März 2006 |
060302 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der italienische Energiekonzern Enel will den französischen Wasser- und Stromversorger Suez übernehmen, um in den Besitz von dessen belgischer Stromtochter Electrabel zu gelangen. Die anderen Geschäftsbereiche von Suez sollen anschließend wieder verkauft werden. Dies kündigte Enel-Chef Fulvio Conti am 22. Februar in einem Interview mit der Agentur Reuters an. Am selben Tag ließ er außerdem in einem Fernsehinterview verlauten, daß Enel möglicherweise mit der spanischen Gas Natural gemeinsam für den spanischen Energieversorger Endesa bieten werde. Conti reagierte damit offensichtlich auf die am Vortag bekanntgewordene Offerte des E.ON-Konzerns für Endesa (060301).
Die französischen Versorger Suez und Gaz de France (GDF) verkündeten daraufhin am 27. Februar die Absicht, zum "Weltmarktführer bei Energie und Umwelt" zu fusionieren. Sie hätten dabei die Unterstützung des französischen und des belgischen Staates, die beide bedeutende Anteilseigner beider Unternehmen seien, hieß es in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Die französische Regierung werde zur Ermöglichung der Fusion so bald wie möglich eine Änderung des Gesetzes vom 9. August 2004 herbeiführen, das bisher für GDF eine staatliche Mindestbeteiligung von 70 Prozent am Aktienkapital vorschreibt (041105). Mit dem Abschluß der Fusion sei im zweiten Halbjahr 2006 zu rechnen.
Der EU-Kommission mißfällt die staatliche Protektion der geplanten Fusion
von Suez und GDF ebenso wie der Versuch der spanischen Regierung, eine Übernahme
der Endesa durch E.ON zu verhindern. Nicht ganz so sensibel verhält sich die
Kommission gegenüber der Protektion von Enel durch die italienische Regierung:
Jedenfalls wurde der italienische Finanzminister Tremonti am 28. Februar von Wettbewerbskommissarin
Neelie Kroes und am 1. März von Binnenmarkt-Kommissar McCreevy empfangen, um
den Standpunkt seiner Regierung zur Fusion von Suez und GDF darlegen zu können,
obwohl diese noch gar nicht offiziell bei der Kommission angemeldet worden war. Nach
Ansicht der italienischen Regierung verstößt die geplante Ausbootung von
Enel gegen Grundsätze des Binnenmarktes wie den freien Kapitalverkehr, die Nichtdiskriminierung
und die Richtlinien gegen Marktmißbrauch. Vor allem bei McCreevy scheint Conti
mit seiner Klage offene Ohren gefunden zu haben.
Dem Vernehmen nach will Enel für die Akquisition von Suez/Electrabel 20 Milliarden
Euro ausgeben. Zudem werde ein zweiter Investor gesucht, der das Wassergeschäft
des Konzerns übernimmt. Ein förmliches Übernahmeangebot lag aber bis
Ende März noch nicht vor.