschuß des Parlaments dargelegt habe. Die übrigen Mitglieder der Börsenaufsicht, die zum großen Teil der sozialdemokratischen Regierungspartei angehören, veröffentlichten eine Erklärung, in der sie Conthe eine Schädigung der Behörde vorwarfen. Der sozialdemokratische Finanzminister Pedro Solbes entzog Conthe öffentlich das Vertrauen. Dieser warf seinerseits der Regierung vor, sie verletze die Normen des Wertpapiermarkts.
Wie der E.ON-Konzern am 2. April mitteilte, erhält er aufgrund der mit Enel
und Acciona getroffenen Vereinbarungen ein umfangreiches Beteiligungspaket mit Aktivitäten
in Spanien, Italien und Frankreich sowie in Polen und in der Türkei. Der Kaufpreis
betrage insgesamt rund zehn Milliarden Euro. Die exakte Höhe müsse erst
noch auf Basis von Marktwerten nach üblichen Verfahren ermittelt werden.
E.ON werde dadurch in Spanien und Italien zum viertgrößten und in Frankreich
zum drittgrößten Stromerzeuger. In Spanien werde E.ON durch Übernahme
des Stromversorgers Viesgo und weitere spanische Erzeugungskapazitäten von Endesa
bis zum Jahr 2010 über eine Kraftwerkskapazität von insgesamt rund 6.400
Megawatt und einen Marktanteil von deutlich über zehn Prozent verfügen.
In Italien überlasse Enel dem deutschen Stromkonzern die Endesa Italia mit rund
5.000 Megawatt und in Frankreich die Endesa France/SNET mit rund 2.500 Megawatt Kraftwerkskapazität.